Kern: "Ergebnis absolut in Reichweite"
SPÖ und ÖVP haben Sonntagmittag die Verhandlungen zur Überarbeitung des Regierungsprogramms wieder aufgenommen. Seit Mittwoch beraten die Regierungsspitzen in nächtlichen Sitzungen über ein neues Arbeitsprogramm bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2018 und den Fortbestand der Koalition. Ob es am Tag 5 der Gespräche zu einer Einigung kommt, war vorerst offen.
Am Sonntag geht es in der Sechserrunde mit Bundeskanzler Christian Kern, Kulturminister und Regierungskoordinator Thomas Drozda und Klubobmann Andreas Schieder auf SPÖ-Seite sowie Vizekanzler Mitterlehner, Hans Jörg Schelling sowie Staatssekretär und Regierungskoordinator Harald Mahrer auf ÖVP-Seite um noch offene Details aus den einzelnen Themengruppen. Arbeit und Wirtschaft, Sicherheit und Integration, Bildung und Wissenschaft sowie Innovation und Start-ups dominierten in den vergangenen Tagen die Agenda der Verhandler.
Mehrere Themen in Verhandlung
Vor allem bei Arbeitsmarkt, Sicherheit und Integration gab es zuletzt noch Gesprächsbedarf, war zu hören. Auch Finanzierung und Gegenfinanzierung des Gesamtpakets dürften am Sonntag noch einmal thematisiert werden.
Vizekanzler Mitterlehner meinte in der Nacht auf Sonntag, dass die "die Angelegenheit noch nicht beendet" sei, er aber hoffe, dass es am Sonntag zu einem Schlusspunkt kommt. Bundeskanzler Kern erklärte, dass ein Ergebnis "absolut in Reichweite" sei. Zudem betonte der Kanzler, dass es nun Teambuilding brauche. "Mit den Auseinandersetzungen, die wir uns in der Vergangenheit geliefert haben, mit diesem doch ziemlich unwürdigen Schauspiel, auch der gegenseitigen Bezichtigungen, muss Schluss sein", so Kern.
Sobotka verweigert Unterschrift
Innenminister Sobotka hatte am Samstag angekündigt, ein allfälliges Arbeitsprogramm nicht unterschreiben zu wollen, sondern seine Unterschrift nur unter das von ihm ausgehandelte Kapitel zu setzen und "unter sonst nichts". Ex-ÖVP-Präsidentschaftskandidat Andreas Khol legte Sobotka nahe, zu unterschreiben. Ansonsten müsse er Reinhold Mitterlehner seinen Rücktritt anbieten. Mehr dazu hier
SPÖ-Verhandler Andreas Schieder unterstützte Kerns Vorgabe, dass alle Minister von beiden Parteien das Arbeitsabkommen unterzeichnen sollen. Schieders kritische Replik auf Sobotka: "Ich finde es notwendig, dass das alle auch als ihr Projekt sehen. Das gemeinsame Zeichen dafür ist ein gemeinsamer Beschluss oder auch eine gemeinsame Unterschrift. Es ist ein durchaus richtiger Vorschlag, dass man sagt, alle sollen es unterzeichnen, weil das ist jetzt das Regierungsprogramm, wie wir die nächsten 18 Monate regieren wollen. Da geht's auch nicht darum, dass jeder nur sagt, ich bin für meinen Teil zuständig, das wäre eine etwas flache Sicht auf Regierungsarbeit, sondern dass man gemeinsam sagt, das ist das Projekt, das wir die nächsten Monate umsetzen wollen. Das heißt auch, dass damit Störfeuer und all diese Dinge, die wir in den letzten Monaten erlebt haben, aufhören."
"Knapp vor dem Ziel"
Reinhold Mitterlehner sieht die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen zur Überarbeitung des Regierungsprogramms "knapp vor dem Ziel". Die Regierung komme bei ihren Gesprächen "jetzt in die Phase, wo wir Ergebnisse feststellen und vorstellen sollten", sagte Mitterlehner am Sonntag vor Beginn einer neuen Verhandlungsrunde.
Man sollte die Zeit der Inszenierungen nun beenden und wieder ins Arbeiten kommen, erklärte der Vizekanzler. Auch Mitterlehner möchte wie Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern wieder die Gemeinsamkeit in der Regierung betonen. Er werde Kern deshalb als einen Punkt auch die Wiedereinführung des Pressefoyers von Kanzler und Vizekanzler nach dem Ministerrat vorschlagen. Auch dies sei eine Möglichkeit "Gemeinsamkeit" zu zeigen, so Mitterlehner. Kern hatte das jahrzehntelange Ritual des gemeinsamen Auftritts nach der wöchentlichen Regierungssitzung im Vorjahr für beendet erklärt.
Verhandlungen bis in die Nacht möglich
SPÖ-Verhandler Andreas Schieder meinte vor der Verhandlungsrunde am Sonntag, die bis in die Abendstunden dauern dürfte, dass unter anderem noch ein paar Punkte bei Arbeitsmarkt, Sicherheit und Integration offen seien. Über Kosten und Finanzierung des geplanten Pakets wisse man inzwischen Bescheid. "Wenn es zügig weitergeht, dann ist man heute fertig, wenn es noch längeren Diskussionsbedarf gibt, dann wird es wieder spät werden", sagte der SPÖ-Klubobmann. Wie wahrscheinlich ein Ergebnis am Sonntag sei, wollte er aber nicht beurteilen. "Bei der Politik sollte man sich nicht auf Wahrscheinlichkeitsrechnungen einlassen."
Neuwahlen sollten laut SPÖ-Klubchef "sinnvollerweise erst zum regulären Wahltermin kommen, denn der Regierung muss bewusst sein, dass wir alle den Auftrag haben zu arbeiten. Wir sollten erst 2018 wählen und bis dahin ernsthaft Projekte umsetzen."
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