Konkret hat im Vorjahr ein 1992 in Syrien geborener Asylberechtigter beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Einreiseantrag für acht Kinder und zunächst eine Ehefrau gestellt. Die Behörde prüfte daraufhin mittels DNA-Tests die Vaterschaft – diese wurde schließlich auch bestätigt. Allerdings stolperten die Beamten über die Geburtsdaten der Kinder, da diese zwischen Jänner 2019 und Mitte 2022 auf die Welt gekommen sein sollen – mit einer Ehefrau wäre dies schwer möglich. Vor dem BFA gab der Syrer schließlich zu, in seiner Heimat zwei Mal verheiratet zu sein und dass vier seiner Kinder von der „Zweitfrau“ stammen (wobei in Syrien sogar bis zu vier Ehen erlaubt wären).
Recht auf Mutter
Das BFA hat daraufhin den Familiennachzug für die „Zweitfrau“ negativ bewertet, für die „Erstfrau“ und alle acht Kinder aber positiv. Allerdings befindet sich auch dieser Fall nun in der Warteschleife und wird nicht weiter bearbeitet; wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) jüngst beteuerte, soll dieser Stopp jetzt „sicherlich ein Jahr gelten“.
Doch danach wird es spannend, was mit der Causa passiert – denn dann betritt man rechtlich extrem heikles Terrain, wie dem KURIER aus Politkreisen vermittelt wird. „Es wird nicht zu verhindern sein, dass dabei Polygamie durch die Hintertür etabliert wird“, heißt es. Denn wenn erst einmal die vier Kinder in Österreich seien, könnten sie sofort einen Antrag auf Familiennachzug ihrer Mutter stellen. Und zwar auf Basis von Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die das Recht auf Privat- und Familienleben schützt. Und damit wäre das Zusammenleben unter einem Dach in einer polygamen Form realisiert – auch, wenn beide Ehen in Österreich natürlich nicht anerkannt würden.
Diese gewiss außergewöhnliche Form des Familiennachzugs bestätigt auch ein international tätiger Familienrechtsexperte, der namentlich nicht genannt werden möchte. „Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist hier eindeutig: Wenn die Mutter für das Wohl eines Kindes mit legalem Aufenthalt wichtig ist, muss sie nachgeholt werden.“ Das würde ganz grundsätzlich gelten und hätte auch nichts damit zu tun, ob der Vater ein- oder mehrfach verheiratet ist. „Die Kinder könnten auch ihre zwei ledigen Mütter nachholen.“
Im Innenministerium möchte man auf den konkreten Einzelfall, seine künftige Rechtsauslegung und die Rolle der Kinder nicht eingehen. „Es wird im Rahmen des Familiennachzugs grundsätzlich nur einer Ehefrau die Einreise nach Österreich gestattet“, heißt es. Ferner wird berichtet, dass es schon vorkomme, dass Asylberechtigte zwei Frauen aus dem Herkunftsland zwecks Einreise angeben – dies werde selbstverständlich abgelehnt. Mitunter werde auch versucht, die Frau zur Tochter zu machen – was mittlerweile dank der DNA-Tests aber auffliege.
Aslan: „100 Fälle“
Dass mit der muslimischen Zuwanderung polygame Lebensformen längst in Österreich angekommen sind, dürfte aber Fakt sein – wie auch Universitätsprofessor Ednan Aslan bestätigt. „Ich würde sagen, dass wir in Österreich mindestens 100 solcher Fälle haben“, berichtet der Professor für Islamische Religionspädagogik. Ihm selber sei der Fall einer Türkin bekannt, die sich als „Zweitfrau“ eines Geschäftsmanns, nachdem die Ehe (geschlossen nach islamischem Recht) zerbrochen war, an ihn gewandt habe. Die Frau sei nicht nur schwanger gewesen, sondern auch mittellos und ohne Aufenthaltstitel. „Wenn es heikel wird, sind diese Frauen allein und der Gewalt der Männer ausgeliefert. Das ist bittere Realität in Österreich.“
"Junge wollen mehrere Frauen besitzen"
Auch bedenklich sei die Einstellung junger Muslime, die schon hier geboren sind: „Weil der Islam gerade sexy ist und junge Männer die europäische Rechtsordnung ablehnen, sehen sie es als ihr Recht an, mehrere Frauen zu besitzen“, sagt Aslan. Nachsatz: „Wenn sie es sich leisten können.“
Konkrete Fälle zu Polygamie gibt es in Österreich kaum: Nach dem Strafrecht (§ 192 StGB, „Mehrfache Ehe oder eingetragene Partnerschaft“) ist es 2024 zu zwei, 2023 zu drei Anklagen gekommen, teilt das Justizministerium mit. Die spannende Frage, ob nach der Auflösung bi-/polygamer Ehen aus dem Ausland den Frauen dann in Österreich Unterhaltsansprüche zuerkannt werden können, sei „im Einzelfall“ zu klären.