FPÖ: Orban-Vorstoß gegen EU-Direktwahl "überlegenswert"

Vilimsky steht mit einem Mirkofon vor einer blauen Wand und zeigt in die Menge
Mehrheit österreichischer Delegationsleiterinnen und -leiter im EU-Parlament gegen Vorschlag Orbáns.

Für den freiheitlichen Delegationsleiter im EU-Parlament Harald Vilimsky ist der Vorstoß des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, die Direktwahlen zum Europäischen Parlament abzuschaffen, "durchaus überlegenswert".

Die Mehrheit der österreichischen Delegationsleitenden im EU-Parlament erteilt diesem am Montag in Brüssel hingegen Absagen. Andreas Schieder (SPÖ) spricht von "abstrusen Vorschlägen", die grüne Monika Vana von einer "absurden Forderung".

"Wir sollten erwägen, zum früheren System zurückzukehren, bei dem die nationalen Parlamente ihre Vertreter in das Europäische Parlament entsenden, anstatt Direktwahlen durchzuführen", hatte Orbán in einem Gespräch mit Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) erklärt, das die "Presse am Sonntag" veröffentlichte. "Einer der Gründe für unsere Schwäche ist, dass das Europäische Parlament heute nicht funktioniert. Es ist ein Tollhaus", begründete Orbán seinen Vorschlag.

"Ich halte nichts von dem Vorschlag, die Direktwahl des Europaparlaments abzuschaffen. Sie ist eine wichtige Säule unseres demokratischen Europas. Das Europaparlament repräsentiert die Bürgerinnen und Bürger Europas, daher sollten sie ihre Abgeordneten auch direkt wählen dürfen. Alles andere wäre ein Rückschritt für den europäischen Gedanken", kritisierte ÖVP-Delegationsleiterin Angelika Winzig den Vorstoß Orbáns.

SPÖ-Delegationsleiter Andreas Schieder zeigte sich gegenüber der APA wenig überrascht, "dass ein autoritärer Antidemokrat wie Viktor Orbán autoritäre und antidemokratische Ideen verfolgt." Es handle sich um eine gezielte Provokation ohne jede reale Konsequenz, "man sollte diesen abstrusen Vorschlägen also auch gar nicht zu viel Aufmerksamkeit schenken", betonte Schieder. Das EU-Parlament sei ihm natürlich ein besonderer Dorn im Auge, denn es sei die einzige EU-Institution, das sich seit Jahren konsequent Orbáns Vision einer illiberalen Demokratie in den Weg stelle.

Für FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky hingegen sind die Forderungen Orbáns "durchaus überlegenswert": "Das ist nicht weniger demokratisch als eine Direktwahl, weil die nationalen Parlamente ja ohnehin demokratisch gewählt sind." Vilimsky hält das Europaparlament für "völlig überdimensioniert". Auch der "monatliche Wanderzirkus" von Brüssel nach Straßburg koste den Steuerzahler hunderte Millionen Euro im Jahr. Die FPÖ wolle eine deutliche Verschlankung auf die Hälfte der Abgeordneten, nur noch einen Parlamentssitz in Straßburg und eine deutliche Kompetenzverlagerung von Brüssel in die Mitgliedstaaten.

"Die absurde Forderung von Orbán ist ein weiterer Beweis dafür, dass Orbán den Wert der Demokratie als einen fundamentalen Wert der EU nicht teilt", meint hingegen die Grüne Monika Vana. "Anstatt sich der Wahl des Volkes zu stellen, will er lieber seine eigenen Marionetten ins Europaparlament schicken." Vana sieht "diese Forderung auch als weitere Bestätigung dafür, dass Orbán die unmittelbar nach der Europawahl stattfindende Ratspräsidentschaft entzogen werden sollte, und alle zur Verfügung stehenden Mittel ausgeschöpft werden müssen, um in Ungarn Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen."

"Auch wir Neos wollen eine Reform in der EU, aber in die ganz andere Richtung. Hin zu mehr Demokratie, mit einem selbstbewussten Parlament", sagt EU-Abgeordnete Claudia Gamon zur APA. "Wir möchten dorthin, wo ein Teil der Abgeordneten über länderübergreifende Listen gewählt werden kann, wo der bzw. die Kommissionspräsident:in direkt gewählt wird und das Europäische Parlament die Kommissar:innen wählt. Wir wollen die Wahlbeteiligung bei den EU-Wahlen maximieren, denn jede Stimme zählt und gestaltet die Zukunft Europas mit."

Das Europaparlament wird seit 1979 in direkter Wahl vom Volk bestimmt und ist damit die einzige EU-Institution mit einer unmittelbaren demokratischen Legitimation. Die 720 EU-Abgeordneten, die Anfang Juni neu gewählt werden, bestimmen gemeinsam mit Vertretern der 27 EU-Regierungen über europäische Gesetze. Während Orbán im Kreise der EU-Regierungen regelmäßig die Vetokarte zu spielen versucht, sind die 13 EU-Abgeordneten seiner rechtskonservativen Fidesz-Partei im Europaparlament marginalisiert.

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