Fremdschämen für Herrn Strache

Wahlkampf darf unintelligent sein, aber er darf nie den Konsens für unser Zusammenleben zerstören.

Angenommen, ein paar deutsche Touristen wussten am verregneten Montagabend nichts Besseres, als sich ein Politikerinterview im ORF anzusehen. Da hörten sie einen Mann brüllen: "Abgeschobene Asylanten gehören in ein umgebautes Hercules-Flugzeug. Dort können sie dann schreien und sich anurinieren, das stört dann niemand." Wahrscheinlich haben Urlauber den Fernseher abgedreht, wer will schon einen Schreihals hören, der sich übel ausdrückt.

Doch dieser Mann will Wien regieren, haben die Hartnäckigen dann verwundert erfahren, vielleicht sogar Österreich. In Deutschland kommt man mit dieser Diktion höchstens auf der NPD-Liste in einen Landtag. Aber FPÖ-Chef Strache ist ja Christ, betont er gerne. Wenn uns das Christentum irgendetwas gelehrt hat, dann die Erkenntnis, dass jedes menschliche Wesen seine persönliche Würde hat. Nach christlicher Lehre hat Gott alle Menschen gleichwertig und nach seinem Ebenbild geschaffen, das kann man sogar als Ursprung der unteilbaren Menschenrechte sehen.

In der aktuellen Diskussion um die Flüchtlinge herrscht in ganz Europa große Ratlosigkeit. Da kann es viele Vorschläge geben, da kann man auch für die Schließung von Grenzen, strenge Asylverfahren und schnelle Abschiebungen eintreten. Jeder, der will, kann ein Volksbegehren einleiten. Aber wir müssen unbedingt einen Mindeststandard an Anstand in der öffentlichen Diskussion erhalten. Auch eine christlich geprägte Gesellschaft kann sehr schnell in schlimmste Barbarei versinken, wie wir aus unserer Geschichte wissen (sollten). Die Sensibilität, das zu spüren, dürfen wir uns nicht nehmen lassen.

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