Buwog-Prozess: Als Grasser und Meischberger abgehört wurden
Lange hatten Prozessbeobachter darauf gewartet. Heute war es so weit: Erstmals wurden die Abhörprotokolle der Ermittlungsbehörden vorgespielt. Bekannt wurden diese unter anderem durch Lesungen im Audimax der Uni Wien, legendär ist seitdem die Frage des mitangeklagten Grasser-Trauzeugen Walter Meischberger, "wo woa mei Leistung", die heute aber noch nicht vorkam.
Wie Grasser und Meischberger in einer Prozesspause sagten, seien von den Ermittlern insgesamt 3.600 Telefongespräche abgehört worden und 150 davon verschriftlicht.
Bei den heute vorgespielten Gesprächen zwischen Meischberger und dem mitangeklagten früheren Immobilienmakler Ernst Karl Plech, versuchte Meischberger hauptsächlich den sehr nervösen Plech zu beruhigen, der eine Verhaftung fürchtete. Und auch Meischberger machte klar, dass die ganze Angelegenheit strafrechtlich heikel werden könnte. Abschließend hielt Meischberger aber bei demTelefonat fest: "Wir halten zusammen und gehen durch."
Keine Verträge - keine Klage
In einer Passage eines Telefonats zwischen Meischberger und Plech geht es offenbar um die 300.000 Euro, die Peter Hochegger zu viel von der Immofinanz erhalten hatte und nicht - wie vereinbart - mit Meischberger geteilt hatte. Meischberger meint, da müsse er jetzt eine Rechnung schreiben, "es ist nur die Frage, wie wir das machen". Plech erklärt, man könne das nicht einklagen, weil es keinen Vertrag dafür gibt.
Auch ein Telefonat zwischen Meischberger und Grasser wurde vorgespielt, bei dem sich die beiden über ein Angebot unterhielten, das ihnen von einem Insider gemacht wurde, der für 5000 Euro Interna aus der Staatsanwaltschaft besorgen wollte. "Ich bin wirklich sprachlos bei den Dingen, die du mir sagst. Dass das Land so korrupt und so beschissen funktioniert und so politisch gelenkt ist, macht mich wirklich sprachlos."
Der nächste Verhandlungstermin ist für Dienstag, 12.06., angesetzt.
Buwog-Prozess: Tag 37 im Live-Ticker
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Guten Morgen...
...aus dem Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht, wo es heute auf den Journalistenplätzen wieder Strom gibt, um die Laptops zu laden. Gleich geht es los.
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Es geht los
Wieder mit Meischbergers Tagebuch und einem Eintrag vom 9.11.2009.
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Die Leistungen des Anwalts
Parallel dazu sehen wir einen Auszug aus dem Leistungsverzeichnis des mitangeklagten Anwalts Toifl, der Meischberger damals vertrat. Bei einigen der vielen Treffen waren auch Plech und Grasser dabei, wie wir sehen.
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Bezeichnung OMEGA
In dem Leistungsverzeichnis ist unter dem Punkt "Bezeichnung in der Kanzlei Toifl" immer das Stichwort Omega eingetragen, was die Richterin wundert. "Das war kein Deckname, das hat einfach die Sekretärin so eingetragen, weil es ja immer wieder um die Omega ging", erklärt Toifl.
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Die Wohnung in Brisbane
Nun sehen wir wieder ein Vernehmungsprotokoll. Thema ist eine Wohnung in Brisbane, die zu 75 Prozent Meischberger und 25 Prozent der Familie Plech gehörte. "Das war ein Immobilieninvestment, nicht zur privaten Nutzung, auch wenn es möglich gewesen wäre", erklärt Meischberger. Im Grundbuch sei aber die Familie Plech als Eigentümer eingetragen, weil er selbst nicht als Eigentümer aufscheinen wollte.
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Im Todesfall
Im Einvernahmeprotokoll geht es nun wieder einmal um das Konto Karin, wem es gehörte und wer zeichnungsberechtigt war. Interessant ist Folgendes: Für den Fall seines Todes hatte Meischberger mit der Bank vereinbart, dass Plech über Existenz der Konten informiert werden soll, nicht seine Lebensgefährtin oder seine Töchter.
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Erinnerungsprobleme
Wie wir heute wissen, wusste Plech damals aber ohnehin von der Existenz der Konten. "Das ist alles schon so lange her", erklärt Meischberger den Widerspruch. "Oft weiß ich nicht einmal mehr, was ich vor fünf Tagen gegessen habe."
Plech hätte jedenfalls im Fall seines Todes informiert werden sollen, weil der ganz genau gewusst habe, wie Meischberger sein Vermögen verteilt haben wollte.
