Gewessler überrumpelt ÖVP mit neuer Gas-Strategie

Gewessler überrumpelt ÖVP mit neuer Gas-Strategie
Die OMV-Gashandelstochter OGMT soll temporär übernommen werden, um bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen.

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat die ÖVP überrascht. Sie legte Journalisten am Freitag eine neue Strategie vor, wie Österreich laut EU-Plan bis 2027 aus russischem Gas aussteigen kann. Flankiert wurde sie von zwei Energieexperten: Walter Boltz, Ex-Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control und Ex-OMV-Direktor Gerhard Roiss. 

In den vergangenen Monaten wurde es verdächtig still in der Ausstiegsdebatte. Die Gaspreise sind wieder gesunken. Die russische Gazprom, mit der die OMV Langfristverträge bis 2040 hat, liefert aktuell verlässlich. Österreich bezog im März wieder 78 Prozent seines Erdgases aus Russland – ein Wert auf Vorkriegsniveau.

Gewesslers Standpunkt: Österreich sei erpressbar, so lange es von russischem Gas abhängig ist. Deshalb sei es „Zeit für die nächsten Schritte“. Boltz und Roiss erarbeiteten für sie mehrere Vorschläge, wie der Ausstieg bis 2027 gelingen soll. Das sind die zentralen Punkte:

Gasreserve

Um 3,8 Milliarden Euro erwarb die Republik 2022 eine „strategische Gasreserve“ im Umfang von 20 Terrawattstunden (TWh). Sie gilt für Krisenfälle – und soll nun ausgebaut werden. Der Plan: Auch Österreichs Industrie soll Gas bevorraten. Die Republik würde im Gegenzug weite Teile der Transport- und Speicherkosten übernehmen, sofern Unternehmen nachweisen können, dass es sich um nicht-russisches Gas handelt. Die Experten empfehlen weiters heimische Stromerzeuger, die Gaskraftwerke betreiben, zu verpflichten, Gasreserven einzuspeichern. Auch sie würden eine Kompensation erhalten.

Kapazitäten

Aber wie kommt Österreich überhaupt an nicht-russisches Gas? Gashändler sollen für die kommenden Jahre Pipeline- und Terminal-Kapazitäten erwerben – etwa aus Italien, Deutschland und Rumänien. Über die OMV sollen dreijährige Optionsverträge für Gas aus Norwegen abgeschlossen werden. Bezüglich der Gaskosten gibt es keine Schätzungen. Speicherung und Transport des nicht-russischen Gases dürften jährliche Mehrkosten von 500 Millionen Euro ausmachen.

Übernahme

Wer setzt all das um, wer trägt das Risiko? Ein Vorschlag: Die OMV-Gashandelstochter OGMT soll zeitlich befristet ins Eigentum der staatlichen ÖBAG übergehen. Damit hätte der Staat genügend Einfluss und erfahrenes Personal, um die Gas-Strategie „effizient“ umzusetzen. Die OMV selbst hat im Dezember eine Verstaatlichung der OGMT angeboten. Brunner reagierte bereits im Dezember skeptisch – und blieb auch am Freitag dabei. Gewesslers neue Strategie war übrigens nicht im Detail mit der ÖVP abgesprochen.

OMV-Verträge

Die langfristigen OMV-Verträge mit der russischen Gazprom werden in der Analyse völlig ausgeklammert. Theoretisch mögliches Szenario: Österreich könnte 2027 auf russisches Gas verzichten, während die OMV dieses weiterhin an Nachbarstaaten verkauft – und die Republik weiterhin daran verdient.

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