IV-Chef Knill gibt Regierung einen Dreier und nennt SPÖ "wirtschaftsfeindlich"
Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, hat nach den schulischen Zeugnistagen in Österreich dem heimischen Standort mit einem Vierer und der türkis-grünen Regierung mit einem Dreier in der ORF-"Pressestunde" überschaubare Noten gegeben.
Die nächste Regierung müsse die Wirtschaft wieder in den Mittelpunkt stellen. Die SPÖ habe "in Wirklichkeit ein Programm gegen die Marktwirtschaft".
24-Punkte-Paket von Andreas Babler "standortschädlich"
Von der FPÖ wisse man noch wenig über ein Wirtschaftsprogramm. "Wir werden analysieren, wie sich die freiheitliche Partei für den Industriestandort engagiert", sagte Knill dazu, sollte die FPÖ nach der Nationalratswahl in Regierungsverantwortung kommen. Verbindend zwischen Freiheitlichen und IV scheint das Nein zu neuen Steuern, das von dort stets ertönt. Tendenziell trennender Faktor könnte sein, dass die Industrie stark pro-EU-europäisch ausgerichtet ist, die Russlandsanktionen nicht kritisiert bzw. nachvollziehen kann und auch für den Zuzug von Ausländern ist, wenn diese für den Arbeitsmarkt qualifiziert sind.
Position zur FPÖ
Man sei mit allen im Parlament vertretenen Parteien und deren wichtigsten Proponenten im Austausch, betonte Knill. Das gelte auch für FPÖ-Chef Herbert Kickl, auch wenn dieser laut Aussagen in der Pressestunde eine Einladung zu einer IV-Veranstaltung ausgeschlagen habe.
Knill hielt sich mit Aussagen über die Freiheitlichen auffallend zurück. Er betonte bei Nachfragen lediglich, dass es für die IV von höchster Relevanz sei, wie sich Parteien gegenüber Freihandel und EU positionierten. Und das werde man sich nach der Wahl auch bei der FPÖ "anschauen und kommentieren".
Gegenüber der SPÖ mit ihrem Chef Andreas Babler wurde der IV-Chef aber sehr kritisch, denn diese "fordert Rückverstaatlichungen. In Wirklichkeit hat sie ein Programm gegen Marktwirtschaft, Unternehmertum und Eigenverantwortung. So wirtschaftsfeindlich war die sozialdemokratische Partei noch nie wie unter Vorsitzenden Babler", kritisierte der Industrielle.
Grüne haben Muskeln gezeigt
Die noch regierende Koalition aus ÖVP und Grünen benotete Knill mit einem Befriedigend. Der grüne Juniorpartner habe "im Spiel der Kräfte durchaus Muskeln gezeigt". Den Dreier gebe es, "weil auch gute, richtige Maßnahmen getroffen wurde, um durch die Krisen zu kommen", verweis der IV-Chef aufs Aus der kalten Progression und die Absenkung der Körperschaftssteuer.
Nur ein Genügend für den Standort vergab Knill aus mehreren Gründen - vor allem einer "mangelnden Wettbewerbsfähigkeit und des hohen Kostendrucks". Die Lohnstückkosten in Österreich seien viel zu hoch geworden und lägen über den deutschen. Es komme so weit, dass sich internationale Kunden Produkte "Made in Austria" nicht mehr leisten könnten.
Diskussion über Vermögenssteuern "Gift für den Standort"
"Rote Linie" der IV gegenüber einer neuen Regierung seien neue Steuern. Solche dürfe es nicht geben. Gespart werden müsse ausgabenseitig, so gebe es im Pensions- und Gesundheitsbereich allein "Effizienzpotenziale von zehn Milliarden Euro".
Die Industrie befindet sich das zweite Jahr in einer Rezession. Frühestens für kommendes Jahr erwartet Knill wieder ein - kleines - Wachstum. Eine Rolle dabei spiele auch, dass das Arbeitsvolumen in Österreich in den vergangenen Jahren viel weniger deutlich gestiegen sei als die Beschäftigung. Zudem sei die Investitionstätigkeit verhalten bis nicht vorhanden - oft werde wenn dann im Ausland investiert, "weil die Rahmenbedingungen in Österreich entsprechend schlecht" seien. Es dürften keine Steuern erhöht werden und auch keine Vermögens- oder Erbschaftssteuern eingeführt. Der Staatshaushalt müsse dringend repariert, bei den Pensionen eingespart werden, so Knill mit bekannten IV-Forderungen.
So müssten die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Jene 3,7 Prozent, die die Unternehmen alleine in den Familienlastenausgleichsfonds einzahlten, sollen von allen bezahlt werden - "ins allgemeine Budget". Hier geht es um Familienleistungen, Schulbücher, Schülerfreifahrten, Karenzzahlungen. Auch auf dem Arbeitsmarkt brauche es Reformen, zielte Knill etwa auf die Arbeitslosenversicherung ab, die mit 2,4 Prozent doppelt so hoch liege wie in Deutschland.
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