"EWR überdenken": So reagieren Handelsminister auf Hattmannsdorfer-Vorschlag

Die für Handel zuständigen Ministerinnen und Minister der EU beraten am Donnerstag in Brüssel laut Agenda über weitere Reaktionen auf die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Österreichs Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) will mit seinen Kolleginnen und Kollegen seinen Vorstoß besprechen, den EU-Binnenmarkt auf außereuropäische Länder wie Israel oder Kanada auszuweiten. Die Idee stieß im Vorfeld des Rates auf gemischte Reaktionen.
Hattmannsdorfer betonte vor dem Ratstreffen in Brüssel die Bedeutung guter transatlantischer Beziehungen. Durch das entschiedene Handeln der EU und der Mitgliedstaaten sei Trump bereit einzulenken, so der Minister: "Diese Chance sollten wir auch nutzen." Die Abkommen mit Großbritannien oder China sind für ihn aber keine guten Beispiele: "Mit uns kann es nur Verhandlungen auf Augenhöhe geben, keine PR-Gags". Mit einem Nachschärfen der Gegenmaßnahmen müsse Europa klarmachen, "wir sind ein fairer, aber selbstbewusster Verhandlungspartner". Er warnte auch davor, im digitalen Bereich nachzugeben. Europa müsse hier seine Souveränität zurückgewinnen: "Es kann nicht sein, dass digitale Handelsmärkte von den USA kontrolliert werden."
"Brauchen neue Handelsarchitektur"
"Wir brauchen eine neue Handelsarchitektur in Europa. Wir müssen unsere Handelsbeziehungen diversifizieren", fordert der Minister. Er schlage vor, den EWR (Europäischen Wirtschaftsraum, Anm.) zu überdenken, einen neuen Binnenmarkt Plus zu entwickeln; "einen EWR, der nicht an den Kontinentalgrenzen Europas endet". Vereinbarungen könnten hier über das Zollthema hinausgetroffen werden. Als Beispiele nannte er die Anerkennung technischer Normen und Standards oder von Ausbildungen und Abschlüssen. Er suche heute Gespräche mit anderen EU-Staaten, um eine Allianz zu bilden.
Schweden ist laut Hattmannsdorfer bereits auf seiner Seite. Andere Länder wie Deutschland oder Frankreich zeigten sich am Donnerstag zurückhaltender: Sein französischer Amtskollege Laurent Saint-Martin forderte, zuerst neue Freihandelsabkommen vorzubereiten und abzuschließen, bevor man einen gemeinsamen Binnenmarkt schaffe: "Die Vertiefung von Handelsbeziehungen bedeutet Freihandelsabkommen." Auch die neue deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche äußerte sich zurückhaltend: Die Zukunft Deutschlands und auch Europas hänge von freiem, regelbasierten Welthandel ab.
Freihandelsabkommen abschließen
"Zum einen ist es wichtig, dass wir global Partnerschaften eingehen und laufende, ausverhandelte Abkommen umsetzen oder mit Handelspartnern neue Abkommen eingehen werden", sagte sie zum Vorstoß von Hattmannsdorfer. Dieser betonte, er bekenne sich klar zum Abschluss der Freihandelsabkommen, die "müssen wir alle abschließen". Man sollte überlegen, einen "globalen Binnenmarkt" zu gestalten. Er habe Israel und Kanada als Beispiele genannt, weil es hier schon gemeinsame Standards gebe.
Die Arbeiterkammer (AK) betonte in einer Aussendung im Vorfeld des Treffens, dass das geplante Handelsabkommen der EU mit den Mercosur-Staaten die Erwartungen nicht erfüllen können wird: "Ökonomisch hat das Abkommen einfach wenig zu bieten: Selbst nach den optimistischeren Schätzungen wird ein BIP-Wachstum von nur +0,1 Prozent nach zehn Jahren prognostiziert", so Valentin Wedl, Leiter der AK EU-Politik unter Verweis auf eine Auswertung zu den Folgenabschätzungen der EU-Kommission. Mitnichten könnten derartige Abkommen wichtige konjunkturelle Maßnahmen in Österreich und Europa ersetzen.
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