Botschafterposten an Ex-Kurz-Sprecher: Anderer Bewerber entschädigt

Die Verhandlung findet am Freitag am Bundesverwaltungsgericht statt.
"Presse": Im Fall der Besetzung des Botschafterpostens in Abu Dhabi mit Kurz-Pressesprecher Berchtold sieht Bundesverwaltungsgericht Gleichbehandlungsgesetz verletzt.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) spricht einem Diplomaten 15.000 Euro als Entschädigung im Fall der Besetzung des Botschafterpostens in Abu Dhabi mit dem früheren Pressesprecher von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Etienne Berchtold, zu. Der übergangene Bewerber sei wegen seiner Weltanschauung und seines Alters diskriminiert worden, berichtet "Die Presse" (Montag). Er gilt als Vertrauter der früheren parteifreien Außenministerin Karin Kneissl und FPÖ-nah.

Für die Stelle hatten sich im Herbst 2021 elf Männer und eine Frau beworben. Dies nur wenige Tage, nachdem der ehemalige Bundeskanzler und ÖVP-Chef Kurz seinen Amtsrücktritt erklärt hatte. Mitte 2022 bekam der langjährige Vertraute des Ex-Regierungschefs die Stelle.

Berchtold ist Jurist. Er war unter anderem im Wirtschaftsministerium und als Pressesprecher von Shell Österreich tätig, bevor er 2013 in den höheren auswärtigen Dienst eintrat. Ab diesem Zeitpunkt fungierte er dann als Pressesprecher für Kurz.

Besser, wenn nicht bestgeeignet

Als der übergangene Bewerber von der Entscheidung erfuhr, beantragte er mit Verweis auf seine um mehr als 20 Jahre längere diplomatische Erfahrung ein Gutachten der Bundesgleichbehandlungskommission. Diese hielt fest: Das zuvor erstellte Gutachten der Beurteilungskommission sei nicht sachlich begründet. Auch weise es Anzeichen weltanschaulicher Motivation auf.

Das Außenministerium lehnte indes eine Entschädigung ab. Aus dessen Sicht, waren mindestens vier der zwölf Bewerber besser qualifiziert als der Diplomat, berichtet "Die Presse". Zudem sei dieser durch verschiedene negative Verhaltensweisen aufgefallen: Er soll unter anderem Mitarbeiter aufdringlich zu persönlichen Angelegenheiten befragt und sexistische Witze gemacht haben.

Das BVwG gibt indes laut der Zeitung dem übergangenen Bewerber recht. Er wäre für die Stelle besser als Berchtold geeignet gewesen - und sei somit diskriminiert worden. Er habe allerdings keinen finanziellen Schaden erlitten, entschied das Gericht. Da er die Stelle auch bei diskriminierungsfreier Auswahl "ohnehin nicht besetzt" hätte, habe er auf weitere Entschädigung keinen Anspruch. Die 15.000 Euro wurden ihm wegen "erlittener persönlicher Beeinträchtigung" zugesprochen.

Diskriminierungsfälle keine Seltenheit

Fälle wie diese sind in Österreich keine Seltenheit. So erhielt kürzlich auch ein Beamter im Bundesamt für Korruptionsbekämpfung eine Entschädigung über 15.000 Euro, berichtete die Zeitung weiter. Er war 2018 bei einer Ausschreibung gegenüber einer Frau unterlegen. Gegangen ist es um die Leitung des Referats "Bürgernahe Polizeiarbeit - Gemeinsam.Sicher" unter dem damaligen Innenminister, Herbert Kickl (FPÖ).

Das BVwG und die Bundesgleichbehandlungskommission orteten beide eine Diskriminierung wegen des Alters und des Geschlechts.

Zusätzlich zu der Entschädigung konnte dieser Mann wiederum im Zivilrechtsweg seinen Verdienstentgang geltend machen. Bei einer korrekten Besetzung wäre er zum Zug gekommen, hieß es. Ihm wurden rechtskräftig weitere 58.274,98 Euro zugesprochen.

439.730,82 Euro an Schadensersatz

Seit 2006 mussten österreichische Ministerien aufgrund "Diskriminierung wegen Weltanschauung" mindestens 439.730,82 Euro an Schadensersatz leisten - das geht aus gemeinsamen Recherchen des Magazins "profil" und dem ORF-Report hervor. Besonders betroffen ist demzufolge das Innenministerium, auf das 145 der insgesamt 207 Anträge entfallen. In 107 Fällen hat die Bundesgleichbehandlungskommission eine parteipolitische Bevorzugung festgestellt, 76 der stattgegebenen Fälle betrafen das Innenministerium.

Das Innenministerium betonte gegenüber "profil", dass nur 1,3 Prozent aller Postenbesetzungen vor der Kommission landen - ein "relativ geringer Prozentsatz", der die Annahme eines überproportional hohen Anteils an Beschwerden infrage stelle.

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