Projekt geplatzt
Christian Kern, der nach seinem Ausstieg aus der Politik 2018 in die Privatwirtschaft zurückgekehrt ist, tritt in der Causa als Gesellschafter eines Unternehmens in Erscheinung, das sich an einem Projekt beteiligt hat. Dabei ging es um die Herstellung von modularen Fertigteilen, etwa für Lagerhallen oder Bürotürme am heimischen Markt.
Das Projekt aber scheiterte. Zu den Gründen erklärt Kerns Anwalt Paul Kessler im KURIER-Gespräch, dass einer der Beteiligten (ein Wiener Unternehmen) seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei. Deshalb habe der andere Beteiligte (ein osteuropäisches Unternehmen) nicht produzieren können.
Kerns Gesellschaft habe 200.000 Euro investiert, den Verlust aber rasch abgehakt, sagt Kessler. „Aus dem Nichts“ hätten die Wiener dann eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. Darin wird Kern und zwei weiteren Personen (den Osteuropäern) schwerer Betrug vorgeworfen.
Die Vorwürfe hätten „null Substanz“, sagt der Anwalt. Kern sei nur einer von vier Gesellschaftern, habe keine Organfunktion – und derlei Verhandlungen seien Sache der Geschäftsführung. Dass sein Mandant namentlich genannt wird, liege schlicht daran, dass er „der berühmteste Kopf in der Runde“ sei. Die Wiener würden „Druck aufbauen“, um ihr Geld zurückzubekommen. Die Anzeige sei ein „Racheakt“, so Kessler.
Die Rolle von Ex-Kanzler und Investor Kern dürfte aber doch etwas intensiver gewesen sein – zumindest nach den Schilderungen von Volkert Sackmann, Anwalt des besagten Wiener Unternehmens, der Sveta Group.
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„Kein Racheakt“
Kern habe den Deal entriert und eingefädelt und sich dann, kurz vor Unterfertigung des Vertrags, als Partner mit seiner Gesellschaft zurückgezogen, schildert Sackmann. Stattdessen habe Kern eine unter gleichem Namen firmierende – allerdings nunmehr slowakische – Gesellschaft als Vertragspartner empfohlen und selbst weiterhin als Ansprechpartner fungiert.
Die Verrechnung sei über Kerns österreichische Gesellschaft abgewickelt worden. In Summe habe die Sveta Group eine Million Euro überwiesen – wohin, entziehe sich ihrer Kenntnis. Das Projekt sei gescheitert, „weil niemand bereit war, noch mehr gutes Geld schlechtem hinterherzuwerfen“, sagt Sackmann.
Die Anzeige sei jedenfalls kein „Racheakt“: „Die Anzeigerin fühlt sich massiv getäuscht, ausgenutzt und hintergangen.“ Für die Million habe die Sveta Group überhaupt keine Gegenleistung, also keine Bauteile, erhalten.
Das Verfahren befindet sich noch im Anfangsstadium. Die Sachverhaltsdarstellung stammt von Februar, Kern wurde im Mai vom Landeskriminalamt in Wien einvernommen. Bei schwerem Betrug mit einem Schaden, der 300.000 Euro übersteigt, drohen bis zu zehn Jahre Haft.
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