„Michael Häupl hat einmal gemeint, Wahlkämpfe wären ‚Zeiten fokussierter Unintelligenz‘. Leider nimmt diese Unintelligenz auch außerhalb von Wahlkämpfen massiv zu“, meint Görg. „Wer ernsthaft die Frage stellt, ob die Sanktionen Europa mehr schaden als Russland, denkt angesichts der Tatsache, dass Russland auf ein Minuswachstum im zweistelligen Prozentbereich zusteuert, während Europa noch immer mit leichtem Wachstum rechnen kann, nicht einmal mit einer Gehirnhälfte nach. Er verwechselt die Frage nach der Höhe des Schadens mit der Frage nach der Höhe der Frustrationstoleranz und Leidensfähigkeit einer Bevölkerung. Die ist in einem autokratischen System allgemein und in Russland besonders bei Weitem höher als in einer Demokratie, aber auch nicht unbegrenzt.“
Putins Appetit
Zur Aussage von FPÖ-Chef Herbert Kickl, die Sanktionen seien schuld an den hohen Energiekosten, und man solle sie deswegen zurücknehmen, sagt Görg: „Die Sanktionen tragen sicher zur Erhöhung der Energiekosten bei. Ich habe aber nie geglaubt, dass die Solidarität mit der Ukraine zum Nulltarif zu haben sein wird. Eine Rücknahme der Sanktionen würde Putins Appetit auf weitere europäische Unterwerfungsgesten nur erhöhen.“
Wie hätte Görg, wäre er noch Vizebürgermeister, auf die exorbitanten Energiepreiserhöhungen in Wien reagiert? Görg: „Aus meiner Erinnerung heraus waren wir als ÖVP in der seinerzeitigen SPÖ-ÖVP-Stadtregierung äußerst erfolgreich im Kampf gegen die regelmäßigen Gebührenerhöhungen. Die Erhöhungen blieben über die ganze seinerzeitige Regierungsperiode weit unter der Inflationsrate, die in den 90er Jahren auch nicht gering war. In Sachen Energiepreise hätte ich auch als überzeugter Marktwirtschaftler die SPÖ bei ihrem eigenen großen Wort genommen.“
Karas wies Parteifreunde zurecht
Auch der Spitzenkandidat der ÖVP bei der Tiroler Landtagswahl, Anton Mattle, schloss sich Stelzers Meionung an: Man solle die Sanktionen auf ihre "Treffsicherheit" überprüfen. Der ÖVP-Europa-Politiker Othmar Karas wies die beiden scharf zurecht: "Wir haben in dieser Frage vor der Geschichte zu bestehen - nicht vor der nächsten Wahl." Letztlich versicherte Kanzler Karl Nehammer, die Regierung werde die EU-Sanktionen weiter mittragen.
Kommentare