Wir haben einen enormen Fachkräftemangel. Aber seit ich mich erinnern kann, ist die Rot-Weiß-Rot-Card ein totes Pferd. Wäre es nicht gut, Menschen aus Drittländern, die schon in Österreich sind, auf ein besseres Sprachniveau zu bekommen, damit sie am Arbeitsmarkt reüssieren können?
Die Rot-Weiß-Rot-Karte hat lange nicht so funktioniert, wie wir uns das gewünscht hätten, das ist richtig. Aber wir haben eine Reform gemacht mit 1. Oktober letzten Jahres, seither sind die Zahlen um 50 Prozent gestiegen. Jetzt müssen wir daran arbeiten, dass es bei der qualifizierten Zuwanderung noch rascher und unbürokratischer geht. Was die Deutschkenntnisse betrifft, zeigt uns die Praxis, dass es leider oft sehr lange dauert, bis ein gewisses Niveau erreicht ist. Hier laufen Gespräche, wie die Sprachbildung noch intensiviert werden kann.
Viele Menschen, die gute Ausbildungen im Ausland erworben haben, kommen nach Österreich und arbeiten hier dann unter ihrem Niveau. Sollten wir diese Potenziale nicht besser nützen?
Das kann ich nur unterstützen. Das Problem ist, dass viele Migrantinnen und Migranten in einem Job beginnen, der unter ihrem Qualifikationsniveau liegt, und dann dort verharren. Manchmal liegt das an mangelnden Sprachkenntnissen, manchmal daran, dass die Anerkennungsverfahren sehr lange dauern. Ich glaube aber, dass es immer auch eine Aufgabe der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ist, zu schauen, dass sich jemand parallel zu seiner Arbeit auch weiterbilden kann. Wir müssen uns davon verabschieden, dass die Politik alle Probleme am Arbeitsmarkt lösen kann. Wir müssen das gemeinsam mit den Arbeitgebern und Arbeitnehmern machen.
In Oberösterreich wurde eine indische Familie abgeschoben, obwohl die Mutter Köchin ist und die Tochter eine angehende Pflegekraft. Was wollen Sie tun, um solche Fälle in der Zukunft zu verhindern? Möchten Sie das überhaupt verhindern?
Ja, natürlich. Das ist das Ziel, das wir mit der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte verfolgen – qualifizierten Zuzug besser zu ermöglichen.
Ich bin 55, habe eine Behinderung und finde seit Jahren keinen Job. Ich denke, so wie mir geht es vielen.
Mir ist bewusst, dass es ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schwerer haben. Das liegt an den unterschiedlichsten Gründen, zum Beispiel auch an den Kollektivverträgen, die ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichsweise teurer machen. Das ist aus meiner Sicht der größte Hemmschuh, darum müssen wir bei den Kollektivverträgen, wo es das noch gibt, etwas bei der Seniorität abflachen. Vor zehn Jahren hat man noch gesagt, ab 50 braucht es keine Weiterqualifizierungsmaßnahmen mehr. Aber hier darf es keine Diskriminierung geben. Wenn es sinnvoll ist, soll es auch geförderte Qualifizierungsmaßnahmen für jemanden mit 60 Jahren geben, damit er bis 65 am Arbeitsmarkt erfolgreich ist.
Ich würde gerne in der Pension weiter arbeiten. Steuerlich würde ich dafür aber bestraft. Wann ändert sich das?
Wir haben im Moment in Österreich ungefähr 19.000 Beschäftigte, die über 65 am Arbeitsmarkt tätig sind. Es könnten viel mehr sein, wenn man sich andere Länder anschaut. Darum gibt es jetzt auch eine Reformgruppe, wo wir gerade drüber diskutieren, wie wir das Arbeiten nach Erreichen des Pensionsalters attraktiver machen können, für die, die das wollen.
Sie haben sich mit Ihrer Aussage, es soll für Teilzeitbeschäftigte weniger Sozialleistungen geben, ja ein bisschen in die Nesseln gesetzt.
Da wurde ein Zitat herausgegriffen aus einem größeren Kontext. Ich glaube, es ist legitim, gesellschaftlich über die Problematik zu sprechen. Es geht nicht darum, jemandem etwas wegzunehmen. Es geht darum, es wieder attraktiver zu machen, mehr zu arbeiten. Wir werden das brauchen angesichts der demografischen Entwicklung und der Pensionierungswelle, die uns bevorsteht. Kinderbetreuung ist hier sehr wichtig, aber es geht noch um andere Dinge. Viele Beschäftigte bleiben in der Teilzeit, weil es sich auf den ersten Blick nicht auszahlt, weil die Besteuerung hoch ist, weil die Lohnnebenkosten hoch sind, und auch einige Unternehmen müssen mehr Vollzeitstellen anbieten.
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