Österreich holt 578,9 Millionen Euro an EU-Hilfsgeldern bisher nicht ab

Auf Geldscheinen gestapelte Euro-Münzen in vier unterschiedlich hohen Stapeln.
Die Regierung verpasst so voraussichtlich die erste Auszahlung aus dem EU-Klimasozialfonds ab 2026. "Unverantwortlich und völlig unsinnig", kritisiert Grünen-Chefin Gewessler. Das Finanzministerium widerspricht.

Fast 600 Millionen Euro stünden Österreich bis 2032 aus dem EU-Klimasozialfonds (SCF) zu – doch das Geld fließt vorerst nicht. Der Grund: Die Regierung hat es verabsäumt, bis 30. Juni 2025 einen verpflichtenden Klima-Sozialplan bei der EU-Kommission einzureichen. Ohne diesen Plan, der Maßnahmen gegen Energie- und Mobilitätsarmut darlegt, gibt es - jedenfalls vorerst -  keinen Cent.

Laut EU-Vorgabe hätte das Finanzministerium die Unterlagen längst abgeben müssen. Der zuständige SPÖ-Finanzminister Markus Marterbauer versprach im Frühjahr noch, dass der Plan „bis Ende Juni“ komme. Doch die Frist ist vorbei, die Einreichung ist ausgeblieben.

Kritik der Opposition

Die Grünen üben scharfe Kritik. Klubobfrau Leonore Gewessler spricht von einem "kleinen Skandal“: „Während die Regierung beim Klimaschutz kürzt und ständig erzählt, dass kein Geld da ist, lässt sie fast 600 Millionen Euro aus Brüssel einfach liegen. Das ist unverantwortlich und völlig unsinnig.“

Das Finanzministerium widerspricht dieser Darstellung. Die Klima-Sozialfonds Verordnung habe keine "harte“ Deadline für die Einreichung des Klima-Sozialplans gestellt, sondern lediglich besagt: "Die Pläne sollten bis zum 30. Juni 2025 vorgelegt werden.“ Allerdings steht auf der Homepage der EU-Kommission wörtlich: "Member States are to submit their plans to the European Commission by June 2025."

Auszahlung verzögert sich

Die Folgen sind klar: Eigentlich sollte der Fonds ab Jänner 2026 Gelder ausschütten. Die EU-Kommission benötigt rund fünf Monate, um eingereichte Pläne zu prüfen. Der ursprünglich für Jänner 2026 geplante Start der Auszahlungen ist für Österreich damit nicht unerreichbar, somit wird sich der Start für heimische Projekte nun nach hinten verschieben. 

Die EU-Kommission bestätigt auf Anfrage gegenüber dem KURIER: "Österreich hat seinen Social Climate Plan noch nicht offiziell eingereicht.“ Man stehe aber „in regelmäßigem Austausch mit allen Mitgliedstaaten“ und ermutige zur zügigen Fertigstellung, die Brüsseler Behörde stelle zudem Leitfäden und Beispiele für bewährte Praktiken zur Verfügung.

65 Milliarden Euro

Insgesamt stehen den 27 EU-Mitgliedsländern im Zeitraum 2026-2032 aus dem Klima-Sozialfonds  65 Milliarden Euro zur Verfügung, Österreich könnte insgesamt 578,9 Millionen Euro aus Brüssel abrufen. Rechnet man die verpflichtende nationale Kofinanzierung von mindestens 25 Prozent dazu, ergäbe das ein Paket von rund 770 Millionen Euro. Geld, das etwa in günstigere Öffi-Tickets, den Austausch fossiler Heizsysteme oder Sanierungen von Gebäuden fließen könnte.

Das Finanzministerium erklärt dazu: Von den 65 Milliarden Euro stünden Österreich ohnehin lediglich 0,89% der EU-weiten Gesamtmittel zur Verfügung. "Der österreichische Klima-Sozialplan wird sich vor dem Hintergrund der vergleichsweise niedrigen Mittelzuweisung auf wenige Maßnahmen beschränken. Wichtig ist:  die Mitgliedstaaten müssen mit der Finanzierung in Vorlage treten und erhalten bei erfolgreicher Erreichung von vorab definierten Meilensteinen, eine Refinanzierung der bereits getätigten Ausgaben."

Das Finanzministerium betont zudem, dass die Republik jedenfalls die volle Summe ohne Kürzungen abrufen werden kann. 

Was andere Länder vormachen

Die EU hat in den vergangenen Monaten detaillierte Leitfäden und Best-Practice-Beispiele veröffentlicht. Frankreich etwa setzt auf Sozial-Leasing für E-Autos, die Niederlande fördern E-Fahrzeuge für Kleinstunternehmen, Spanien bietet kostenlosen Mikro-ÖV für einkommensschwache Haushalte an. Auch die Sanierung besonders ineffizienter Sozialwohnungen gilt als bewährtes Modell.  Für Österreich böten sich ähnliche Maßnahmen an – Programme, die gleichzeitig Emissionen reduzieren und Energiekosten senken.

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