Plakolm zu Kopftuchverbot: "Brauche keine Zustimmung religiöser Organisationen"
Das Kopftuchverbot für Mädchen bis zur achten Schulstufe sorgt weiter für Diskussionen. Die überwiegende Mehrheit der Stellungnahmen hält die geplante Regelung für nicht verfassungskonform. Schon gestern warb die ÖVP daher für ein Gesetz im Verfassungsrang - ähnlich auch Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) im Ö1-Mittagsjournal: "Ich denke, das wäre auch ein starkes Zeichen, wenn wir hier einen Schulterschluss für eine Verfassungsbestimmung auf den Weg bringen."
Grundsätzlich hätten sowohl FPÖ als auch Grüne das Gesetz begrüßt, meinte Plakolm am Tag nach dem Ende der Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf. Ganz so einfach dürfte eine dafür nötige Zustimmung von Grünen und FPÖ aber nicht zu erlangen sein. Die stellvertretende Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer hatte zuletzt zwar betont, dass man gegen den Zwang zum Kopftuchtragen sei. Aber: Einem verfassungswidrigen Gesetz werde man nicht zustimmen. Die FPÖ gab sich auf APA-Anfrage vorerst bedeckt.
"Zeichen der Unterdrückung"
Am Freitag meldete sich dafür auch die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in der Causa zu Wort. „Wir leben in einem Land, in dem Buben und Mädchen gleichberechtigt ohne Zwänge aufwachsen sollen. Dabei hat das Kopftuch auf den Köpfen der jungen Mädchen nichts verloren. Es ist ein Zeichen der Unterdrückung. Ich habe als Frau und Mutter zweier Töchter nicht jahrzehntelang für Gleichberechtigung gekämpft, um mir jetzt das Gegenteil erklären zu lassen. Wir müssen den Mut haben, unsere Werte zu verteidigen: Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Kinderschutz", betonte Mikl-Leitner.
Änderungen für Ministerin noch möglich
Inhaltlich sind aus Plakolms Sicht durchaus noch Änderungen möglich. Sie sei offen für Präzisierungen bei Definitionen und Begrifflichkeiten, dasselbe gelte für eine wissenschaftliche Erhebung zur Zahl der Betroffenen. An den kritischen Stellungnahmen der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) oder von Vertretern von katholischer oder evangelischer Kirche stört sich Plakolm hingegen nicht.
"Die Gesetzgebung erfolgt im staatlichen Interesse des Kindeswohls und da brauch ich nicht die Zustimmung einer oder mehrerer religiösen Organisationen." Das Grundrecht, dass Mädchen gleichberechtigt aufwachsen können, stehe für sie vor den Grundrechten auf Religionsfreiheit und religiöse Erziehung durch die Eltern. Bei den Sanktionen will die Regierung den Lehrerinnen und Lehrern praxistaugliche Mechanismen in die Hand geben.
Was ist "ehrkulturell"?
Bedenken zur Ausgestaltung äußerte in seiner Stellungnahme der Verfassungsdienst. So verwies er wie schon zahlreiche Institutionen vor ihm auf den Umstand, dass die geplante Regelung auf "das Tragen eines Kopftuches, das das Haupt als Ausdruck einer ehrkulturellen Verhaltenspflicht verhüllt" abstellt. Gleichzeitig sei aber nirgendwo geregelt, was genau "ehrkulturell" bedeuten soll. "Der Begriff 'ehrkulturell' wirft die Frage auf, welchem Kopftuch in welchem Kontext eine 'ehrkulturelle' Bedeutung zukommt und nicht bloß ein Ausdruck einer religiösen, kulturellen oder weltanschaulichen Überzeugung ist oder aus modischen oder sozialen Motiven getragen wird."
"Unklar" sind für den Verfassungsdienst auch die geplanten Verwaltungsstrafdrohungen für die Eltern, deren Kinder trotz Verbots mit Kopftuch in die Schule kommen. In jener Zeit, in der die Kinder in der Schule sind, treffe die Erziehungsberechtigten keine unmittelbare Aufsichtspflicht. Außerdem müsse auch der Umstand berücksichtigt werden, dass das Verbot für die ersten acht Schulstufen gelte, diese aber auch von Kindern über 14 Jahren und damit bereits religionsmündigen Schülerinnen besucht werden. "Bei religionsmündigen Kindern gibt es in der Religionsfrage keine gesetzliche Vertretung mehr; sie können allein bestimmen, welcher religiösen Anschauung sie anhängen und welche Akte der Religionsausübung sie setzen. Die Erziehungsberechtigten können also gerade nicht mehr bestimmen, wie sich das Kind in Religionsfragen zu verhalten hat."
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