Buwog-Prozess: "Ich war kein Alphamännchen"

Am heutigen 27. Verhandlungstag wurde dort fortgesetzt, wo Richterin Marion Hohenecker vergangene Woche aufgehört hatte: bei der Befragung des angeklagten früheren Managers der Raiffeisen Leasing, S.
Die Richterin wiederholte viele Fragen aus der vergangener Woche, das änderte aber nichts daran, dass sich der Angeklagte mehrmals widersprach und in Erklärungsnot geriet.
Laut Anklage hatte S. die Rechnung über 200.000 Euro als Schmiergeldzahlung an Grasser für die Zustimmung zur Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Büroturm Terminal Tower freigegeben.
Rechnung verloren?
Eine der Hauptfragen blieb, warum der Angeklagte die Rechnung (die er nach eigenen Angaben ja für ein Honorar für die Finanzoptimierung durch die Porr Solutions hielt) monatelang hatte liegen lassen. Auf die Frage der Richterin, ob er sie anfänglich möglicherweise übersehen oder gar verloren hat, antwortete der Manager unsicher: "Ja, das kann sein".
Wieso ausgerechnet die Baukonzern-Firma Porr Solutions, und nicht die RLB OÖ, die Finanzierung optimiert haben soll, konnte der Angeklagte nicht so recht erklären. Er habe die Zahlung auch erst nach Rücksprache mit seinem Vorgesetzten freigegeben, weil dieser ihn davon überzeugt hatte, dass sie berechtigt sei. Letzteres überraschte die Richterin, da S. bei seiner Einvernahme durch die Kriminalpolizei ausgesagt hatte, er habe die Rechnung ohne Rücksprache freigegeben.
Wollte Rechnung gar nicht zahlen
Wie zuletzt betonte S., dass er die 200.000 Euro gar nicht zahlen habe wollen, aber der Druck vom Konsortialpartner Porr Solutions sei irgendwann zu groß geworden und man habe bezahlt.
Als nächster Angeklagter musste jener Vorgesetze, mit dem S. Rücksprache über die Zahlung gehalten haben will, aussagen. Auch dieser, Herr Sa., bekannte sich nicht schuldig und antwortete auf die meisten Fragen der Richterin: "Ich war da nicht involviert, Frau Rat". Wie zuvor umgekehrt, wies er die Verantwortung dem Angeklagten S. zu.
Hinweis: Weil unseres Erachtens kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Namensnennung von Angeklagten in der Causa Terminal Tower besteht, wird darauf verzichtet. Für alle erwähnten Personen gilt die Unschuldsvermutung.
Buwog-Prozess: Tag 27
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Guten Morgen
Wie immer melden wir uns live aus dem Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. Bevor die Staatsanwaltschaft mit ihrer Befragung startet, hat Richterin Hohenecker noch einige Fragen. -
Hörprobleme
Wie schon vergangene Woche gibt der Angeklagte bekannt, dass er schlecht hört und bittet um Verständnis, wenn die Fragen an ihn wiederholt werden müssen. -
Sitzungsprotokolle
Die Richterin geht die Sitzungsprotokolle der Terminal Tower Gesellschaft durch. -
Politischer Widerstand
Im Sitzungsprotokoll ist von einer nötigen "Überwindung des politischen Widerstands" die Rede. S. bestätigt, dass es einen solchen gegeben habe. Zur Erinnerung: Der ehemalige Finanzminister Grasser hatte mitten unter den Verhandlungen plötzlich seine Meinung zur Einmietung der Finanz in den Terminal Tower geändert und sich dagegen gestellt. Die Anklage vermutet, dass er das tat, um ein Bestechungsgeld für eine erneute Meinungsänderung zu erhalten. -
