"Abgehoben": Aus Österreich abgeschobener Syrer verschollen, Karner kritisiert UNO

++ ARCHIVBILD ++ Symbolbild Abschiebung
Im Juli hat Österreich einen straftätig gewordenen Syrer in sein Heimatland abgeschoben. Von dem Mann fehlt seitdem jede Spur. Innenminister Karner will weiter nach Syrien abschieben lassen.

Zusammenfassung

  • Seit der Abschiebung eines Syrers aus Österreich nach Damaskus besteht kein Kontakt mehr zu dem Mann; die UNO fordert Aufklärung über seinen Verbleib.
  • NGOs kritisieren die Abschiebung und fordern von Österreich, menschenrechtliche Verpflichtungen einzuhalten und weitere Abschiebungen nach Syrien zu stoppen.
  • Innenminister Karner bekräftigt die Absicht, weiterhin kriminelle Syrer abzuschieben; eine weitere Abschiebung ist laut NGOs bereits geplant.

Seit Österreich im Juli erstmals seit Jahren einen Syrer in sein Heimatland abgeschoben hat, gibt es seitens seiner österreichischen Betreuer keinen Kontakt mehr zu dem Mann. 

Nun hat ein Ausschuss der UNO in einem der APA vorliegenden Schreiben die Bundesregierung ersucht, sich bei den syrischen Behörden nach dem Verbleib des Betroffenen zu erkundigen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) reagierte mit Unverständnis und will Abschiebungen nach Syrien fortsetzen.

Der 32-jährige Syrer war 2018 wegen terroristischer Vereinigung zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Im vergangenen Jahr kam der Mann auf freien Fuß, wurde dann aber nochmals verurteilt und in Schubhaft gebracht. Der EGMR hatte die Abschiebung letztlich nicht gehemmt.

Kein Kontakt zu Abgeschobenem

Seit einem Zwischenstopp in Istanbul im Zuge der Außerlandesbringung hat die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung keinen Kontakt mehr zu dem Mann. Ob er untergetaucht ist oder festgenommen wurde, ist unklar. Der UN-Ausschuss gegen das Verschwindenlassen (CED) wünscht nun von der Bundesregierung, auf diplomatischer Ebene mit den syrischen Behörden Kontakt aufzunehmen. Herausfinden soll man dabei, ob der Mann noch am Leben ist bzw. wo er sich aufhält und in welchem Zustand er ist.

Kritik an Abschiebung

Kritik kommt von NGO-Seite. Es sei offenbar mittlerweile notwendig, dass ein UN-Kontrollorgan Österreich auffordern müsse, grundlegende menschenrechtliche Verpflichtungen einzuhalten. Dabei sei es eine Selbstverständlichkeit in einem demokratischen Rechtsstaat, das Verschwindenlassen von Personen zu verbieten, unter Strafe zu stellen und alle dafür erforderlichen Maßnahmen zu setzen, heißt es seitens Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination. Österreich müsse den Sachverhalt unverzüglich abklären und von weiteren Abschiebungen in das äußerst volatile Syrien Abstand nehmen.

Dem schloss sich Amnesty International an. Österreich habe ganz offenkundig gegen das völkerrechtlich verankerte Non-Refoulement-Prinzip verstoßen. Dieses verbiete die Abschiebung in Länder, in denen Folter, Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen. Syrien sei gekennzeichnet von systematischer Gewalt und damit kein sicheres Herkunftsland, erklärte die Juristin von Amnesty Österreich Aimée Stuflesser in einer Aussendung.

Karner weist Kritik zurück

Völlig anders sieht das Innenminister Karner. Gegenüber der APA sprach er auf die Kritik der UN-Organisation angesprochen von "abgehobenen und weltfremden Aussagen". Ihn interessiere die Sicherheit der Bevölkerung in Österreich. Daher sei es Aufgabe, weitere Straftäter auch nach Syrien abzuschieben. Dieser Weg werde fortgesetzt. Laut NGO-Angaben soll es bereits kommende Woche zu einer weiteren Außerlandesbringung kommen.

Für einmal auf einer Linie mit Karner war FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz. Anstatt dass man froh sei, einen Gefährder weniger im Land zu haben, inszenierten "die Asylindustrie und UNO-Bürokraten einen internationalen Zirkus". Es sei an Zynismus nicht zu überbieten, dass Österreich jetzt Detektiv für einen Kriminellen spielen solle.

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