Grüne wollen anonyme Anlaufstelle für sexualisierte Gewalt beim Heer

Leistungsschau des Bundesheers zum Nationalfeiertag
Am Montag holt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) alle Kommandanten des Bundesheeres ins Ministerium.

Der Fall des hochrangigen niederösterreichischen Offiziers des Bundesheeres, dem von einer Mitarbeiterin ein sexueller Übergriff vorgeworfen wird, beschäftigt nun auch die Politik. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat für Montag alle Kommandanten des Bundesheeres einberufen.

Bei dieser Kommandantenbesprechung, zu der über hundert Kommandanten ab Bataillonsebene vorgeladen werden, sollen konkrete Maßnahmen besprochen werden, wie Fälle sexualisierter Gewalt künftig verhindert werden können.

Zudem soll das Thema sexualisierte Gewalt im Bundesheer mehr Aufmerksamkeit durch die Kommandanten erfahren, heißt es aus dem Verteidigungsministerium. Welche Maßnahmen der Vorfall konkret nach sich zieht, wurde zunächst nicht kommuniziert. Dazu gebe es zwar Überlegungen, aber es stehen noch keine konkreten Maßnahmen fest, erklärt das Büro Tanners.

Schärfere Gangart bei Extremismus und sexueller Belästigung

Bereits am 19. Oktober verschärfte Tanner mittels Ministerweisung die Maßnahmensetzung und Berichtspflicht im Bereich des politischen oder religiös motivierten Extremismus und der sexuellen Belästigung im Bundesheer. Die Weisung besagt konkret, dass alle verantwortlichen Kommandanten und Leiter disziplinar- und strafrechtliche Vorfälle verfolgen müssen; dass im Disziplinarverfahren der ihnen gesetzlich ermöglichte "Strafrahmen in vollem Umfang" ausgenutzt werden muss; und dass alle Vorfälle des politisch oder religiös motivierten Extremismus den Disziplinarstellen gemeldet werden müssen.

Auch dem Offizier aus Niederösterreich drohen nun Konsequenzen. Eine vorläufige Dienstenthebung sei "unverzüglich angeordnet" worden, hieß es seitens des Heeres. Am Freitag ist eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft St. Pölten eingegangen. Es erfolge nun eine Prüfung, sagte Sprecher Leopold Bien auf APA-Anfrage. „Aufgrund der Erstangaben“ werde der Verdacht der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung zugrunde gelegt, wurde betont.

Die Bundesdisziplinarbehörde entscheidet über die ausgesprochene vorläufige Dienstenthebung. Diese könne durch die Behörde bestätigt oder aufgehoben werden. Vor einer Verhängung möglicher disziplinärer Maßnahmen sei die Justiz am Ball. Es brauche einen rechtskräftigen Ausgang eines etwaigen Verfahrens oder die rechtskräftige Einstellung der Ermittlungen - „dann prüfen wir, was passiert“. Im Rahmen der nach Erstangaben zugrunde gelegten Norm - der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung - ist laut Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren möglich.

Der Verdächtige bestreitet die Vorwürfe. Zugetragen haben soll sich der Vorfall am 8. November außerhalb der Dienstzeit. Der Betroffenen wurde psychologische Betreuung zur Seite gestellt. Physische Verletzungen erlitt die Frau nach Angaben von Bauer nicht. Vom Verdächtigen selbst wurde am Donnerstagabend betont, dass er sich "nichts vorzuwerfen" habe. Er sei davon überzeugt, dass sich "die Vorwürfe auflösen und in Schall und Rauch verflüchtigen werden".

Grüne wollen anonyme Anlaufstelle für Opfer

Die Grünen begrüßen zwar, dass Tanner rasche Konsequenzen aus dem Vorfall zieht, bringen allerdings auch einen eigenen Maßnahmenvorschlag in die Debatte ein. "Es gibt zwar die parlamentarische Bundesheerkommission, die solche Fälle auch behandelt, die ist aber zu wenig. Außerdem sitzen da nur Männer drinnen", sagt der Verteidigungssprecher der Grünen, David Stögmüller, zum KURIER. Sie fordern eine eigene anonyme Anlaufstelle für Vorfälle der sexuellen Belästigung beim Bundesheer. Denn: "Es verlangt von Betroffenen sexualisierter Gewalt sehr großen Mut, sich an eine Vertrauensperson oder die Behörden zu wenden. Insbesondere dort, wo starke Hierarchien und ungleiche Machtverhältnisse herrschen, wie das im Bundesheer der Fall ist", sagt die grüne stellvertretende Klubobfrau, Meri Disoski, in einer Aussendung.

Für kommende Woche planen die Grünen auch ein Gespräch mit der Gleichbehandlungsbeauftragten des Bundesheeres, ergänzt Stögmüller, der auch mit Ministerin Tanner Maßnahmen diskutieren wird.

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