Impfstreit: SPÖ schießt sich auf Kurz ein

SP-Vizeklubchef Leichtfried, Bundeskanzler Kurz, Vizekanzler Kogler (v. r.)
SP-Vizeklubchef Leichtfried findet Kanzler "unglaubwürdig" und spottet über Treffen mit EU-Regierungschefs: "Gipfel der fünf Geizigen". Kritik auch von den Neos.

Die SPÖ übt in der Debatte um die Impfstoffbeschaffung scharfe Kritik an der Bundesregierung. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag schoss sich der rote Vizeklubchef Jörg Leichtfried vor allem auf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein: dass dieser nicht voll über die Impfstoffbeschaffung informiert gewesen sei, sei "unglaubwürdig".

"Wenn es Schwierigkeiten gibt, bricht die Ankündigungs- und Showpolitik des Bundeskanzlers zusammen", meint Leichtfried. Da helfe es auch nicht, wenn Kurz einen "Gipfel der fünf Geizigen" einberufe, spielte Leichtfried auf das kurzfristig für heute einberufene Treffen mit EU-Amtskollegen an. Kurz habe sich mit seinen Vorwürfen, wonach die Impfstoffbeschaffung in der EU ungerecht vonstattengehe, "blamiert", findet der SPÖ-Abgeordnete. Bei allen "Ausreden und Schuldzuweisungen" trage die Verantwortung letztlich doch Kurz, denn dieser habe das Impfen zur Chefsache erklärt und außerdem mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) einen "Kostendeckel" von 200 Mio. Euro für die Impfstoffe einziehen lassen. Man habe also viel zu wenig Budget vorgesehen, damit die Beamten überhaupt genug Impfstoffe bestellen hätten können, schlussfolgerte Leichtfried.

Leichtfried zählte in seiner Pressekonferenz diverse Ministerratsprotokolle auf, aus denen auch hervorgehe, dass die Regierung sehr wohl von der Möglichkeit gewusst habe, Impfstoffe nachzukaufen – so habe Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) in der Regierungssitzung am 20. Jänner selbst davon berichtet, erklärte der SPÖ-Abgeordnete. Zudem sei das Kurz-Kabinett auch in der Impf-Steuerungsgruppe vertreten, die mehrmals wöchentlich tage.

Aber immer, wenn dem Kanzler dämmere, dass Fehler passiert seien, müsse es einen Schuldigen geben, kritisierte Leichtfried - in diesem Fall zunächst die EU und dann der mittlerweile abgezogene Spitzenbeamte Clemens Martin Auer. Für Leichtfried ist Auer lediglich ein "Bauernopfer". Die politische Verantwortung liege beim Kanzler, beim Gesundheitsminister und beim Finanzminister.

"Impfen statt schimpfen"

Kritik kam auch von den Neos: Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn empfahl der Regierung die Devise: "Impfen statt schimpfen." Und Vizeklubchef Nikolaus Scherak verwies auf gemeinsame Vereinbarungen in der EU, bei denen einer der höchsten Beamten des Landes mit am Tisch gesessen sei. Ob das Vereinbarte gescheit gewesen sei, wisse er nicht. Klar sei jedenfalls: Die Entscheidungen in der EU fällten nicht irgendwelche Leute in Brüssel, sondern die Mitgliedsstaaten gemeinsam.

Verwundert über Leichtfrieds Auftritt zeigte sich ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz: Die Vorwürfe seien "absurd und zeigen lediglich, dass die SPÖ offensichtlich nicht verstanden hat, worin der Kern der Kritik liegt", meinte sie. Es gehe darum, dass entgegen der Vereinbarung der Staats- und Regierungschefs und entgegen der ursprünglichen Vereinbarung der Kommission von der Auslieferung nach Bevölkerungsschlüssel auf jene nach Bestellmenge geändert worden sei. "Darüber wurde die Regierung von Clemens Martin Auer nicht informiert, deshalb musste es personelle Konsequenzen geben", meinte Schwarz.

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