Alfred Gusenbauer hat die Partei nach der verlorenen Wahl 2002 eine zweite Chance gewährt – er wurde später Kanzler. Bei der ersten Frau an ihrer Spitze sollte sich die SPÖ dessen entsinnen. Wie überhaupt es zu simpel ist, Misserfolge allein der Spitzenkandidatin anzulasten. Die wirklichen Probleme sind dahinter zu finden.
2 - Die Parteijugend lässt die SPÖ im Stich
Die SPÖ bekommt zu wenige Impulse von ihren zugegeben zahlreichen Jugendorganisationen. Egal ob Sozialistische Jugend, Junge Generation oder VSStÖ: Die roten Jugendlichen sind mitunter größere Traditionalisten als die Mutterpartei und gefallen sich bisweilen in ideologischer Orthodoxie. Als Übersetzung in die Moderne wird political correctness auf die Spitze getrieben – das trifft aber nicht unbedingt die Lebenswelt der jungen Erwachsenen, in der es um konkrete Herausforderungen geht.
Probleme wie das „Hotel Mama bis 30“, weil die Kosten für eine eigene Wohnung oder die Kinderbetreuung mit den Gehältern von Berufseinsteigern nicht zusammenpassen. Und es geht auch um große Fragen der Gerechtigkeit: Fairer Handel, Klimaschutz – die idealistischen Anliegen der Zeit werden nicht von der jungen Sozialdemokratie betrieben, sie ist bestenfalls Mitläuferin. Ein weiteres Problem: Weil die Jugendorganisationen auslassen, fehlen der SPÖ attraktive Nachwuchs-Persönlichkeiten.
3 - Leistung gilt in der SPÖ als garstig
Die Begriffe „Leistung“ und „Erfolg“ sind in der SPÖ verpönt. Ob Funktionäre, Abgeordnete, Parteiangestellte – es zählen vielfach nicht die Leistung oder der Erfolg, den eine Person für das politische Projekt Sozialdemokratie einbringt, sondern die Zugehörigkeit zu einer Seilschaft. Die Faymann-Seilschaft. Die Gusi-Seilschaft. Die Gewerkschafter usw. Die Energien der Funktionäre werden zu oft nach innen verbraucht, anstatt in den Austausch mit den Wählern zu fließen.
4 - Die Partei vermittelt zu wenig Optimismus
Die SPÖ hat seit ihrem Bestehen große Erfolge erzielt. Allerdings schafft sie es nicht so recht, ihre Geschichte von sozialem Ausgleich in die Gegenwart zu transferieren. Auf die großen Entwicklungen der Globalisierung und Digitalisierung reagiert man im Zweifel mit Pessimismus. Die SPÖ warnt gerne vor Gefahren und vermittelt das Bild, den Entwicklungen eher ohnmächtig gegenüberzustehen. Wähler verlangen aber Antworten, und vor allem Junge wollen an eine bessere Zukunft glauben.
5 - Vergessen, dass SPÖ eine Bewegung von unten ist
Zorn in der Bevölkerung über tatsächliche und vermeintliche Fehlentwicklungen (Globalisierung, Migration, etc.) findet bei der SPÖ wenig Platz. „Wir haben uns aus Bequemlichkeit zu sehr hinter der Bürokratie, Experten und Sachzwängen verschanzt“, befundet der frühere Parteimanager Max Lercher stellvertretend für viele. Dabei hat die SPÖ aber eines vergessen: Dass sie keine Erziehungsanstalt ist, sondern eine Bewegung von unten.
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