Familienbericht: Männer wünschen sich mehr Beteiligung

Der Familienbericht ist eine umfassende Bestandsaufnahme der Situation von Familien und wird alle zehn Jahre publiziert.

Alle zehn Jahre wird der Familienbericht publiziert. Er ist eine umfassende Bestandsaufnahme der Situation von Familien und bildet diesmal die Entwicklungen von 2009 bis 2019 ab. Susanne Raab (ÖVP), die nach dem Rücktritt von Christine Aschbacher die Familien-Agenden bei sich im Ressort hat, präsentierte den Bericht zusammen mit Wolfgang Mazal, Leiter des Österreichischen Instituts für Familienforschung. Insgesamt beinhaltet der Bericht 23 Unterpunkte.

Familienbericht: Hilfen waren vor Corona gut und sind jetzt nötig

Der Familienbericht 2021 sei ein wichtiger Radar für die Familienpolitik und Forschung und zeige, dass die Bedeutung von Familien gestiegen sei, erklärte Raab. Diesmal komme er in einer besonders harten Zeit für die Familien. "Ich bin stolz, dass Österreich in der letzten Dekade so viel für Familien erreicht hat: "Von der Ausweitung der Familienleistungen über die stufenweise Erhöhung der Familienbeihilfe, der Einführung des Familienbonus plus bis hin zum Ausbau der Kinderbetreuung. Auch die zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen für Familien in der aktuellen Corona-Krise zeigen, dass die Regierung Familien sehr ernst nimmt", sagte sie.

Im internationalen Vergleich liegt Österreich bei den finanziellen Familienleistungen laut Bericht unter den Top 3 Ländern in der EU. Davor liegen Luxemburg und Estland. Der Grund: Dass österreichische Kinderbetreuungsgeld ist im europäischen Vergleich besonders großzügig

Der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), aus dem die wichtigsten Familienleistungen bezahlt werden,  machte 2019 rund zehn Prozent des Gesamtbudgets des Bundes aus. Von insgesamt rund sieben Milliarden Euro FLAF werden rund 3,5 Milliarden Euro für Familienbeihilfe und rund 1,2 Milliarden Euro für Kinderbetreuungsgeld ausgegeben.

Ein Punkt, der ihr besonders am Herzen liege, sei der Ausbau der Kinderbetreuung, sagte die Ministerin. Insgesamt sind zwischen dem Start der Offensive 2008 und 2018 442,5 Millionen Euro an Bundesmitteln geflossen. Die Zahl der betreuten unter Dreijährigen hat sich mehr als verdoppelt.

"Man fragt sich als Staat immer, kommt das Geld bei den Familien an?", erklärte Raab. Es habe sich aber gezeigt, dass Familien entlastet werden und die Hilfen sehr stark armutsverringernd sind. "Wir können auch stolz sein, wie wir die Bedeutung von Familien einschätzen", sagte die Ministerin. 

Familien hätten in der Coronakrise "unglaublich viel geschultert", merkte Raab an. Vonseiten der Politik habe man versucht, bestmöglich zu helfen, nun wolle man das "Comeback" unterstützen. Neben Familienleistungen des Staates, die Armut verhindern sollen, sei natürlich das Familieneinkommen an sich zentral, betonte Raab. Deshalb sei es das wichtigste, Menschen aus der Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit wieder in reguläre Beschäftigung zu bringen – dabei werde schon die geplante Öffnung (etwa Gastronomie und Tourismus) eine "große Entlastung" sein, hofft Raab. Auch die Öffnung der Schulen müsse unbedingt mitberücksichtigt werden und "so rasch wie möglich" erfolgen.

Gefragt, ob es auch zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen für Familien für solch ein "Comeback" geben wird, verwies die Ministerin darauf, dass die bestehenden Hilfen noch bis Ende Juni laufen. So wurden beispielsweise aus dem Familienhärtefonds bisher fast 130 Mio. Euro an 97.000 Antragsteller ausbezahlt. Zum Auslaufen der Sonderhilfen werde man die Maßnahmen evaluieren und schauen, wie die Situation dann sei, um Hilfsmaßnahmen dementsprechend anzupassen, sicherte die Ministerin zu.

 

Mazal ergänzte, bei dem Bericht handle es sich um ein buntes Sammelsurium von Analysen und Aufsätzen, um keine Wertung. Viele Dinge könne man von zwei Seiten sehen. Wenn man etwa sehe, dass die Zahl der Scheidungen zurückgehe, könne man sich freuen oder die andere Seite sehen und sagen "die geben alle schon vorher auf und heiraten gar nicht mehr". 

Der Mix aus Geld-, Sach- und Steuerleistungen sei letztlich treffsicher, betonte Mazal. So machten die Familienleistungen 2015 über 40 Prozent des Einkommens von Familien im untersten Einkommenszehntel aus, im obersten unter fünf Prozent, heißt es im Familienbericht. "Es kann glaube ich niemand sagen, dass man es nur den Reichen 'hineinschiebt' - im Gegenteil, hier wird eine massive Umverteilung gemacht."

Was die Väterbeteiligung in der Familie betrifft, so zeigt der Bericht, dass Männer eine verstärkte Verantwortung spüren, sich in der Familie zu beteiligen. Das sei auch eine Frage der Bewusstseinsbildung, erklärte Raab und Mazal ergänzte, aus politischer und arbeitsrechtlicher Sicht habe man hier das "Ende der Fahnenstange" erreicht, was anreize betrifft. Nun seien die Unternehmen gefordert, das auch in ihrer Unternehmenskultur zu etablieren. 

SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek forderte in ihrer Reaktion auf den Bericht eine rasche und wirkungsvolle Hilfe für Alleinerzieherinnen. So sei die Umsetzung der staatlichen Unterhaltsgarantie für Kinder, die keinen oder nur geringen Unterhalt bekommen, "längst überfällig". Ein positives Signal sei hingegen, dass der neue Sozial-und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Mittwoch die hohe Armutsgefährdung von Alleinerzieherinnen angesprochen habe. "Jetzt müssen rasch Taten folgen." Die Junge Industrie forderte einen weiteren Ausbau ganztägiger Kinderbetreuungsangebote.

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