Spindelegger am Start in die neue Periode: „Ich bin gestärkt“

Ein Mann im Anzug gestikuliert vor einem abstrakten Gemälde.
Die drei wichtigsten Projekte des ÖVP-Chefs für die Regierung: Wachstum, Standort, Bildung

KURIER: Herr Vizekanzler, Sie haben vor der Wahl im KURIER angekündigt, dass Sie einen neuartigen Koalitionspakt wollen, in dem zentrale Projekte definiert sind. Bleibt es dabei? Und welche Projekte müssen unbedingt enthalten sein?

Michael Spindelegger: Ob ein Koalitionspakt zustande kommt, wird man sehen. Zuerst muss man verhandeln, und dabei muss man sich auf die für Österreich wichtigen Projekte konzentrieren. Entscheidend ist das Projekt Wachstum. Wir müssen über ein Wachstum von 0,irgendwas hinauskommen. Ohne zusätzliches Wachstum können wir alles andere nur schwer verwirklichen, denn viel Spielraum für großartige neue Ausgaben sehe ich im Budget nicht. Das zweite wichtige Projekt ist der Standort. Da müssen wir vieles tun, das ist eine Investition für viele Jahre. Ein drittes Projekt ist die Bildung. Wir müssen die Frühkindpädagogik verbessern, in den Volksschulen gegen Leseschwächen ankämpfen und unseren Universitäten zu besseren Plätzen in internationalen Rankings verhelfen.

Im Wahlkampf haben Sie zum Thema Wachstum und Standort folgende Punkte angekündigt: Entbürokratisierung, einfachere Unternehmensgründungen und ein einfacheres Steuersystem. Gilt das noch?

Das ist richtig, das sind die entscheidenden Punkte. Bei den Koalitionsverhandlungen möchte ich nun auch Experten mit an Bord nehmen, denn es geht hier ja nicht nur um ein politisches Wünsch-dir-Was, sondern um ganz reale Verbesserungen, zu denen Experten sehr viel beitragen können. Auch die Landeshauptleute sollten von vornherein dabei sein, denn die Länder haben bei Standortfragen Kompetenzen.

Was die Österreicher sicher sehr interessiert: Wie sieht es in der Kassa aus? Können Sie schon seriös sagen, ob wir das Nulldefizit 2016 ohne neues Sparpaket erreichen?

Das Ziel bleibt, dass wir die Konsolidierung bis 2016 erreichen. Ich sehe nicht viel Spielraum für Ausgaben, aber ich sehe auch nicht, dass wir ein neues Sparpaket beginnen müssten.

Jetzt sind 14 Tage seit der Wahl verstrichen – genug Zeit, dass das Wahlergebnis in der ÖVP gründlich diskutiert wurde. Fühlen Sie sich nun persönlich geschwächt oder gestärkt?

Persönlich fühle ich mich in der Lage, zu sagen, ich bin gestärkt. Wir haben zwar das Wahlziel nicht erreicht, aber in Relation zu anderen ist unser Wahlergebnis nicht nur akzeptabel, sondern respektabel. Ich fühle mich stark in dem Sinne, dass ich von meinen Leuten den klaren Auftrag bekommen habe, diese Verhandlungen zu führen.

Haben Sie für sich persönlich eine Präferenz, was Sie machen wollen? Finanzminister werden? Außenminister bleiben?

Das entscheidet man zum Schluss. Für mich stehen die zentralen Projekte für Österreich im Mittelpunkt. Dort muss man Übereinstimmung finden.

Wissen Sie schon bei anderen Ministern, wer in Ihrem Team bleibt, und wer geht?

Ich lese mitunter amüsiert in den Zeitungen, was angebliche Insider und Strategen so alles vorschlagen. Aber von meiner Seite gibt es noch keine fixen Personalvorgaben oder Entscheidungen. Wir haben ja noch nicht einmal mit den Verhandlungen begonnen.

Sie haben mit allen Parteien im Parlament geredet, auch mit Neos-Chef Matthias Strolz, der einmal im ÖVP-Klub gearbeitet hat. Wie sind Sie mit ihm? Familiär? Oder sauer, weil er Ihnen Konkurrenz macht?

Da darf man keine persönlichen Befindlichkeiten in den Mittelpunkt stellen. Matthias Strolz ist jetzt gewählt, ich nehme positiv zur Kenntnis, dass er an Zusammenarbeit interessiert ist. Er hat, wie die ÖVP, einen wirtschaftlichen Background, deshalb kann ich mir vorstellen, dass er – unabhängig von der Vergangenheit – im Parlament ein Partner wird. Ich will generell in Zukunft im Parlament einen neuen Stil: Offen auf die anderen Parteien zugehen und auf Augenhöhe mit ihnen kommunizieren.

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