"Streng vertraulich"
Wir sehen nun jene Mail mit dem Betreff "Meischberger, streng vertraulich", die der Angeklagte Porr-Manager W. ausgeschickt hat, und in der von einer Zahlung über 200.000 Euro an Meischberger, abgerechnet über die zypriotische Astropolis, die Rede ist. Die Raiffeisen Leasing habe sich aber gegen die Zahlung ausgesprochen, erklärt W. Er sei davon ausgegangen, dass die Porr die Zahlung zugesagt hatte. -
Wiederholte Anfragen
"Es sind immer wieder solche Nachfragen gekommen, die wir abgelehnt haben, wie diese auch", erklärt der Angeklagte nun hinsichtlich der Zahlungsaufforderungen von Porr-Manager W. -
Bonuszahlung
Im Protokoll steht "Bonuszahlung an ARGE". Hohenecker fasst zusammen: "Also das heißt, dass die Baufirma noch etwas zusätzlich verrechnet". "Ja", sagt S. Man wäre dann entgegen gekommen und hätte bezahlt, damit "Ruhe einkehrt". Im Protokoll steht allerdings, dass die "PS" und die Raiffeisen Leasing die Zahlung abgelehnt haben. Das verwirrt die Richterin. "Ich nehm an, dass man sich im Nachhinein geeinigt hat", sagt S. -
Keine Wahrnehmung
Im Protokoll ist auch eine Zahlung von 200.000 Euro für Zusatzkosten der Porr erwähnt. Er habe dazu keine besonderen Wahrnehmungen, sagt S. -
Streichungen
Von dem besprochenen Protokoll gibt es noch eine zweite Fassung, in der von den 200.000 Euro keine Rede mehr ist. Die Richterin fragt, warum das in der zweiten Variante gestrichen wurde. "Ich habe beim besten Willen keine Erinnerung daran", sagt S. Er habe nicht veranlasst, dass der Satz gestrichen werde. -
Widersprüchliche Aussagen
Und hier widersprechen sich nun die beiden Angeklagten L. und S. Der Angeklagte L. hatte ausgesagt, dass die Streichung erfolgte, weil sowieso klar war, dass die 200.000 Euro zu zahlen waren. Die Richterin hält fest: "Das passt nicht zu Ihrer Variante, dass die Raiffeisen nicht zahlen wollte." -
Mitschrift
Es gibt auch eine handschriftliche Aufzeichnung eines Mitarbeiters aus der Sitzung: "Meischberger 200.000 Euro". S. kann dazu nichts sagen. -
"Leistung war da"
Dann stellte die Porr eine Rechnung über 240.000 Euro aus. Damit habe niemand eine Freude gehabt, sagt S. Aber: "Die Leistung war da, das war klar", darum wurde sie freigegeben. -
Rechnung blieb liegen
Die Rechnung wurde aber nicht von S, sondern vom Mitangeklagten L. freigegeben. Warum er geglaubt hatte, dass die Rechnung freigegeben worden war, will Hohenecker wissen. Ob er nicht nachgefragt habe, warum L. sie freigegeben habe? Die Rechnung sei ohnehin mehrere Monate auf seinem Schreibtisch liegengeblieben, ohne von seiner Seite freigegeben zu werden, sagt S. Und das, obwohl die Porr mehrmals um Freigabe gebeten hatte. Nach drei Monaten habe er die Rechnung dann aber abgezeichnet. Wobei: "Bezahlt hab' ich nie gerne." -
Geschäftsführungsentscheid
Am Ende habe er die Rechnung abgezeichnet, weil die Interventionen der Porr immer heftiger geworden sind. Er sei dann zur Geschäftsführung gegangen, die ihm gesagt habe, dass die Rechnung zu zahlen sei. Das sei passiert, weil es wohl Absprachen innerhalb der Geschäftsführung gegeben habe, vermutet S. -
Es ist Frühling geworden
...auch im Gerichtssaal. Meischberger mittlerweile in Jeans statt Anzug, Grasser mit grasgrüner Krawatte. -
"Haben Sie die Rechnung verloren?"
