Bis zu 100.000 Menschen bei Protest gegen 12-Stunden-Arbeitstag
Die Regierung ist am Samstag erstmals seit ihrem Antritt mit echtem Widerstand konfrontiert worden. Der ÖGB mobilisierte trotz Ferienbeginns im Osten rund 100.000 Menschen, die gegen eine Ausweitung der Höchstarbeitszeit anmarschierten. Präsident Wolfgang forderte die Regierung auf, das Volk zu dem Thema zu befragen.
Das Wetter hatte es gut mit dem Gewerkschaftsbund gemeint, der in kurzer Zeit seine größte Demonstration seit den Protesten gegen die schwarz-blaue Pensionsreform im Jahr 2003 auf die Beine gestellt hatte. Strahlender Sonnenschein, aber keine zu hohen Temperaturen begleiteten die Kundgebungsteilnehmer bei deren Marsch vom Wiener Westbahnhof in die Innenstadt, was Christgewerkschafter Norbert Schnedl launig der Bischofskonferenz zuschrieb, die ja auch die Arbeitszeit-Pläne der Regierung vehement ablehnt. Laut Polizei kamen rund 80.000 Demonstranten, die Veranstalter zählten mehr als 100.000.
Zehntausende bei Demo gegen Zwölfstundentag
Machtvoll wirkte die Demonstration jedenfalls, vor allem die in gehöriger Mann- und Frauzahl erschienene Produktionsgewerkschaft pro-ge stach hervor, aber auch die "Sozialen Schwarzen", die unter anderem den Tiroler AK-Präsidenten Erwin Zangerl in ihren Reihen hatten. Die SPÖ schwamm ebenfalls prominent besetzt im Demonstrationszug mit, darunter Parteichef Christian Kern, der den Aufmarsch als Antwort der Bevölkerung auf die Politik von Kanzler Sebastian Kurz ( ÖVP) sah, und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig.
Die Musik spielte aber die Gewerkschaft, die als Devise für die Demo "Für ein besseres Leben" ausgegeben hatte.. Dieses wird es mit der Ausweitung der Höchstarbeitszeit nicht geben, ist der ÖGB überzeugt. Von praktisch allen Rednern wurde Gesundheitsgefahr ebenso wie Freizeitverlust ins Spiel gebracht. Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl meinte vielmehr, es sei nun Zeit für eine Arbeitszeitverkürzung.
Bilder: Zehntausende gegen neue Arbeitszeit
Der große Zuspruch der Demonstration ermunterte die Gewerkschaftsspitzen zu mutigen Tönen. So meinte etwa pro-ge-Chef Rainer Wimmer: "Wir werden auf die Barrikaden gehen." Ebenfalls kampfeslustig zeigte sich Bau/Holz-Gewerkschaftschef Josef Muchitsch, der in Richtung Regierung meinte: "Wenn sie den Arbeitskampf wollen, dann sollen sie ihn kriegen." Auch Katzian kündigte den Demo-Teilnehmern an, dass man sich wohl bald wieder sehen werde, und warnte: "Wir werden Widerstand leisten mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen."
"Sturz der Regierung" - Post-Gewerkschafter zurückgepfiffen
Einziger Regiefehler der ansonsten perfekt organisierten Veranstaltung war ein Auftritt von Post-Gewerkschaftschef Helmut Köstinger, der für ÖGB-Verhältnisse komplett unüblich zum Sturz der "unsozialen Regierung" aufrief. Nicht nur Christgewerkschafter Schnedl distanzierte sich umgehend, auch Katzian hob extra hervor, dass der Gewerkschaftsbund jede demokratisch legitimierte Regierung akzeptiere - freilich mit dem Nachsatz, dass das nicht automatisch für deren Maßnahmen gelte.
Das hielt ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer freilich nicht davon ab, in einer Aussendung von einer "nie dagewesen Grenzüberschreitung" zu sprechen. So wie es jedem frei stehe, für seine Anliegen auf die Straße zu gehen, sei es "auch legitimiert, dass eine Parlamentsmehrheit das hält, was sie versprochen hat". FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky hatte schon zu Beginn der Demo polemisiert, dass der ÖGB nur mehr als willfährige Vorfeldorganisation der SPÖ agiere.
Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal strich in einer Stellungnahme das Demonstrationsrecht hervor. "Es ist gut, dass wir in einem Land leben, in dem es Meinungs- und Versammlungsfreiheit gibt und in dem jeder von diesen Grundrechten Gebrauch machen kann", so der Regierungssprecher
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