Brunner "Bin kein Freund von Eingriffen in den Markt“

Fernsehinterview mit Finanzminister Magnus Brunner.
ÖVP-Finanzminister über die 17 Milliarden Euro Defizit im kommenden Jahr, einen europäischen Gaspreisdeckel, die Abschöpfung von Zufallsgewinnen und den Vollkaskostaat.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hat sein erstes Budget vorgelegt. Im Gespräch mit dem KURIER erklärt er, dass nach den Krisen wieder nachhaltiger geplant werden muss.

KURIER: Sie haben Ihr erstes Budget unter den Titel „Verantwortung für morgen“ gestellt. Bei einem Defizit von 17 Milliarden Euro, bis zu welcher Generation reicht da dieses Morgen?

Magnus Brunner: Wir müssen jetzt viel Geld in die Hand nehmen, um diese Krisensituationen meistern zu können. Das tun wir ganz intensiv. Aber Sie haben recht, wir müssen in der Zukunft, in der nahen Zukunft, wenn die Krisen vorbei sind, wieder zu nachhaltigen Budgetpfaden zurückkehren. Nicht aus Selbstzweck, sondern weil wir uns Spielräume schaffen müssen.

Insgesamt wird jedenfalls derzeit sehr viel ausgegeben. Können wir uns das überhaupt noch leisten?

Wir können es uns nicht leisten, jetzt nicht zu helfen. In der momentanen Phase der Teuerung müssen wir die Bevölkerung, aber auch die Unternehmen unterstützen. Das tun wir vor allem im internationalen Vergleich in großem Ausmaß. Aber nach den Krisen müssen wir zur nachhaltigen Budgetplanung, zur nachhaltigen Fiskalpolitik zurückkehren, um wieder Spielräume für die Zukunft schaffen zu können.

Brunner: Europäische Ebene bei Gasdeckel entscheidend

Aber was kommt noch? Es wird von einem Gaspreisdeckel gesprochen. Könnte es da, ähnlich wie in Deutschland, einen österreichischen Alleingang geben?

In Österreich wirkt ab Dezember die Stromkostenbremse, damit entlasten wir Haushalte um durchschnittlich 500 Euro pro Jahr. Das ist ein wichtiger Punkt. Beim Gaspreisdeckel ist die europäische Ebene entscheidend. Wir können nicht auf fast alles nationale Deckel einführen. Das klingt zwar populär, ist aber auf den zweiten Blick vielleicht nicht sinnvoll.

Die SPÖ hat bei einer Versammlung gefordert, dass der Staat im Monat Dezember die Gasrechnung für private Haushalte und Unternehmen übernimmt. Was halten Sie davon?

Das klingt auf den ersten Blick wieder sehr populär. Aber okay, man kann natürlich immer über alle Vorschläge diskutieren. Übrigens heizt nicht einmal ein Viertel der österreichischen Haushalte mit Gas. Daher sollte man sich Zeit nehmen, es seriös zu diskutieren.

Das klingt allerdings nicht nach einem Nein.

Video: Interview mit Finanzminister Magnus Brunner

Ich stehe jedem Vorschlag offen gegenüber. Nur: Nicht alles, was auf den ersten Blick populär klingt, ist auf den zweiten Blick immer sinnvoll.

Der Finanzminister zum Verhältnis zwischen Staat und Privat

Was bei dieser SPÖ-Versammlung auch diskutiert worden ist, ist das Verhältnis zwischen Staat und Privat. So wurde beispielsweise die Verstaatlichung der OMV gefordert.

Das klingt jetzt auch etwas populistisch. Was natürlich schon stimmt, ist, dass sich die Situation verändert hat. Gerade was die Versorgungssicherheit anbelangt, überlegen wir derzeit, wie wir das in Zukunft besser organisieren können. Ich habe deswegen schon vor Wochen der ÖBAG, unserer Beteiligungsgesellschaft, den Auftrag gegeben, sich das genau anzuschauen. Da erwarten wir bis Ende des Jahres auch konkrete Vorschläge.

Es geht immer auch darum, wie sehr der Staat in den freien Markt eingreifen soll. Bei der Steuer auf Zufallsgewinne macht er das bereits.

Ich bin prinzipiell kein Freund von Eingriffen in den Markt. Aber in so schwierigen Zeiten wie diesen glaube ich, dass auf europäischer Ebene sehr wohl eingegriffen werden muss. Bei der Besteuerung der Zufallsgewinne folgen wir einer europäischen Vorgabe. Ich glaube, wir setzen das sinnvoll und intelligent um.

Der Blick richtet sich auf Energieversorger. Aber die stecken ja teilweise selbst in Schwierigkeiten.

Derzeit sind uns keine finanziellen Probleme von Energieversorgern bekannt, aber das ist es, was ich immer in die Diskussion über die Abschöpfung eingebracht habe. Es wird dabei für den Staat nicht so viel herauskommen, wie manche meinen, weil die Marktsituation für viele Energieversorger auch nicht so leicht ist.

Angesichts der vielen Hilfsmaßnahmen ist der Begriff des Vollkaskostaats aufgetaucht, der immer hilft.

Das ist eine Entwicklung, die nicht gut ist. Wir können nicht als Staat zu 100 Prozent jede Krise auf der Welt kompensieren. Deswegen plädiere ich dafür, das Steuergeld auch wieder mehr wertzuschätzen und Dimensionen wieder gerade zu rücken. Es wäre dringend notwendig, diese Erwartungshaltung wieder zurückzuschrauben.

Es wartet ein weiterer Brocken fürs Budget. Die Mediensprecherin der Grünen hat vorgeschlagen, den ORF in Zukunft aus dem Budget zu finanzieren.

Auch das werden wir uns in Ruhe anschauen und bewerten. Für das kommende Jahr ist es nicht budgetiert.

Kommentare