Bundesstaatsanwaltschaft: Die fünf unabdingbaren Punkte

Wie soll, ja muss die von der Bundesregierung versprochene Bundesstaatsanwaltschaft in der Praxis aussehen?
Koordiniert von Anti-Korruptionsexperte Martin Kreutner hat am Mittwoch ein hochkarätiges, aus neun Expertinnen und Experten bestehendes Gremium Kriterien präsentiert, die für die neue Behörde unabdingbar erscheinen.
Zu den Unterstützern der Initiative gehören Ex-Bundespräsident Heinz Fischer, der Leiter der ersten Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft Walter Geyer, der frühere Minister und Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Clemens Jabloner sowie Verfassungsexperte Heinz Mayer.
Was sind nun die fünf wesentlichsten Punkte?
Keine politische Kontrolle
Gemäß Verfassung sind Staatsanwältinnen „Organe der ordentlichen Gerichtsbarkeit“. Dementsprechend ist es für das Gremium logisch, dass die Organe nicht (partei-)politisch besetzt werden. „Staatsanwälte müssen von der Gerichtsbarkeit bestellt werden - nicht von der Politik“, sagt Heinz Mayer. Eine politische oder gar parlamentarische Kontrolle von Einzelfällen ist - in welcher Form auch immer - für die Experten undenkbar und „unmissverständlich abzulehnen“. Das bedeutet: Auch im Nachhinein sollen einzelne Entscheidungen der Bundesstaatsanwaltschaft oder von einzelnen Staatsanwälten nicht im Nationalrat oder dort eingerichteten Ausschüssen kontrolliert bzw. korrigiert werden.
Fachpersonal ist gefragt
Geht es nach den Experten, können ausschließlich qualifizierte Staatsanwältinnen oder Richterinnen mit langjähriger Praxis als Leiter für die Bundesstaatsanwaltschaft in Frage kommen. „Die Weisungsspitze muss über jeden Verdacht einer politischen Lenkbarkeit erhaben sein“, sagt Ex-Präsident Fischer. Bei der Frage nach der Amtsperiode kann sich das Gremium neun bis zwölf Jahre vorstellen.
Keine „Side Letters“
Die Wahl von Mitgliedern der Bundesstaatsanwaltschaft durch den Nationalrat scheidet für die Experten aus. Auch „Side Letters“, in denen Koalitionsregierungen Personalentscheidungen vorwegnehmen, lehnt das Gremium ab. Die Politik soll im Zuge der Bestellung zwar das Recht haben, Alternativvorschläge zu fordern. Unterm Strich sollen aber die Justiz selbst bzw. entsprechende Personalsenate über die konkreten Personen entscheiden.
Fachaufsicht bleibt kollegial
Die Experten begrüßen den Plan, dass ein aus mehreren Staatsanwälten bestehendes Gremium die Fachaufsicht übernimmt und Entscheidungen in Einzelfällen beurteilt. Die Idee, dass am Ende öffentlich wird, welcher Bundesstaatsanwalt in einzelnen Causen wie entschieden hat, lehnen die Experten ab.
Weniger Instanzen und Berichte
Der frühere Korruptionsjäger Walter Geyer fordert, dass durch die neue Behörde auch die bei Promi-Fällen (clamorose Fälle) gebotenen Berichtspflichten deutlich zurückgehen. Dies sei auch im Vergleich zu den Gerichten geboten. Denn während bei Strafgerichten ausnahmslos nur eine (Kontroll-) Instanz vorgesehen ist, sei es bei clamorosen Fällen (Buwog, Signa, etc.) derzeit gesetzlich geregelt, dass in der Praxis mindestens vier Instanzen die Arbeit der Staatsanwaltschaften kontrollieren - und zwar bevor diese im Zuge eines Strafverfahrens vor Gericht landet, wo sie von einem unabhängigen Richter erneut beurteilt wird.
Laut Geyer gibt es bei clamorosen Fällen einen „Kontroll-Exzess“, der viel Arbeit und Zeit koste. Ein weiteres Problem: Die nur bei Promi-Fällen vorgesehenen Berichtspflichten widersprechen dem Grundsatz des Staatsgrundgesetzes, wonach vor dem Gesetz alle Staatsbürger gleich sind.
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