Beschleunigte Bauverfahren: VfGH-Präsidentin kritisiert Gesetz

VfGH-Präsidentin Brigitte Bierlein
Bierlein plädiert auch für eine Lösung für Lehrlinge, die von Abschiebung bedroht sind.

Die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs (VfGH), Brigitte Bierlein, hat sowohl die Entstehung als auch den Inhalt des Standortentwicklungsgesetzes kritisiert. Dass das hauptbetroffene Umweltministerium seine Begutachtungsstellungnahme nicht öffentlich gemacht hat, bezeichnete sie in der Ö1 "Im Journal zu Gast" am Samstag als "etwas eigenartig".

Begutachtungen seien zweckmäßig. "Es mutet etwas eigenartig an", dass Stellungnahmen nicht veröffentlicht werden. Eine Veröffentlichung sei zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, die Geheimhaltung aber "ungewöhnlich", so Bierlein.

Amtsgeheimnis nicht mehr zeitgemäß

Die VfGH-Präsidentin kritisierte überhaupt, die mangelnde Transparenz des Staatsapparats. Österreich sei hier Schlusslicht. Das Amtsgeheimnis sei nicht mehr zeitgemäß, zumindest nicht in allen Bereichen, so Bierlein, die sich dafür aussprach, die ins Stocken geratene Reform des Amtsgeheimnisses wieder zu beleben.

Kritisch zeigte sich Bierlein auch zum Inhalt des Standortentwicklungsgesetzes. Eine Verfahrensbeschleunigung sei ein legitimes Ziel, aber das müsse innerhalb des rechtlichen Rahmens geschehen. Die Abwicklung von UVP-Verfahren (Umweltverträglichkeits-Prüfverfahren) nur in erster Instanz oder nach Ablauf einer Frist "ist zumindest sehr problematisch", sagte die Höchstrichterin.

Bierlein pro Bleiberecht für Asylwerber in Lehre

Aufhorchen ließ sie mit dem Vorschlag, das Problem der Abschiebung von Lehrlingen gesetzlich zu lösen, aber nicht "auf der Asyl-Schiene". Wenn das öffentliche Interesse gegeben sei, solle der Gesetzgeber diesen Menschen den Aufenthalt ermöglichen, aber nicht über die Asylgesetze. Erschüttert zeigte sich Bierlein darüber, dass noch immer Menschen im Mittelmeer ertrinken. Dass sie gerettet werden müssten, stehe außer Frage.

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