Karfreitag: Rechtsexperten Obwexer und Mazal halten Gesetz für korrekt

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Obwexer: Österreich komme unionsrechtlicher Verpflichtung nach. Mazal: "Gesellschaft sollte kleine Förderungen aushalten können."

Der Europarechtler Walter Obwexer widerspricht der Ansicht, der mit der neuen Karfreitagsregelung verbundene Eingriff in den Generalkollektivvertrag wäre EU-rechtswidrig. Vielmehr komme Österreich damit seiner unionsrechtlichen Verpflichtung nach, meinte er gegenüber der APA - und verwies auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom September 2018.

Demnach verfügen die Kollektivvertragsparteien - im Rahmen ihrer Tarifautomonie - zwar über ein weites Ermessen. Aber sie müssen das Unionsrecht beachten. Und die Mitgliedsstaaten seien verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass dem Gleichheitsgrundsatz widersprechende Bestimmungen für nichtig erklärt oder geändert werden, erläuterte Obwexer das EuGH-Urteil.

Wenn der österreichische Gesetzgeber nun vorschreibe, dass die gleichheitswidrige alte Regelung - mit dem Karfreitags-Feiertag nur für Evangelische und Altkatholiken - nicht mehr angewendet werden darf, komme er seiner unionsrechtlichen Verpflichtung nach. Aber er greife nicht unverhältnismäßig ein in das Grundrecht, Kollektivverträge zu verhandeln, befand Obwexer.

Mazal: "Wird vollziehbar sein"

Im Ö1 Morgenjournal sagte der Arbeitsrechtler Wolfgang Mazal am Donnerstag, dass er das Gesetz für ausreichend gut formuliert hält. "Trotz mancher Unklarheiten wird ein Vollzug möglich sein", sagte Mazal, der in Fragen wie der Familienbeihilfe-Indexierung immer wieder als Regierungsberater agiert. Es könne zum Beispiel schon ein bis zwei Gerichtsurteile brauchen, aber dann würde sich schnell einspielen, "wie intensiv das Ersuchen des Arbeitgebers" sein müsse, dass der Arbeitnehmer an seinem "persönlichen Feiertag" doch arbeiten müsse und dafür dann auch die vorgesehen Zuschläge bekäme.

Chancen auf eine erfolgreiche Klage gegen das neue Gesetz, wie sie manche evangelischen Vertreter andenken, sieht Mazal eher nicht. Arbeitsrechtler sollten sich mit Bewertungen der Thematik aber zurückhalten, plädierte Mazal an seine Kollegen. Die europäische Gesetzgebung sei für sehr klare Prognosen zu kompliziert, das wichtigste Kriterium da sei "Vertretbarkeit" nicht "Eindeutigkeit". Der Eingriff in den General-Kollektivvertrag sei in seinen Augen einem "so geringem Maße" erfolgt, dass er europa- und verfassungsrechtlich "klar vertretbar" sei. Eine diskriminierende Regelung wie sie hier der EuGH festgestellt habe, sei nicht in der Hoheit der Sozialpartner. Mazal ist darüber hinaus froh, dass die zuerst angedachte Halbtags-Feiertagslösung nicht gekommen sei. Diese hätte viele Probleme geschaffen.

Mazal bedauerte, dass der Eingriff des Gesetzgebers wegen einer kleinen Förderung einer religiösen Minderheit überhaupt nötig gewesen sei. Es sei nicht zwingend gewesen, dass der EuGH so entschieden habe. Er sagt: "Eine Gesellschaft sollte diese kleinen Förderungen durchaus aushalten und akzeptieren können". Das gelte für den jüdischen Feiertag Jom Kippur ebenso wie es in seinen Augen auch für den Karfreitag gegolten habe. Mazal sieht rechtlich Ähnlichkeiten aber auch Unterschiede zwischen diesen beiden Feiertagen und ist "gespannt", ob die Sozialpartner für den noch gültigen jüdischen Feiertag präventiv eine Regelung in Angriff nehmen. 

Widerspruch anderer Experten

Der Arbeitsrechtler Franz Marhold von der Wiener Wirtschaftsuniversität sah dies am Mittwoch - mit Hinweis auf EuGH-Urteile zu Türkei und Deutschland - anders: Die Sonderregelungen in den Kollektivverträgen müssten zwar geändert werden. Dies müssten aber die Kollektivvertragspartner - also Gewerkschaft und Wirtschaftskammer - vornehmen. Erst wenn sie scheitern, sei ein Gesetz zulässig.

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