Erbschaftssteuer: ÖVP-Kritik führt bei Neos zu interner Solidarisierung

Der Ton, den die Kanzler-Partei am Wochenende anschlug, war süffisant bis hämisch: „Was jetzt, Beate?“, fragte die ÖVP in einem Online-Posting die Parteichefin der Pinken – um selbst die Antwort zu liefern, nämlich: Beate Meinl-Reisinger macht bei der Erbschaftssteuer einen Kurswechsel. Denn das, was die pinke Parteivorsitzende im ORF-Sommergespräch Anfang August gesagt habe („kommt nicht infrage“) sei nur Wochen später ins Gegenteil gekippt. Immerhin habe Meinl-Reisinger im Ö1-Interview am Samstag zugestanden, man könne sich Erbschaftssteuern als Partei jetzt doch „vorstellen“.
Stimmt das so?
Nun, die entsprechende Passage im Ö1-Mittagsjournal gibt das, was die Volkspartei Meinl-Reisinger nachsagt – nämlich eine stattliche „180-Grad-Wendung“ – letztlich einfach nicht her.
Abgesehen davon, dass die pinke Parteichefin an mehreren Stellen des nämlichen Gesprächs klar macht, dass die Steuerbelastung in Österreich viel zu hoch ist, schließt sie „kategorisch“ aus, dass zu den existierenden Abgaben noch eine weitere „on top“ dazu kommt.
Nur unter der Prämisse, dass die Steuerlast – beispielsweise bei den Lohnnebenkosten – deutlich sinke, könne man überhaupt über neue Vorschläge für Abgaben reden. Allerdings, so die weitere Einschränkung, müssten diese „realistisch“ sein und zudem sicherstellen, dass es zu keiner Besteuerung der breiten Masse bzw. des Mittelstandes kommt.
Ein klares „Ja“ zu Erbschaftssteuern klingt anders.
Partei-intern hat die von der ÖVP angezogene Debatte Meinl-Reisinger kein Problem bereitet, im Gegenteil: Die zugespitzte Kommunikation der Kanzlerpartei gilt in der Führungsriege der Neos als Beleg für die Nervosität der ÖVP und schließt dort eher die Reihen.
„Ihr seid so hin!“, wetterte etwa der Salzburger Unternehmer und frühere Neos-Abgeordnete Sepp Schellhorn in Richtung ÖVP.
Schellhorn ist nicht unbedingt dafür bekannt, jeden Schritt der Bundespartei zu goutieren oder gar zu verteidigen. In der konkreten Causa sieht der prominente Wirt, der in der Partei möglicherweise wieder eine zentrale Rolle einnehmen wird, aber ein Foul der Volkspartei.

Und auch Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker, der intern für gewöhnlich mit Kritik nicht hinterm Berg hält, bewertet die Debatte auf KURIER-Nachfrage als „eigenartig“: „Manche veröffentlichte Überschrift hat nicht zum Inhalt des Interviews gepasst. Beate Meinl-Reisinger hat die Position der Neos in Sachen Erbschaftssteuer nicht verändert oder abgeschwächt.“ Die laute: „Wir lehnen Erbschaftssteuern so lange ab, so lange die Abgabenquote von derzeit 43 Prozent nicht signifikant sinkt, weil wir insgesamt gegen jede Art von zusätzlichen Steuern sind.“
Was wäre signifikant? „Wären wir bei einer Abgabenquote wie beispielsweise die Schweiz, könnte man über die Frage einer Erbschaftssteuer – im Unterschied zu Substanz- und Vermögenssteuern – zumindest diskutieren.“ Derzeit sei das Thema aber obsolet, „da zu einer deutlichen Senkung der Steuerlast Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe wegfallen müssten“.
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