Und so war am Wochenende gleich in mehreren Tageszeitungen die Spekulation aufgetaucht, dass der nächste Wechsel an der Spitze des türkisen Regierungsteams bevorstehen würde. Karl Nehammer werde abdanken. Als möglicher Nachfolger wurde unter anderem Finanzminister Magnus Brunner genannt. Das wäre der vierte Kanzler in der türkis-grünen Regierung.
In der ÖVP wird jedenfalls seither auf allen Ebenen heftig dementiert – und über mögliche Quellen spekuliert. Weder auf Bundesebene noch in den Landesparteien sei eine derartige Personalrochade ein Thema gewesen, heißt es von Parteiinsidern. Auch nicht in Tirol, wo am 25. September gewählt wird und im Vorfeld Umfragen der Landes-ÖVP einen bitteren Wahlsonntag voraussagen. „Wir haben großes Interesse daran, dass es in Wien möglichst keine Turbulenzen gibt“, erklärt ein Innsbrucker ÖVP-Mann gegenüber dem KURIER. Bundeskanzler Karl Nehammer werde jedenfalls im Wahlkampf seine Auftritte in Tirol haben.
Und was würde nach einer Wahlniederlage in Tirol passieren? Müsste dann der Kanzler wegen eines möglichen Absturzes der ÖVP unter Anton Mattle die Konsequenzen tragen? Da hätten die Niederösterreicher etwas dagegen, die voraussichtlich Ende Jänner 2023 wählen. Sie haben großes Interesse daran, dass im Kanzleramt alles gleich bleibt, wie aus St. Pölten zu hören ist. Man sei zwar nicht immer zufrieden, wie das Umfeld von Nehammer agiere, der Kanzler selbst genieße aber weiter volle Unterstützung, so die Reaktion aus der stärksten Landespartei. Erstens wolle man nicht, dass der Wahlkampf von Querelen in der Bundespartei überlagert werde. Zweitens gilt Nehammer als Ex-Mitarbeiter der Landespartei als einer der Ihren.
Offiziell reagierte ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner auf die Spekulationen: „Das kann nur von außen kommen. Das ist nicht die Stimmungslage in der ÖVP.“ Finanzminister Magnus Brunner, der als möglicher Kanzler-Nachfolger gehandelt wird, ließ wissen: „Ich beteilige mich nicht an künstlichen Sommerlochdebatten. Wir haben als Regierung die Aufgabe, gegen die Folgen der vielfältigen Krise zu kämpfen. Karl Nehammer ist ein ausgezeichneter Bundeskanzler und Krisenmanager, ich bin der Finanzminister an seiner Seite.“
Auch die Grünen argumentieren mit der Krise: Die Regierung habe genug zu tun, die Grünen wollen Personalspekulationen nicht durch Kommentare befeuern. Laut Grünen hätten sie auch nicht wahrgenommen, dass in der ÖVP über den Kanzler debattiert werde, sie kennen das nur aus Medien.
Tatsächlich war beim Sommerministerrat in Mauerbach von Wechselambitionen nichts zu spüren. Deswegen vermutet auch das Umfeld von Karl Nehammer, dass die Gerüchte nicht aus der ÖVP stammen. Vielmehr werde versucht, den Kanzler damit „weichzuklopfen“, um so Neuwahlen vom Zaun brechen zu können. Nachsatz eines Kanzler-Vertrauten: „Da werden sich einige täuschen. Das macht den Karl Nehammer nur noch kämpferischer.“
Nehammer selbst sieht in den Berichten eine "offensichtliche mediale Sommerlochdebatte", wie er am Rande des Energiegipfels am Montagabend erklärte.
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