S. hat schließlich eine Unterschrift auf eine gefaxte Rechnung gesetzt, nicht auf jene, die er von L. erhalten hatte. "Hben Sie die Rechnung vielleicht verloren und deshalb ist sie so lange nicht bezahlt worden?", fragt Hohenecker. "Möglich", sagt S. Er habe aber keine Erinnerung. -
Fax unterschrieben
"Haben Sie vielleicht die Rechnung bei der Geschäftsführung abgegeben? Ham Sie's da verschmissen?" Hohenecker versucht der Frage auf den Grund zu gehen, warum S. ein Fax - und nicht die Originalrechnung - unterschrieben hat. -
Kurze Pause
..für den Angeklagten und alle Zuhörer. -
Und es geht weiter.
Einmal mehr mit dem bereits lange und breit besprochenen Rechnungsdeckblatt, auf dem "'Rg. Astropolis" steht. S. erklärt, er habe es nie gesehen. -
Einvernahmeprotokolle
Hohenecker geht jetzt mit S. dessen Einvernahmeprotokolle durch. -
Übrigens...
Grasser-Anwalt Ainedter ist heute nicht im Saal. Vertreten lässt er sich von seinem Sohn Klaus. -
Freigabe
"Von wie vielen Seiten mussten die Rechnungen der Bauunternehmen freigegeben werden?" fragt die Richterin. "Von den beiden Partnern", sagt S. -
Gute Stimmung
Die Stimmung innerhlab des Konsortiums soll gut gewesen sein und "nicht vergiftet", wiederholt der Angeklagte seine Aussage aus dem Ermittlungsverfahren. -
Protokoll falsch
Im Protokoll soll einiges nicht ganz richtig niedergeschrieben sein, was die Freigabe der Rechnung betrifft, rechtfertigt S. nun die Unterschiede zwischen den Aussagen aus dem Ermittlungsverfahren zu jenen in der Hauptverhandlung. -
Nicht allein dort sitzen
Die Richterin möchte wissen, wieso er bei einer Einvernahme als Zeuge bereits einen Anwalt mitbrachte. "Er war da, damit ich nicht alleine dort sitzen muss", sagt S. - das sorgt für Schmunzeln im Saal. -
Neu schreiben
Wieso aber hat S. das Protokoll denn unterschrieben, wenn es unrichtig war? "Ich hätte es ganz neu schreiben müssen", sagt er. -
Lange Befragung
Die Richterin wirkt nun langsam ungeduldig. Der Ton ihrer Fragen ist scharf. Auch der Angeklagte seufzt wiederholt hörbar ins Mikrofon. -
Widersprüchliche Aussagen
In der Einvernahme der Ermittlungsbeamten hatte S. angegeben, er hätte die Rechnung ohne Absprache mit der Geschäftsführung freigegeben. Heute sagt er das Gegenteil. Er sei damals nervös gewesen, weil es ja seine erste Zeugenbefragung war, rechtfertigt er sich. -
Verwirrung
Die Richterin fragt nun, ob die Zahlung der 200.000 Euro über die Porr an die Astropolis erfolgt sei, oder an die Porr selbst. Der Angeklagte gibt keine präzise Antwort, sagt nur: "Wir haben das alles abgelehnt." -
Alles abgelehnt
Hohenecker: "Was haben Sie abgelehnt? Eine Zahlung an die Porr oder an Meischberger und Plech?" S.: "Na beides." -
Wieder Unstimmigkeiten
Im Einvernahmeprotokoll ist festgehalten, S. habe gesagt, Plech sei ein Kontaktmann zu Grasser gewesen. Wie er darauf kam, weiß er heute nicht mehr, es sei ihm wahrscheinlich so gesagt worden. -
Im Kreis
Die Befragung dreht sich nun wirklich im Kreis. Hohenecker fragt die selben Fragen wie in der Vorwoche, doch S. kann immer noch keine präzisen Antworten geben. -
Reserve
Auf die Frage der Richterin, woher die 200.000 Euro gekommen seien, erklärt S., es habe eine Reserve für allfällige Kosten gegeben, aus der das Geld stammte. -
Hand im Feuer?
