AMS-Chef Kopf: Firmen halten Mitarbeiter auch in der Flaute

AMS-Chef Kopf: Firmen halten Mitarbeiter auch in der Flaute
Mehr als jeder zweite Beschäftigte im Tourismus- und Gastrobereich hat eine ausländische Staatsbürgerschaft. SPÖ und FPÖ sprechen von Alarmsignal.

AMS-Chef Johannes Kopf erwartet heuer eine schwierige Lage am Arbeitsmarkt, insbesondere in der exportorientierten Industrie. Gleichzeitig werde aber auch der Arbeitskräftemangel bleiben. Wenn die Konjunktur wieder anspringt, würde dies nicht gleich am Arbeitsmarkt sichtbar, da viele Firmen derzeit auch trotz Flaute den Beschäftigtenstand halten, um bei anziehenden Aufträgen wieder durchzustarten.

Eine Aufhebung der Saisonniers-Quoten, wie von der Tourismus- und Gastrobranche gefordert, findet Kopf nicht gut. Eine Ausweitung der Kontingente in manchen Bereichen sei aber sinnvoll, sagte der Chef des Arbeitsmarktservice (AMS) heute im "Ö1-Mittagsjournal". In Tourismus würden alle zwei Jahre 40 Prozent der Beschäftigten wo anders arbeiten, das sei eine Besonderheit. Und mehr als jeder zweite Mitarbeiter in der Branche habe eine ausländische Staatsbürgerschaft.

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Zu den heute, Dienstag, präsentierten AMS-Zahlen der Arbeitsmarktstatistik 2023 gab es noch zahlreiche weitere Reaktionen: SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch sprach von einem "Alarmsignal, dass Österreichs Wirtschaft massiv schwächelt", dies sei kein Anlass für "Schönfärberei und Beschwichtigungen des Arbeits- und Wirtschaftsministers". "Die SPÖ fordert seit mittlerweile Jahren, dass die Teuerung durch preissenkende Maßnahmen eingedämmt wird," so Muchitsch.

In die gleiche Kerbe schlägt auch FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch: "Wer, wie Arbeitsminister Kocher, knapp 400.000 Arbeitslose versucht schönzureden, hat seinen Auftrag als Minister wohl nicht verstanden." Die Bevölkerung werde finanziell ausgeblutet während Großkonzerne, Spender und Klientel der Bundesregierung zu den Profiteuren und Nutznießern zählten.

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Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker verwies darauf, dass es nach wie vor viel mehr offene Stellen als vor der Covid-Krise gebe. "Nicht zielführend und sogar kontraproduktiv ist die Ankündigung, Arbeitssuchenden in teuren AMS-Schulungen zusätzliches Geld zum AMS-Geld auszuzahlen und so eine rasche Arbeitsaufnahme unattraktiv zu machen", so Loacker.

AK-Präsidentin Renate Anderl forderte eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70 Prozent des Nettoeinkommens, eine Inflationsanpassung aller Leistungen bei Arbeitslosigkeit und eine Neuregelung der Berechnung. Weitere Herausforderungen sieht die AK-Präsidentin bei der Aktivierung der "stillen Reserve", arbeitsmarktpolitischen Initiativen zur Bewältigung der Klimakrise und der Integration von Langzeitarbeitslosen und jungen Menschen mit Behinderung.

Renate Anderl

AK-Präsidentin Renate Anderl

Für den ÖGB ist die positive Arbeitsmarktentwicklung von 2022 und dem 1. Halbjahr 2023 nicht mehr gegeben. Bundesgeschäftsführerin Ingrid Reischl kritisierte, "dass die Betroffenen nach wie vor mit einem Arbeitslosengeld auskommen müssen, dass mit 55 Prozent Nettoersatzrate viel zu niedrig ist." Zudem wäre es gerade jetzt wichtig, Qualifikation einen noch höheren Stellenwert im AMS zu geben, sprich Qualifikation der Vermittlung gleichzusetzen.

Erwartungsgemäß andere Schwerpunkte kommen von der Wirtschaft. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf warnte: "Die hohen Lohnabschlüsse machen es den Unternehmen immer schwerer, ihr Personal zu halten. Noch dazu, wo konjunkturell noch kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist." Er fordert daher eine Senkung der Lohnnebenkosten.

Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), meinte ebenfalls: "Man muss Betriebe und den Faktor Arbeit entlasten, damit Betriebe dies auch im neuen Jahr weiterhin können." Darüber hinaus spreche sich die Industrie dafür aus, jene, die nur wenige Stunden arbeiten, zur Mehrarbeit zu "animieren".

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