Scheuch setzt Ragger als FPK-Chef durch
Atemlose Spannung am Sonntag in der Blumenhalle von St. Veit/Glan, als um 13.12 Uhr der 3. Landtagspräsident Josef Lobnig das Ergebnis der Obmannwahl bekannt gab: „342 abgegebene Stimmen, 337 davon gültig. Auf Christian Ragger entfallen 257 Stimmen“ – der Rest ging im Jubel der Ragger-Fraktion unter.
Der vom designierten zum neuen Parteiobmann der Kärntner Freiheitlichen (FPK) mutierte Ragger erhielt 76,26 Prozent der Stimmen. Sein Gegenkandidat Matthias Krenn, Vizepräsident der Wirtschaftskammer Österreich und Bürgermeister von Bad Kleinkirchheim, brachte es auf 80 Stimmen (23,74 Prozent).
„Ich hatte nie mit so einem deutlichen Ergebnis gerechnet“, sagte Ragger zum KURIER. „Ich dachte, es werden 60 Prozent, im besten Fall 70 sein.“ Krenn und seine Mitstreiter, unter denen sich vor allem mit der Partei unzufriedene Bürgermeister befinden, werde Ragger zur Mitarbeit einladen. „Das Wichtigste ist, dass wir jetzt eine geschlossene Partei haben.“
Kritische Stimmen
Verlierer Krenn – einer der ersten Gratulanten Raggers – sieht sich nicht als solcher. „Ich nehme das Wahlergebnis zur Kenntnis“, sagte er zum KURIER. „Ich habe gewusst, wie schwer es sein wird, versteinerte Krusten aufzubrechen.“ Aber knapp 25 Prozent an Stimmen sei „der Beweis, dass in den Köpfen der Menschen ein Umdenken stattgefunden hat. Wir haben erreicht, dass jetzt auch kritische Stimmen in der Partei wahrgenommen werden müssen.“ In seiner Funktion als Obmann des Ringes Freiheitlicher Wirtschaftstreibender wird Krenn in den Landesparteivorstand mit Sitz und Stimme kooptiert. Eine Pro-Ragger-Stimmung unter den Delegierten war bereits vor dem Parteitag erkennbar. „Ich werde ihn selbstverständlich wählen“, sagte Ex-Landesrat Harald Dobernig. Auch Ragger-Vorgänger Kurt Scheuch hielt seine Meinung über den Nachfolger („Natürlich Ragger“) nicht hinter dem Berg. Er hatte Ragger selbst vorgeschlagen. Krenn bezeichnete Ragger vor dem Parteitag als „Teil der alten Seilschaft der Brüder Scheuch“.
Endgültig in Richtung Ragger kippte die Stimmung, als die beiden Kandidaten am Wort waren. Während Krenn nicht mit Vorwürfen gegenüber seinem Mitbewerber sparte („Auch du hast Mitschuld an der Abstrafung am 3. März“), gab sich Ragger versöhnlich. Er teilte sogar teilweise Krenns Kritik, bedankte sich bei jenen, die nach dem Wahldebakel aus Regierung und Landtag fielen. Bundesrat Gerhard Dörfler fehlte als einziger Bezirksobmann und Mandatar. Ragger rief den Geist Jörg Haiders in Erinnerung: „Wir werden am Montag die Jörg Haider-Akademie gründen, das ist mit seiner Witwe Claudia bereits abgesprochen. Damit hatte Ragger endgültig gewonnen.
Der sonntägige außerordentliche Parteitag der Freiheitlichen in Kärnten dürfte wohl der letzte gewesen sein. Denn es ist das erklärte Ziel von Heinz-Christian Strache, die FPK zurück unter das Dach der FPÖ zu holen.
Die FPÖ hat gerade in Kärnten Tradition. Vor 30 Jahren hatte, ebenfalls in St. Veit/Glan, Jörg Haider den damaligen Landesobmann Mario Ferrari-Brunnenfeld nach Wien „weggelobt“ und die Partei übernommen.
22 Jahre später konnte sich Haider offensichtlich mit den Blauen rund um Strache nicht mehr identifizieren. Er gründete am 4. April 2005 das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), das nach Vorbild der Opposition in der Ukraine Orange als Parteifarbe annahm.
Doch nur ein Jahr nach Haiders Unfalltod wurde in Kärnten aus Orange wieder Blau. Die Brüder Uwe und Kurt Scheuch lösten sich vom BZÖ. Sie riefen am 16. Dezember 2009 die Freiheitlichen in Kärnten (FPK) aus, die sich als „starke Stimme Kärntens in Wien“ präsentierten. Nach dem Vorbild der CDU/CSU schlossen sie sich der FPÖ an. Mehr als die Hälfte der BZÖ-Abgeordneten wechselte in den FPÖ-Klub.
Jetzt steht die Wiedervereinigung unmittelbar bevor. „Das wird im Juni abgeschlossen sein“, sagte Strache zum KURIER. Ziel der Kärntner sei es, „weitgehend unabhängig“ zu sein, betonte Ragger. Derzeit läuft eine Befragung unter 6000 Mitgliedern. Erstes Zwischenergebnis: 91 Prozent sind für die Rückkehr zur FPÖ.
Die Kärntner freiheitlichen Delegierten haben Christian Ragger die schwache Figur, die er während der innerparteilichen Turbulenzen in der Folge des Wahldesasters vom 3. März abgab, offenbar verziehen und ihn am Sonntag deutlich zum Parteichef gewählt.
Der 40-Jährige Rechtsanwalt aus Wolfsberg gilt als sehr ehrgeizig. Schon 1999 zog er für die FPÖ in den Kärntner Landtag ein. 2008 wurde er stellvertretender Klubobmann des BZÖ, nach der Wahl 2009 Soziallandesrat.
Raggers Ära als Soziallandesrat in Kärnten war durchaus von Einsparungen geprägt. Für großen Wirbel sorgten etwa Kürzungen beim Heizkostenzuschuss und die Wiedereinführung des Pflegeregresses, der nach Ansicht einiger Funktionäre den Ausschlag für die katastrophale Niederlage bei der Landtagswahl gegeben hatte. Ragger bekam den einen Regierungssitz, welcher der FPK noch geblieben ist. In seiner Zuständigkeit liegen nun "Rechtliche Angelegenheiten".
Ragger wurde am 20. Februar 1973 in Wolfsberg geboren. Er besuchte zuerst das katholische Privatgymnasium in St. Paul/Lav., die Matura machte er 1991 am BORG in Wolfsberg. Anschließend ging er nach Graz, um Jus zu studieren, 1994/95 machte er ein Auslandsjahr an der Universität Teramo in der italienischen Region Abruzzen. Im März 1997 spondierte er zum Magister.
Seine politische Laufbahn begann er im Ring freiheitlicher Jugend. 1993 holte ihn der damalige FPÖ-Bezirksobmann Kurt Ruthofer in die FPÖ, dessen Stellvertreter er wurde. Nach der Landtagswahl 1999 zog Ragger in den Kärntner Landtag ein und wurde FPÖ-Bezirksobmann in Wolfsberg. Er ist verbindlich im Ton, in der Sache steht er aber an Härte den Scheuch-Brüdern um nichts nach.
Wie für fast alle seiner Fraktionskollegen war nach der Gründung des BZÖ im April 2005 der Wechsel zu den Orangen eine Selbstverständlichkeit. Ebenso selbstverständlich machte er die Kooperation mit der Bundes-FPÖ - und damit den Schwenk zur FPK im Dezember 2009 - mit. Ragger ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. Er lebt mit seiner Familie in Wolfsberg.
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