Der Provokateur

Nationalratspräsident Walter Rosenkranz
Mit dem Dinghofer-Symposion stößt FPÖ-Parlamentspräsident Walter Rosenkranz die anderen Parteien vor den Kopf. Ohne wirkliche Folgen.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Es sind geschichtsträchtige Tage, denen wir uns an diesem Wochenende stellen müssen. 1938 fanden an diesem Datum die ersten Novemberpogrome in Wien statt. Es war der Startschuss der Nazis für die gezielte Judenverfolgung. Seit Freitag setzen sich Gedenkveranstaltungen damit auseinander. Vor 30 Jahren wurde außerdem der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus gegründet. Das wird am Montag mit einer Festveranstaltung gewürdigt.

Das sind Tage, an denen die Republik einig über alle Parteigrenzen hinweg ein Bekenntnis gegen den Antisemitismus ablegen sollte, damit es nie wieder zu solch rassistischen Auswüchsen kommen kann. Wobei bei diesem Bekenntnis dem Parlament eine besondere Rolle zukommt. Doch gerade im Hohen Haus wird dieses Gedenken heuer von Spannungen begleitet. Einen Tag nach dem Jubiläumsakt für den Nationalfonds findet auf Einladung von FPÖ-Nationalratspräsident Walter Rosenkranz im Haupthaus das Franz-Dinghofer-Symposion statt. Benannt nach einem deutschnationalen Politiker der Zwischenkriegszeit, der bekennender Antisemit und auch eingeschriebener Nazi gewesen ist.

Proteste von Historikern und Künstlern gegen diese Veranstaltung sind mehr oder weniger abgeprallt. Und Kritik aus den anderen Parlamentsparteien war bisher eher zurückhaltend.

Jetzt ist das Dinghofer-Symposion keine Erfindung von Walter Rosenkranz. Die Freiheitlichen hatten es in den vergangenen Jahren schon veranstaltet, im Vorjahr auf Einladung des FPÖ-Klubs. Aber diesmal steht erstmals der „Chef“ des Hohen Hauses dahinter, diesmal findet es im Haupthaus des Parlaments statt. Das ist eine andere Ebene. Das konterkariert in gewisser Weise auch das Gedenken an den Tagen davor. Das ist eine Provokation.

Walter Rosenkranz wird dafür natürlich ganz andere Erklärungen haben. Er ist wortgewandt und umgänglich. Er versteht es, mit langen Erklärungen Aufregungen kleinzureden. Tatsächlich empfindet er aber seit seinem Amtsantritt große Lust dabei, die Grenzen des Parlaments auszureizen. Das war so gleich zu Beginn beim Besuch von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, bei dem er für die Bilder die Europafahne entfernen hat lassen. Das war so bei der Debatte um den Vorsitz des Nationalfonds, wo er im letzten Moment zur Seite getreten ist. Das war so bei der Rede eines FPÖ-Abgeordneten, als er bei dem Wort „Umvolkung“ den notwendigen Ordnungsruf vermissen ließ. Für alles hatte er danach gut klingende Erklärungen parat. Unterm Strich war ihm aber immer gelungen, die Grenzen innerhalb des Parlaments in Richtung seiner Ideologie zu verschieben. Ohne wirkliche Gegenwehr.

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