"Gewalt und Übergriffe": Frauenvorsitzende kritisieren ATV-Serie scharf

"Gewalt und Übergriffe": Frauenvorsitzende kritisieren ATV-Serie scharf
Die Frauenvorsitzenden von SPÖ, ÖVP, Neos und Grünen zeigen sich empört über "Geschäft mit der Liebe". Die Serie läuft seit 2010 auf ATV.

Wie geschmacklos darf Fernsehen sein? Bei der Serie "Geschäft mit der Liebe" scheiden sich in dieser Frage seit jeher die Geister. Seit 2010 strahlt der Privatsender ATV das Format aus. Das Drehbuch hat sich seitdem im Wesentlichen kaum geändert: Männliche Singles, in der Regel mäßig erzogen, sollen mit Frauen aus Osteuropa oder Asien verkuppelt werden. 

Zu langfristigen Beziehungen kommt es zumeist nicht, da die Männer in der Regel zu unbeholfen, übergriffig, betrunken oder grundsätzlich verhaltensauffällig auftreten. Wo die Linie zwischen Realität und Fiktion verläuft, ist teilweise nicht ganz klar.

15 Jahre später, ATV strahlt mittlerweile die elfte Staffel aus, wird die Reality-Serie jedenfalls plötzlich zum Politikum. Zuerst empörte sich Falter-Chefredakteur Florian Klenk auf Social Media. Die Sendung sei "frauenverachtender Müll", "Vergewaltigungs-TV" und "rassistisch". Zudem wolle er wissen, ob "sexuelle Handlungen Teil der Verträge" der "gedemütigten Frauen" seien.

Babler will mit Geschäftsleitung reden

Darauf reagierte am Samstag wiederum Vizekanzler und Medienminister Andreas Babler (SPÖ). Ihm seien Sendungsausschnitte "zugetragen" worden und nun wolle er das Gespräch mit der Geschäftsleitung suchen. Offenes Zurschaustellen von sexueller Ausbeutung von Frauen "hat weder medial im TV noch sonst irgendwo in unserer Gesellschaft etwas zu suchen", so Babler auf X. "Diese Form von Fernsehen will ich persönlich und als Medienminister nicht einfach zur Kenntnis nehmen." Zuvor hatte Babler in der Kronen Zeitung noch betont: "Es ist nicht die Aufgabe des Kulturministers zu bestimmen, was gesagt werden darf und was nicht."

Vonseiten ProSiebenSat.1 PULS 4, zu dem die Marke ATV gehört, hieß es auf KURIER-Anfrage: "Wir wollen uns auf keine Social Media Kommunikation einlassen und bitten um Verständnis, dass wir das direkte Gespräch mit Herrn Babler suchen werden."

Frauenvorsitzende legen nach

Der politische Druck lässt jedenfalls nicht nach. Am Sonntag kritisieren auch die Frauenvorsitzenden von SPÖ, ÖVP, Neos und Grüne - nicht der FPÖ - die Serie in einer Aussendung als "sexistisch, rassistisch und frauenverachtend. Frauen werden wie Waren behandelt, Gewalt, Übergriffe, Demütigungen und Besitzansprüche werden normalisiert. Eine derartige Verharmlosung von Gewalt und Misogynie ist inakzeptabel."

Eva-Maria Holzleitner (SPÖ), Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), Henrike Brandstötter (Neos) und Meri Disoski (Grüne) fordern ATV deshalb auf, "seiner Verantwortung für eine freie und gleichberechtigte demokratische Gesellschaft gerecht zu werden." Ob damit eine Absetzung der Serie gemeint ist und welche möglichen Konsequenzen die Politik in Erwägung zieht, falls der Privatsender nicht entsprechend reagiert, bleibt offen.

Auf Social Media wird Bablers Vorgehen mit gemischten Reaktionen bedacht. Während die eine Seite die Geschmacklosigkeit der Sendung hervorhebt, ortet die andere eine nicht gerechtfertigte Einmischung des Medienministers in das inhaltliche Programm eines TV-Senders.

Kommentare