S.s Vorgesetzt hatte in einer Vernehmung ausgesagt, er lege für keinen seiner Mitarbeiter die Hand ins Feuer. Das verstehe S. nicht, sagt er. -
Einer fehlt noch
Der genannte Vorgesetzte ist übrigens der letzte noch nicht befragte Angeklagte in der Causa Terminal Tower. -
Mittagspause
Sie entschuldigen die Wortwahl aber "Ufffffffffff". Dieser Vormittag war zäh. Jetzt geht es erst einmal in die Mittagspause bis 14.00 Uhr. -
Gleich ist die Pause um
Die Staatsanwaltschaft ist schon in den Startlöchern und nimmt schon einmal auf den Plätzen für die Befragung platz. -
Keine Fragen
Senat und Schöffen haben keine Fragen, die Staatsanwälte beginnen ihre Befragung. -
Austausch auf höherer Ebene
Es habe öfters einen Austausch zwischen seinem Vorgesetzen Sa. und Porr-Generaldirektor Pöchhacker gegeben, sagt S. auf Frage von Staatsanwalt Denk. -
Generaldirektorensache
Die Generaldirektoren Pöchhacker (Porr) und Scharinger (RLB OÖ) hätten Kontakt mit dem BMF gehabt, sagt S. Er selbst habe damit nichts zu tun gehabt. -
Projektpräsentation
Staatsanwalt Marchart will nun wissen, wer wann das Projekt Terminal Tower der RLB OÖ präsentiert hat. S. weiß das nicht, das sei intern abgelaufen. Der Angeklagte Ex-Porr-Manager W. soll aber nicht dabei gewesen ein. -
Kostenaufstellungen erklären
Der Staatsanwalt geht nun Kostenaufstellungen duch. Er möchte wissen, welche Positionen was bedeuten. Es gäbe bei den 50.000 Euro für Marketing und ähnliches keinen Bezug zu den 200.000 Euro oder zu Meischberger, wie es der Staatsanwalt vermutet, sagt S. -
Wir rechnen wieder
Wir sehen nun sogenannte Kostenkontrollrechnungen, in denen auch die 200.000 Euro aufgelistet sind. Marchart lässt sich die Zahlungsbewilligung nun von S. erklären. -
Rätsel um Kosten
Interessant ist, dass in dieser Kostenaufstellung steht: "Bewilligte Kosten 200.000 Euro", "Erwartete Kosten 200.000 Euro", "Bezahlte Kosten 0,-". S. kann aber nicht erklären, warum das so dasteht. -
Ainedter jr. am Wort
Die Staatsanwälte haben keine weiteren Fragen. Klaus Ainedter, statt seinem Vater heute Grassers Anwalt, übernimmt die Befragung. -
Fragen der Anwälte
Ainedter jr. möchte wissen, ob S. Wahrnehmungen zu einer Involvierung von Grasser hat. "Nein". Auch Meischberger habe er nicht wahrgenommen, sagte er auf Frage von dessen Anwalt Zarbl. -
Wieder Sitzplatzwechsel
Nun übernimmt der Anwalt des bereits erwähnten Vorgesetzten Sa. -
Keine Erinnerung
Sa.s Anwalt möchte wissen, wie es genau abgelaufen ist, als S. mit der Rechnung über 200.000 Euro zur Geschäftsführung ging. S. hat dazu keine Erinnerung. -
Der Nächste bitte!
Damit ist die Befragung von S. zu Ende. Die Richterin verordnet 15 Minuten Pause, dann geht es mit dem nächsten Angklagten weiter. -
Es geht weiter
Der Angeklagte Sa., ehemaliger Geschäftsführer der Raiffeisen Leasing und damit Vorgesetzter des Angeklagten S., erklärt sich nicht schuldig. Seit 2012 ist er in Pension.
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