Pflege im Heim: Gemeindebund will "Gerechtigkeitslücke“ schließen

Johannes Pressl
Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl stellt sich gegen ÖVP und SPÖ-Seniorenverbände und unterstützt die Forderung, auch 13. und 14. Pensionsmonat zur Kostendeckung heranzuziehen.

Die Lücke ist erheblich: 1,4 Milliarden Euro sind die Gemeinden in Österreich unterdeckt, zu Deutsch: um diesen Betrag übersteigen ihre  Ausgaben die Einnahmen. „Und die Schere“, sagt Johannes  Pressl, geht weiter auf.

Pressl ist Präsident des Gemeindebundes. Und am Mittwoch erneuerte er als Interessenvertreter und Bürgermeister den Appell, dass sich insgesamt Vieles im Finanz- und Zuständigkeitsgefüge der Republik ändern müsse.

Kostentreiber 

Die Kosten für Kindergärten, Gesundheitsversorgung und Pflege seien erhebliche Kostentreiber. „In manchen Gemeinden betragen die Steigerungen bis zu 16 Prozent pro Jahr.“

Dass kurzfristig jedenfalls mehr Geld nötig sei, ist für Pressl dabei gar nicht das große Thema. Er will - unter anderem mit dem Finanzminister - über „strukturelle Reformen“ reden. Dazu gehört die Grundsteuer, „deren Basis seit 40 Jahren nicht angepasst worden ist“. 
Aber vor allem bei der Pflege thematisiert der Gemeindevertreter das, was er als „Gerechtigkeitsfrage“ und auch „Gerechtigkeitslücke“ empfindet.
Derzeit werden die 13. und 14. Pension zur Finanzierung eines Heimplatzes nicht herangezogen. Für Pressl und den Gemeindebund ist das aus mehreren Gründen ungerecht.
Während Seniorenvertreter wie der Pensionistenverband und der Seniorenbund argumentieren, dass  Betroffenen  dieses Geld nicht weggenommen werden dürfe, sieht Pressl die Sache anders:  Damit Menschen in Heimen untergebracht werden können, müsse die öffentliche Hand schon jetzt bei jedem einzelnen Platz viel Steuergeld zuschießen. Dass zwei Pensionsmonate - eben der 13. und 14. - zur Finanzierung  nicht herangezogen würden, sei angesichts dieser Situation sowie der Kosten, die zu Hause pflegende Familien zu stemmen haben, ungerecht.
 
„Die verschiedenen Pflegeformen müssen gerecht zueinander ausgestaltet werden“, sagt Pressl. 

Taxi-Unternehmen 

Apropos: Auch beim Gesundheits- und Rettungswesen sieht der Präsident eine Gerechtigkeitslücke und kann sich deshalb sowohl in den Ambulanzen als auch bei Rettungstransporten Selbstbehalte nicht nur vorstellen, sondern befürwortet sie. 
 
Wie kommt er dazu?
Pressl würde das so nie sagen, aber: Am flachen Land werden Krankentransporte zunehmend als kostenlose Taxi-Unternehmen missverstanden.
Ähnliche Entwicklungen beklagt der Chef des Gemeindebundes bei der Kinderbetreuung im Sommer: „Es wird zunehmend zum Problem, dass Familien ihre Kinder für die Betreuung anmelden und dann kurzfristig absagen.“ Die Gemeinden müssten Personal und Räume bereitstellen, könnten diese aber nicht kurzfristig stornieren. „Und damit bleiben wir auf 100 Prozent der Kosten sitzen, obwohl wir mancherorts nur 50 Prozent der Betreuung haben.“ Als Lösung schlägt Pressl auch hier eine Form von Selbstbehalten vor, damit die Eltern eine finanzielle „Mitverantwortung“ übernehmen.
 
Abgesehen von diesen Themen will der Gemeindebund die Zusammenarbeit der Gemeinden forcieren und Arbeiten auslagern, die nicht unbedingt jede Gemeinde einzeln erledigen muss. Dazu gehören beispielsweise Abrechnungen, die professionelle Verbände und Unternehmen für mehrere Gemeinden gleichzeitig machen können. 

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