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Aufteilung ohne Vertrag
Sein Vermögen hätte im Todesfall zu 50 Prozent an seine Lebensgefährtin, zu je 25 Prozent an seine Töchter gehen sollen, sagt Meischberger. Plech hätte das so umgesetzt, obwohl das nicht vertraglich geregelt war, ist sich Meischberger sicher.
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Ins Stammbuch schreiben
Wenn er bei der Einvernahme manchmal taktisch ausgesagt habe, dann hätte er das getan, weil "Transparenz ist nur wichtig, wenn die Informationen richtig weiterverwendet werden", erklärt Meischberger mit Blick auf die Staatsanwälte. "Das können Sie sich auch in Ihr Stammbuch schreiben." Und weiter: "Wenn der Herr Staatsanwalt jetzt noch immer deppad lacht, dann soll er mal drüber nachdenken, was mit diesen Informationen passiert wäre, wenn sie auf dem Schreibtisch von irgendwelchen Journalisten gelandet wären. Er lacht noch immer, nur fürs Protokoll."
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Falsche Aussagen
Mit "taktisch ausgesagt", meint Meischberger übrigens "falsch ausgesagt", konkret beim Thema Kreditvertrag mit der Mandarin, mit der auch Grasser Geschäfte gemacht hatte, wie wir erfahren.
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Zur Erinenrung
Wir sind nun wieder bei Meischbergers MIP-Aktien und erinnern uns kurz an Meischbergers Aussage einige Verhandlungstage zuvor: Um Grasser, der im Vorstand der MIP war, zu helfen, als die sogenannten "Meinl-Rebellen" eine feindliche Übernahme zu planen begannen, habe er in einer Generalversammlung von seinem Stimmrecht Gebrauch machen müssen. Er wollte aber nicht persönlich dort auftreten und hatte deshalb mit einem sogenannten Securities Lending Vertrag versucht, Wicki bzw. der Mandarin Group alle Rechte und Pflichten des Wertpapierhalters zu übertragen. Am Ende scheiterte der Plan aber dennoch.
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Nicht da
Der Mitangeklagte schweizer Vermögensberater Norbert Wicki, um den es gerade geht, ist übrigens aus gesundheitlichen Gründen schon länger nicht anwesend.
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Freundschaftsgeschenke
In der Vernehmung wurde Meischberger gefragt, ob er regelmäßig Rechnungen für Grasser bezahlt, bzw. ein Vermögen für Grasser gehalten habe. Nein, sagt Meischberger. Man hätte sich nur hin und wieder gegenseitig Geschenke gemacht. Erinnern kann er sich an: eine gute Flasche Wein, einen Aschenbecher und öfters einen gebrauchten Golfschläger.
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Rechnung für Rechnung
Wir gehen das Einvernahmeprotokoll jetzt Schritt für Schritt durch, oder besser: Rechnung für Rechnung. Meischberger kann den Großteil nur Abnicken und hält es für "nicht relevant für das Verfahren". -
Die Sache mit der Telekom
Relevant sind die Rechnung allerdings wahrscheinlich für das Telekom-Verfahren, bei dem Meischberger und Hochegger ebenfalls angeklagt sind.
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Plech wusste nichts
Plech sei zwar im Aufsichtsrat der Buwog gesessen, aber das habe keine Rolle gespielt, weil Plech nicht in der Vergabekommission oder einer anderen relevanten Funktion war, erklärt Meischberger. Ob Plech gewusst habe, dass er das Geld aus dem Buwog-Deal nicht versteuert hatte, möchte die Richterin wissen. Meischberger gibt an, er habe Plech gesagt, dass es im Ausland versteuert worden war.
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Fehler behoben
Bei der Einvernahme zum Thema Konto Karin gab Meischberger an: "Ich habe es eröffnet und ich bin verfügungsberechtigt." Wie wir seit vorgestern wissen, war Plech aber offiziell der Inhaber - ein Fehler der Bank, wie Meischberger erklärt hat. "Als ich bei der Einvernahme so ausgesagt habe, war der Fehler dann bereits wieder ausgeglichen."
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Ausmistungsaktion
"Eines gibt es noch, was mir nicht gefällt", sagt Meischberger. Die Sache mit den Original-Dokumenten, die er immer vernichtet haben will. "Ich habe immer darauf geachtet, dass ich keine Dokumente zu Geschäften mit dem Ausland zu Hause hab. Nicht nur keine Origniale, auch keine Kopien." Besonders nachdem es eine Vermögensdebatte innerhalb der Familie gegeben hatte, habe er "ausgemistet". -
Pause
Er sei ja nicht der Ordentlichste, sagt Meischberger. Darum habe er Akten immer bei Vertrauensleuten gelagert. Die Richterin meint: "Also bevor Sie's verlieren, geben Sie's lieber gleich her?" Mit Gelächter geht es in die Pause.
