Kurz in New York: Impfung oder Ansteckung
Impfung oder Ansteckung: Unter dieses Motto stellt Bundeskanzler Sebastian Kurz die Corona-Politik der Bundesregierung für die nächsten Monate. Dass dies ein Paradigmenwechsel sei, bestreitet er. Ja, man gebe den Bürgern gewissermaßen die Verantwortung zurück - der Staat regle das nicht mehr. Aber die Impfung sei der entscheidende "Gamechanger".
So äußerte sich Kurz gegenüber Journalisten im Rahmen einer New-York-Reise, die am Montag mit einem Treffen mit UN-Generalsekretär Antonio Gurerres einen ersten Höhepunkt fand.
Wer sich impfen lasse, sei geschützt - und leiste überdies einen Beitrag zum Gemeinwohl, so der Bundeskanzler. Wer das nicht wolle, der riskiere eben die Ansteckung. Aber es sei nicht Aufgabe der Politik, ihn davor zu schützen bzw. allen anderen deswegen Restriktionen aufzuerlegen.
Impfappell an Bevölkerung
Kurz rief deshalb neuerlich alle Bürger auf, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen. Die Infektionszahlen werden nämlich auch in Österreich bald wieder steigen, sagte er in New York.
"Für jeden, der geimpft ist, ist die Pandemie vorbei. Für jeden, der nicht geimpft ist, ist das Virus ein massives Problem", warnte der Kanzler. Ein Anstieg der Ansteckungszahlen wie jüngst in Südeuropa oder den Niederlanden "wird auch bei uns stattfinden", sagte er. Nach eineinhalb Jahren Erfahrung mit dem Coronavirus wisse man nämlich: "Diese Pandemie kommt in Wellen."
Im Vergleich zu den früheren Wellen gebe es nun aber die Impfung eben als "Gamechanger", so Kurz. Diese schütze auch gegen alle bisherigen Varianten einschließlich der Delta-Variante. Er selbst stelle dabei "jeden Tag" die Frage, ob es eine Mutation gebe, die von der Impfung nicht abgedeckt sei, versicherte er.
Niederschwelliges Angebot soll geschaffen werden
Laut Kurz versuche man mit den Bundesländern "ein ganz niederschwelliges Angebot zu schaffen", um etwa auch Personen zu erreichen, die sich ohne Anmeldung impfen lassen wollen. Auch Kooperationen mit Vereinen wie der Freiwilligen Feuerwehr seien geplant.
Kurz räumt Fehleinschätzungen ein
Kurz räumte im Zuge des Gesprächs auch eigene Fehleinschätzungen ein: Das Konzept der Herdenimmunität habe so nicht funktioniert; die Vorstellung, dass ab einem gewissen Punkt das Virus überwunden sein werde. "Das Virus wird nicht verschwinden", sagt Kurz jetzt. Aber im Unterschied zu vor einem Jahr hätten wir jetzt das gelindere Mittel der Impfung.
"Klares Commitment zum Präsenzunterricht" im Herbst
Kurz betonte zugleich, dass es von der türkis-grünen Regierung "ein klares Commitment zum Präsenzunterricht" im Herbst gebe. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) habe diesbezüglich schon "ein gutes Konzept ausgearbeitet, das im Detail im August präsentiert wird". Der Kanzler ließ durchblicken, dass dieses Konzept auf Testungen beruhen könnte.
Österreich habe ein stärkeres Sicherheitsnetz als andere Länder
Kurz verwahrte sich gegen den Vorwurf, nun den großen Leichtsinn auszurufen. Mit der 3-G-Regel habe Österreich ein stärkeres Sicherheitsnetz als fast alle anderen Länder ("eigentlich fällt mir gar keines ein"). Es könne keine Rede davon sein, dass die Pandemie vorbei sei, dass sage auch die Regierung nicht. Aber die Verantwortung für den Schutz davor liege nun bei jedem einzelnen - und dies sei möglich aufgrund der impftechnischen Fortschritte.
"Ich bin doppelt geimpft und lasse mich trotzdem testen", sagte der Kanzler. Wie aus dem Bundeskanzleramt verlautete, erhielt der 34-Jährige vor wenigen Tagen die zweite Dosis des Astra-Zeneca-Impfstoffes. Die erste Spritze hatte er Anfang Juni bekommen.
Kurz skeptisch bei möglichen neuen Grenzschließungen
Skeptisch äußerte sich Kurz auch auf die Frage nach möglichen neuen Grenzschließungen. "Das Virus macht vor Grenzen keinen Halt", sagte er. Zwar seien "gewisse Grenzmaßnahmen" sinnvoll gewesen, "aber aufhalten konnte das Virus niemand", sagte er unter Verweis darauf, dass sich etwa die Delta-Variante trotz Einreisebeschränkungen über Europa ausgebreitet habe. Zugleich plädierte Kurz für einen "klaren Blick auf das Wesentliche" in der Pandemie. "Wir wollten immer eine Überforderung der Spitäler verhindern, und das muss weiter das Ziel sein", sagte er.
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