Faymann: "Können nicht alle Flüchtlinge aufnehmen"

Bundeskanzler Werner Faymann ( SPÖ) hat die Haltung seiner Partei in der Flüchtlingsfrage im Rahmen der Klubtagung der Wiener SPÖ am Donnerstag verteidigt. "Wir sind nicht in der Lage in Österreich alle Flüchtlinge aufzunehmen, die derzeit eine neue Heimat suchen", sagte er.
Österreich könne keine Millionen Flüchtlinge und "auch keine Zwei-, Drei-, Vierhunderttausend" aufnehmen. "Dass ein Land wie Österreich oder die EU das alles in Ordnung bringen soll, was in anderen Teilen der Welt nicht in Ordnung ist, das wird nicht gehen", sagte er. "Das deutlich auszusprechen, dafür sind wir gewählt", sagte Faymann und verteidigte die Obergrenze: Man habe einen Richtwert von 37.500 festgelegt, "um zu zeigen, dass wir auch heuer wieder bereit sind, einen großen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen".
Positive Rolle Wiens
Gerade Wien habe hier "eine herausragend positive Rolle" gespielt. Das sei der Beweis, dass Österreich etwas für die Flüchtlinge mache und nun auch das Recht habe zu sagen, einer alleine sei nicht in der Lage, die Krise zu bewältigen, so Faymann. "Denn auszusprechen, was ist, zeichnet Sozialdemokraten aus." Man müsse auch mit der Illusion aufräumen, dass sich der einzelne Flüchtling aussuchen kann, in welchem Land er Asyl bekommt.
Rückendeckung bekam Faymann von Wiens Bürgermeister Michael Häupl. "Ja, ich unterstreiche, was Werner gesagt hat. Man muss Kriege beenden, wenn man Flüchtlingsströme verhindern will", sagte Häupl. "Aber das können wir nicht. Aber was wir können, ist eine gemeinsame europäische humanitäre Politik machen", befand Häupl. Man müsse jenen Ländern helfen, die über große Quartiere verfügen. Relativ große Unterkünfte gibt es inzwischen auch in Wien, wie der Stadtchef eingestand: "Natürlich haben wir nie Quartiere in der Stadt gewollt für mehr als 500 Flüchtlinge."
Häupl: "Verarschen tu ich mich lieber selber"
Häupl urgierte eine gerechte Verteilung der Betroffenen - auch in Österreich. Er wies einmal mehr darauf hin, dass Wien die vereinbarte Quote in Sachen Grundversorgung übererfülle. Der Wiener Rote zeigte sich darüber erbost, dass es etwa in Oberösterreich heiße, man könne nicht mehr aufnehmen, weil so viele Flüchtlinge in Wien seien: "Verarschen tu ich mich lieber selber, weil das ist lustiger."
Auch Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) bekam sein Fett ab: "Der Herr Kurz will immer seinen Werteunterricht. Ich bin mir nicht sicher, ob er und ich die gleichen Werte haben. Ich glaube nicht. Was aber mit Sicherheit machbar und erklärbar ist, sind die Regeln des Zusammenlebens. Da muss man auch dazusagen: Wer das verletzt, der hat auch die Chance verwirkt, hierzubleiben."
Faymann verwies auch darauf, dass man ausreichend Mittel für die Integration von Flüchtlingen brauchen werde - die von der mit der EU vereinbarten Schuldenleistung ausgenommen werden sollten. Die Frage sei nun: "Sind wir in der Lage, die, die gekommen sind, humanitär so in unserer Gesellschaft aufzunehmen, dass sie nicht in Obdachlosigkeit und Armut versinken."
Er hoffe, dass man in ein paar Jahren sagen könne: "Wir haben nicht nur Hunderttausend Asylwerber aufgenommen, sondern wir haben auch dafür gesorgt, dass sie einen Platz im Kindergarten finden, eine Schule, eine Wohnung und letztendlich einen Arbeitsplatz." Das sei keine leichte Aufgabe.
Zum Auftakt des Faymann-Auftritts sorgte eine Gruppe junger Aktivisten vorübergehend für Unruhe. Sie taten - zumindest kurzfristig - mit Pfiffen ihren Unmut kund. Auch auf Plakaten, die während der gesamten Dauer der Kanzler-Rede hochgehalten wurden, übten sie Kritik. Der Großteil der versammelten Funktionäre zeigte sich letztendlich aber doch mit der offiziellen Linie einverstanden - wie aus dem Schlussapplaus für den Regierungschef zu schließen war.
Treffen bei Hollande
Noch Ende dieser Woche reist Bundeskanzler Werner Faymann weiter Richtung Paris, um an diesem Samstag an einem Treffen führender europäischer Sozialdemokraten teilzunehmen. Wie es am Donnerstag aus dem Bundeskanzleramt in Wien hieß, stehen bei dem Treffen auf Einladung des französischen Präsidenten Francois Hollande die Flüchtlingsfrage sowie Beschäftigung und Wachstum im Mittelpunkt.
Neben Hollande und Faymann werden den Angaben zufolge unter anderem der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi, der Premierminister von Portugal, Antonio Costa, der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, und der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel an dem Treffen im Pariser Elysee-Palast teilnehmen.
"Neben der Bewältigung der Flüchtlingskrise ist es auch ganz entscheidend, die Arbeitslosigkeit zu senken und das Wachstum in Schwung zu bringen", sagte Faymann nach Angaben des Bundeskanzleramts. "Deswegen benötigen wir mehr Investitionen. Die Umsetzung des Juncker-Plans zur Forcierung von Investitionen und der Schaffung von Arbeitsplätzen geht derzeit noch schleppend voran. Es ist gerade jetzt wichtig die Investitionen in Europa voranzutreiben, um die Wachstumsschwäche zu überwinden."
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