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Wir machen weiter
Und zwar mit dem Tagebuch vom 10.11.2009.
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Schlauer Bursch
Im Tagebuch hat Meischberger festgehalten: "Der Staatsanwalt ist ein schlauer Bursch". "Ich habe aber damals nicht gedacht, dass das jemals im Großen Schwurgerichtssaal der Republik vorgelesen wird", sagt er.
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Zeitstufen
Er sei damals mit Rechnungen konfrontiert gewesen, die er nicht mehr "ad hoc" im Kopf gehabt hat. Das sei ihm trotzdem recht gut gelungen, und darüber sei er froh gewesen. Die verschiedenen Zeitstufen würden ihm generell zu schaffen machen, weil er muss sich ja immer an seinen Wissensstand zum jeweiligen Zeitpunkt erinnern, erklärt Meischberger. "Aber ich will darauf hinweisen, dass es mir immer ein großes Anliegen ist, Ihre Fragen zu beantworten", sagt er zur Richterin.
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Meischbergers Psychologievortrag
Und dann erklärt Meischberger, was das assoziative Gedächtnis ist: Es hilft dabei, Erinnerungslücken mit assoziierten Stücken aufzufüllen. Nach den vielen Jahren Ermittlung wisse er nun aber nicht mehr, welche Bruchstücke sein assoziatives Gedächtnis mittlerweile hinzugefügt hat. "Entschuldigung, aber das zu erklären war mir wichtig."
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Entspannung
Im Tagebuch steht auch, der Staatsanwalt hätte gesagt, er ermittle gegen Meischberger auch wegen Untreue. "Da bin ich aber sehr entspannt", hatte Meischberger gesagt. Er habe ja überhaupt kein schlechtes Gewissen wegen Untreue gehabt, erklärt er nun.
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Breite Schultern
Der Staatsanwalt habe damals bei der Verabschiedung gefragt, ob Meischberger wirklich für alle alles tragen wolle, ob seine "Schultern breit genug" seien, steht im Tagebuch.
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Protagonistenwechsel
Immofinanzchef Petrikovics habe er damals nicht gekannt, also sei ihm gar nicht klar gewesen, wie er ihm Beihilfe zur Untreue hätte leisten sollen, sagt Meischberger. Und Petrikovics sei damals ja der Hauptprotagonist gewesen, nicht wie heute Grasser. Auf Grasser und Plech hätte ihn der Staatsanwalt damals nicht angesprochen.
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Probleme mit Fiona
Am 11.11. schrieb Meischberger in sein Tagebuch, dass sich Grasser schon zwei Wochen nicht gemeldet habe. Allerdings könnte das auch an "Problemen mit Fiona" (Griffini-Grasser, aka Swarovski, Grassers Ehefrau, Anm.) liegen, die die ganze Sache als Grund nehmen könnte, sich von ihm (Grasser) abzuwenden. Allerdings: "Wir haben ihn alle oft genug gewarnt."
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Nicht für die Öffentlichkeit
Danach sehen wir ganz kurz eine Tagebuchseite, auf der Meischberger Namen von besonderen Freunden, Journalisten usw. notiert hat. "Ich möchte diese Seite gerne übergehen", sagt Meischberger. Seine persönlichen Gedanken über bestimmte Menschen hätten in der Öffentlichkeit nichts verloren. Die Richterin tut ihm den Gefallen.
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Interpretationsfehler
Im Tagebuch ist auch notiert, dass Meischberger damals im Hinblick auf das Buwog-Privatisierungsgesetzt nicht davon ausging, die Provision versteuern zu müssen. Das hatte allerdings nur er so interpetiert, wie er heute weiß. -
Schau mir in die Augen
Nun gehen wir doch zurück zu den überblätterten Seiten. Meischberger will aber nichts dazu sagen und blickt der Richterin stattdessen in die Augen, bis sie umblättern lässt.
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Neue Leute
Nachdem am Wochenende des 14.und 15.11.2009 eine neue Porr-Aufdeckung hinischtlich Terminal Tower in der Presse stand, habe Meischberger versucht, jemanden dort zu erreichen, da er selbst nach der Hausdurchsuchung ja keine Akten mehr gehabt habe. Es seien aber nur "neue Leute" dort gewesen.
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Akten, Akten, Akten
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KHG von der Rolle
Meischberge beschwert sich dann im Tagebuch, dass Grasser den Staatsanwalt wegen Amtsmissbrauch geklagt hat. "Wie kann er sowas machen, ohne sich vorher mit mir abszusprechen. Wie respektlos ist das eigentlich?" Über Toifl habe er erfahren, dass "KHG etwas von der Rolle ist".
