Behindertenvertreter zerreißen nationalen Aktionsplan in der Luft

Es muss nicht im Rollstuhl enden: Frühe Diagnose und Therapie sind essenziell
Kritik an fehlender Finanzierung. Demos angedroht.

Vertreter aus dem Behindertenbereich haben am Montag den Entwurf für den Nationalen Aktionsplan Behinderung (NAP) für die Jahre 2022 bis 2030 kritisiert, der demnächst vom Ministerrat verabschiedet werden soll. Es gebe weder aussagekräftige Indikatoren noch die notwendige Finanzierung. Die UN-Behindertenrechtskonvention harre damit weiter der Umsetzung, Menschenrechte würden ignoriert. Beim Behindertenrat will man nun auf die Straße gehen.

Seit 14 Jahren warte man auf die Umsetzung, "und es reicht", machte Klaus Widl, erster Vizepräsident des Behindertenrates seinem Ärger Luft. Als Negativbeispiele nannte er die Barrierefreiheit im Gebäudebereich und die mangelnde Inklusion im Schulunterricht.

Beim zuständigen Monitoringausschuss findet man ebenfalls, dass der NAP nicht bzw. nur sehr partiell zur Umsetzung der Konvention geeignet ist. Die Alliteration "keine Kohärenz, kosmetisch und kraftlos" fasse das Papier zusammen, das insgesamt sogar einen Rückschritt gegenüber dem von 2012 bis 2020 gültigem Papier darstelle. Tobias Buchner vom Ausschuss kündigte an, dass es nun wohl einen entsprechend negativen Sonderbericht an die UN-Gremien in Genf geben werde.

Behindertenanwalt Hansjörg Hofer forderte einen von Bund und Ländern mit 500 Mio. Euro jährlich dotierten Inklusionsfonds ein, um etwa persönliche Assistenz flächendeckend garantieren zu können. "Ohne die Finanzierung zu lösen, ist das ganze Werk das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt werden könnte", unterstrich Hofer.

Martin Ladstätter vom Zentrum "Bizeps" verglich den Plan mit einem Auto, das mit mehreren Lenkrädern, aber ohne Motor, Getriebe und Navi ausgestattet sei, "ein Totalschaden", wie er meinte. Auch er sah den neuen Plan als Verschlechterung gegenüber dem alten NAP an. "Das ganze Papier ist wie ein ungedeckter Scheck." Die Politik müsse für eine substanzielle Änderung sorgen.

Ganz ähnlich sieht man das bei der Interessensvertretung "Selbstbestimmt Leben Österreich" (SLIÖ). Der vorgelegte Entwurf könne nicht akzeptiert werden, hieß es in einer Aussendung. Der NAP als politische Absichtserklärung der derzeitigen Bundesregierung enthalte kaum strukturbildende Maßnahmen für die Umsetzung der UN-Konvention. Es fehlen Pläne, um die Rückschritte und Verschlechterungen, die Menschen mit Behinderungen in den vergangenen Jahren erlebt hätten, zu beseitigen.

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