2015 begann ein Bieterkampf um die Unternehmensgruppe, dessen Härte in Österreich Seltenheitswert hatte. Die komplizierte Eigentümerstruktur aus katholischer Kirche, Raiffeisen und einer Privatstiftung begann sich aufzulösen. Auf der einen Seite stand der heimische Gaming-Konzern Novomatic des Selfmade-Industriellen Johann F. Graf, gegenüber die Sazka-Gruppierung (heute allwyn) des tschechischen Milliardärs Karel Komarek. In der Mitte die Staatsholding ÖBAG als Drittel-Eigentümer. Nicht die 12 großteils defizitären Inlandscasinos waren das Ziel der Begehrlichkeiten, sondern die Cashcow Lotterien samt Online-Lizenz.
Die Parteipolitik spielte bei den Postenbesetzungen auf oberster Ebene traditionell mit. So hüpfte der Ex-SPÖ-Abgeordnete Dietmar Hoscher aus der Politik direkt in den Vorstand. Die Vorstandsvorsitzenden Leo Wallner und später Karl Stoss zeichnete starke Nähe zur ÖVP aus.
Auch Glatz-Kremsner steht der ÖVP nahe, vor allem der niederösterreichischen, trotzdem verdankt sie den Sprung zur Konzernchefin nicht der Politik.
Das lief ganz anders.
Die in Budapest aufgewachsene Diplomatentochter ist Casinos-Urgestein. Sie startete ihre Laufbahn 1990 bei den Lotterien und baute das Lotto-Geschäft in Ungarn auf. Die Karriere schritt kontinuierlich voran. 16 Jahre später zog sie in den Vorstand der Lotterien ein, 2010 in den Konzern-Vorstand der Casag.
Während die Kollegen ausgiebig ihren Nebenjobs frönten, hielt Glatz-Kremsner die Stellung. „Die einzige im Vorstand, die wirklich hart gearbeitet hat“, sagen langjährige Mitarbeiter und Aufsichtsräte. Hoschers Leidenschaft galt Rapid und der Musik, Stoss war als Präsident des ÖOC wenig im Haus.
Rien ne va plus
Stoss wurde als CEO gegen Alexander Labak ausgetauscht, den Kandidaten der Sazka. Keine glückliche Wahl. Mit seinem Auftreten brachte Labak bald alle Player gegen sich auf. Die Trafikanten als wichtigste Vertriebspartner, Großkunden, die Belegschaftsvertreter und die Politik. Die Stimmung im Unternehmen war katastrophal, ebenso im Vorstand.
Die Eigentümer hatten dringenden Handlungsbedarf. Labak und Hoscher wurden verabschiedet. Novomatic nominierte den Ex-FPÖ-Bezirksrat Peter Sidlo als neuen Vorstand, Sazka den ehemaligen Erste-Banker Martin Skopek und Glatz-Kremsner wurde die Chefin, als einzige einstimmig bestellt.
Man brauchte dringend einen Troubleshooter, der das Unternehmen kannte. Der erfolgsverwöhnte Monopolist war in die schwerste Krise seines Bestehens gestürzt. Der Streit unter den Eigentümern eskalierte, als Sazka im Juni 2018 die Republik aus dem Aufsichtsrat kippen wollte, was nur mithilfe von Novomatic verhindert wurde. Als 2019 die Casinos-Affäre aufpoppte, war das Unternehmen beinahe täglich in den Medien und die Imagewerte katastrophal. Das Rauchverbot kostete 20 Prozent Umsatz und dann auch noch Corona.
Glatz-Kremsner schaffte es, Ruhe in die Firma zu bringen und bei den Casinos das härteste Sparpaket der Unternehmensgeschichte (ReFIT) durchzuziehen – ohne interne Aufstände. 30 Prozent aller Mitarbeiter mussten gehen.
Dass sie beim Sprung in den Vorstand 1,7 Millionen Euro Abfertigung erhielt, sorgte für viel Kritik. War aber de facto eine Änderungskündigung, denn als CEO erhielt sie um 25 Prozent weniger Gage.
Als Managerin hat die Mutter eines Sohnes nichts falsch gemacht. Ihr Ausflug in die Politik aber war, wie sie später selbst eingestand, ein Fehler. Begeistert von Sebastian Kurz und der türkisen Idee, wurde sie am 1. Juli 2017 zu seiner Stellvertreterin gewählt, was sie zwei Jahre lang blieb. Als Vorständin im Staatsumfeld keine gute Optik. Außerdem spendete sie 10.000 Euro an die ÖVP. Würde sie heute auch nicht mehr tun, sie habe nicht mit dieser medialen Wirkung gerechnet, sagte sie im U-Ausschuss.
Im Gegensatz zu den männlichen Beschuldigten hat Glatz-Kremsner alle Funktionen aufgegeben. Als Casinos-Chefin verlängerte sie 2022 nicht mehr und zog sich aus den Aufsichtsräten des Flughafens und der EVN zurück. Ihr Mandat im Generalrat der Nationalbank lief heuer aus. Wie alle ihre Ex-Kollegen kann sie sich jetzt über eine üppige Betriebspension freuen.
Kommentare