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Grasser am Wort
Ein seltener Moment in diesem Verfahren: Grasser ergreift das Wort und erklärt, er wisse nichts davon, den Staatsanwalt geklagt zu haben, auch weil das gar nicht möglich sei.
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Doch keine Klage
Am 24.11. im Tagebuch: Meischberger habe erfahren, dass Grasser den Staatsanwalt doch nicht geklagt habe, nachdem er das erste Mal seit langem wieder mit ihm gesprochen habe.
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Zwei Investments
Grasser habe ihm auch "seine Story mit Wicki erklärt". "Was soll das heißen?", fragt die Richterin. "Die Geschichte über sein Investment und wie das alles angefangen hat", sagt Meischberger. Außerdem ist notiert: Grasser wolle mit Wicki den "heiklen Punkt" klären. Damit sei gemeint, dass sie beide ein Mandarin-Investment getätigt hätten, klärt Meischberger auf.
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Mittagspause
"Weils grad gut passt machma jetzt Mittagspause bis 13.30 Uhr", sagt die Richterin.
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Es geht weiter
Und jetzt wird es spannend. Wir hören zum ersten Mal ein abgehörtes Telefongespräch zwischen Meischberger und Plech.
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Erstes Abhörprotokoll
Wir hören, dass sich die beiden über Grasser unterhalten, dass er ganz komisch sei. Meischberger teilt Plech mit, dass er am Dienstag aussagen muss, Plech erklärt, auch bei ihm habe sich das Finanzamt gemeldet, weil es nach Meischbergers Aussage, Plech habe mitverdient, hellhörig geworden sei.
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Kein Vertrag
In dem Gespräch geht es darum, dass man Hochegger eine Rechnung stellen wolle, die dieser aber nicht bezahlen werde. Und: "Wo klagen ma das dann ein?" weil: "wir ham ja kan Vertrag"
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Aus dem Telefonat
"Die sitzen jetzt seit Mittwoch drüben, checken alles, reißen die Karin auf, reißen alles auf, alles, und das ist nicht ungefährlich, net?" - mit "die" sind die Ermittler der WKSta gemeint, "die Karin" ist natürlich das Konto Karin.
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Zweites Telefonprotokoll
Meischberger erklärt Plech, wieso es bei den Befragungen für Plech besser sei, Beschuldigter zu sein, als Zeuge: Als Zeuge stehe man unter Wahrheitspflicht, nicht als so als Beschuldigter.
"Aber wer macht so was? Wer steckt da dahinter?", möchte Plech wissen. Meischberger: "Da steckt gar niemand dahinter, glaub ich."
Später im Gespräch äußert Plech die Befürchtung, er könnte verhaftet werden. "Naaaaaaaa", sagt Meischberger. -
Grasser als Ziel
Außerdem teilt Meischberger Plech mit, nicht er sei das Ziel, sondern Grasser.
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Ähnlichkeiten
Und jetzt mischt sich Grasser abermals ein. Im Telefonat ist nämlich von einem Anwalt die Rede, dessen Nachname Grasser sehr ähnelt. Im Protokoll steht daher öfters Grasser, wo der Name des Anwalts stehen sollte. Grasser äußert den Verdacht, das könnte mit Absicht passiert sein.
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Pferde wechseln
Am Telefon unterhalten sich Plech und Meischberger darüber, ob man Toifl als Anwalt behalten soll, oder doch zu (Ex-Jusitzminister) Wolfgang Brandstetter wechseln. Meischberger: "Ich würde nie jetzt die Pferde wechseln"
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Mediale Garnierung
In dem Telefonat zeigt sich Plech sehr besorgt, während Meischberger permanent bemüht ist, ihn zu beruhigen. Man müsse Strafrechtliches von der "medialen Garnierung" trennen, sagt er.
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Nächstes Telefonprotokoll
Meischberger landet auf der Mobilbox von Herrn Z. "Wer ist das?", fragt die Richterin. "Mein Weinhändler", sagt Meischberger. Im Gespräch bittet er Herrn Z. um Rückruf, ob er es sich überlegt hat, oder "wie wir weitere Schritte" machen. Es ging um eine Weinlieferung, sagt Meischberger.
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Auftaupause
Eine Viertelstunde Pause, zum Auftauen. Hier drin ist es kalt, dass mir beinahe die Finger beim Tippen einfrieren.
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Es geht weiter
Mit dem nächsten abgehörten Telefongespräch zwischen Meischberger und Plech.
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Ruhige Stimme
Plech habe sich verfolgt und ungerecht behandelt gefühlt und sei ein Mensch, "der sich dann nur noch Sorgen macht", sagt Meischberger. Man dürfe seine ruhige Stimmlage am Telefon nicht falsch deuten, das sei seine normale Reaktion, wenn er wirklich Angst habe.
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