Glawischnig: Fekter "hat offenbar gelogen"

Volle Transparenz" - eine Forderung der Opposition, die nicht an Brisanz verliert. Grünen-Chefin Eva Glawischnig legte am Sonntag einmal mehr den Finger in diese Wunde der Regierung. Finanzministerin Maria Fekter habe in Sachen Budget offenbar "bewusst die Unwahrheit" gesagt, meinte die Parteichefin in der ORF-"Pressestunde" angesichts des nun aus Koalitionsverhandlungskreisen bekannt gewordenen Milliarden-Lochs. "Die Finanzministerin hat offenbar gelogen", so die recht harten Worte Glawischnigs. Die Bankenpakete seien in den bisherigen Budgetzahlen nicht eingepreist gewesen und auch beim Konjunkturwachstum habe es eine falsche Einschätzung gegeben. "Ich finde das insgesamt abenteuerlich"; einen Kassasturz mache man normalerweise dann, wenn man die Agenden von einer Regierung übernimmt. Einen solchen zu machen, wenn die handelnden Personen die gleichen bleiben, sei ja "wie ein Misstrauensantrag gegen sich selbst", zog sie einen Vergleich ihres Budgetsprechers Bruno Rossmann heran. Sie wundere sich auch darüber, dass sich Bundeskanzler Werner Faymann nicht über den Budgetstand informiert habe.
Eva Glawischnig im Porträt:
"Das dramatische ist, dass wir damit Spielräume verlieren, die wir brauchen", so Glawischnig. Auch die Wahlversprechen von SPÖ und ÖVP seien damit nun nicht mehr realistisch. Dabei sei die Wahrheit den Menschen zumutbar, "gerade in einem Wahlkampf". Die "erste Forderung" der Grünen laute daher "Transparenz auch im Parlament", es müsse einen umfassenden Kassasturz sowie Information im Hohen Haus geben. Die Frage, wie die Grünen das laut Verhandlern bis zu 40 Mrd. Euro große Budget-Loch (bis 2018) stopfen würden, wollte Glawischnig nicht beantworten: "Damit möchte ich mich nicht auseinandersetzen, weil wir wissen ja nicht, wie groß das Loch ist. Wir wollen radikale Transparenz."
Fekter empört
Maria Fekter hat die Glawischnigs Aussagen via Aussendung "auf das Schärfste" zurückgewiesen. Die Bundesregierung habe im Frühjahr den Finanzrahmen bis 2017 gemeinsam "nach bestem Wissen und Gewissen" festgelegt, betonte die Ministerin. Glawischnigs Vorwurf, sie habe gelogen bzw. bewusst die Unwahrheit gesagt, sei eine "Unterstellung", so Fekter. Der Finanzrahmen sei nach einem Expertenhearing vom Parlament beschlossen worden, so Fekter. "Wenn sich Vorausschauen mittlerweile geändert haben, dann gibt es einen Anpassungsbedarf der Ausgabenobergrenzen. In dieser Situation der Bundesregierung bewusste Täuschung zu unterstellen, zeugt nicht nur von Populismus, sondern auch von Unkenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge", sagte sie in Richtung Glawischnig.
Bei der "aktuellen Situationsanalyse" zum Budget gehe es nicht um einen vergangenen Zeitraum oder die Gegenwart, "sondern um die Ausgabenobergrenzen in den kommenden Jahren bis 2018". Der kolportierte Konsolidierungsbedarf (laut Verhandlern in Höhe von bis zu 40 Mrd. Euro, Anm.) für die kommenden Jahre hat laut Fekter mehrere Ursachen: Die von den Wirtschaftsforschern "massiv nach unten adaptierten Prognosen", "notwendige Anpassungen im Pensionsbereich" gemäß Gutachten der Pensionskommission, "eventuelle Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz sowie geänderte EU-Vorgaben".
Grüne Reformen
Grundsätzliche meinte Glawischnig in der Pressestunde, es brauche "tiefgreifende Reformen" - und zwar in der Verwaltung, beim Gesundheitssystem sowie eine Steuerstrukturreform. Unter anderem nannte Glawischnig, dass man "eine Reihe von umweltschädigenden Subventionen" abschaffen könnte. Aber auch Infrastrukturprojekte wie etwa den Ausbau der Autobahnen müssten hinterfragt werden. Betreffend der Steuern untermauerte sie die Position ihrer Partei, kleinere Einkommen zu entlasten und große Vermögen stärker zu besteuern.
Die Grünen Erfolge bei der Nationalratswahl wollte sich Glawischnig nicht kleinreden lassen; auch die Positionierung als "linksliberal" sei keine neue und auch keine Reaktion auf das Antreten der NEOS. "Wir haben zwei Prozent dazugewonnen, hätten vielleicht mehr dazugewinnen können, wären die NEOS nicht angetreten." Es gebe aber starke Unterschiede zu der neuen Partei, betonte sie. Auch ein Image als Verbotspartei will die Grünen-Chefin nicht gelten lassen: Dies sei eine Zuschreibung - "auch der politischen Mitbewerber". Gefragt nach ihren Zielen bei der EU-Wahl 2014 sagte Glawischnig, sie hoffe auf ein Ergebnis über jenem der Nationalratswahl (von 12,4 Prozent). Ulrike Lunacek sei die ideale Spitzenkandidatin.
Asyl für Snowden
Einmal mehr bekräftigte Glawischnig die Forderung ihrer Partei, dem NSA-Aufdecker Edward Snowden Asyl in Österreich zu gewähren. Er habe die Grundwerte der Europäer verteidigt. "Ich glaube, es ist die Aufgabe eines neutralen Landes, hier Asyl anzubieten", das würde Österreich "gut anstehen". Auch das Problem, dass Snowden gar nicht in Österreich ist (was Voraussetzung für das Stellen eines Asylantrags wäre), hält Glawischnig für "lösbar". "Es könnte Mittel und Wege geben, dass der Asylantrag gestellt werden könnte. Es ist ein einzigartiger Vorfall", so de Grünen-Chefin.
Die FPÖ sowie das Team Stronach haben am Sonntag Kritik an den Aussagen Glawischnigs geübt. Das Image als "Verbotspartei" werde Glawischnig "nicht so einfach vom Tisch wischen können", meinte FP-Generalsekretär Herbert Kickl. Für ihn ist es "kabarettreif", "dass die Grünen nach dem für sie bedrohlichen Wahlerfolg der NEOS jetzt auf 'liberal' machen wollen". Er kritisierte u.a. Forderungen der Grünen "sinnlosen Geschwindigkeitsbegrenzungen" und "noch sinnloseren Fußgängerzonen". Dies würde "in keinster Weise die Lebensqualität" steigern, "sondern führt zu Umweltverschmutzung und schadet der Wirtschaft".
TS-Klubobfrau Kathrin Nachbaur stimmte zwar den Forderungen Glawischnigs nach völliger Transparenz beim Budget zu. Inhaltlich - so etwa bei der Frage der Vermögenssteuer oder der Investitionen - gibt es aber wenig Übereinstimmung: "Die Ideen, Häuslbauer zu belasten und den Ausbau der Autobahnen zu bremsen, gehen eindeutig in die falsche Richtung", so Nachbaur.
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