Wirbel in Deutschland um CDU-Mann als AfD-Präsidentschaftskandidaten

Wirbel in Deutschland um CDU-Mann als AfD-Präsidentschaftskandidaten
Die CDU-Spitze nennt die Kandidatur von Max Otte "schwer parteischädigend" und leitet ein Ausschlussverfahren ein.

Groß war die Aufregung am Montag im politischen Berlin: Der CDU-Politiker Max Otte will als Kandidat der AfD für die deutsche Bundespräsidentenwahl am 13. Februar antreten. Die CDU-Spitze forderte Otte umgehend zum Parteiaustritt auf, doch der lehnte dies ab und legte nach.

Am Dienstagnachmittag trat der 57-Jährige gemeinsam mit AfD-Chef und Co-Fraktionschef Tino Chrupalla und Co-Fraktionschefin Alice Weidel im Bundestag vor die Kameras. "Ich sehe es nicht als Provokation an. Es ist mir ernst", sagte er zu seiner Kandidatur. Er wolle Gräben zuschütten. "Wenn man vorgeschlagen wird für das höchste Staatsamt, was über den Parteien steht, ist das in meinen Augen keine Zusammenarbeit. Es ist eine individuelle Entscheidung, ob ich diesen Vorschlag annehme oder nicht", sagte Otte weiter.

Wirbel in Deutschland um CDU-Mann als AfD-Präsidentschaftskandidaten

Max Otte mit Alice Weidel (li.) und Tino Chrupalla (re.) von der AfD.

Chrupalla nannte ihn einen "honorigen Politiker". Weidel sagte, man habe mit Max Otte einen ehrwürdigen Bundespräsidentenkandidaten. Dem Vernehmen nach gab es innerhalb der AfD auch eine gewisse Freude darüber, die CDU mit dem Schritt düpiert zu haben. Co-AfD-Chef Jörg Meuthen dagegen kritisierte die Aufstellung Ottes. Er halte die Nominierung "inhaltlich für falsch und strategisch für unklug", sagte Meuthen dem ARD-Hauptstadtstudio und der "Welt". Die Mehrheit in den AfD-Parteigremien gelte es aber zu respektieren.

Merz für Parteiausschluss

Noch am Dienstag sprachen sich der noch amtierende CDU-Chef Armin Laschet und sein Nachfolger Friedrich Merz für die rasche Einleitung eines Partei-Ausschlussverfahrens gegen Otte aus. "Es gibt einen sehr harten und klaren Schnitt", sagte Merz nach Teilnehmerangaben in einer Online-Sitzung der Unionsfraktion im Bundestag. Otte habe sich schon lange weit von der Union entfernt. "Wir werden ihm heute Abend zeigen, dass wir sehr schnell und sehr eindeutig handeln", sagte Merz.

Laschet wurde aus Teilnehmerkreisen mit den Worten zitiert: "Dieser Otte und auch die Werte-Union ist uns jahrelang auf der Nase herumgetanzt." Jeder wisse, wie schwer ein Ausschlussverfahren sei. "Jetzt ist eine Schwelle überschritten." Für die CDU-Spitze und Merz könnten die Entwicklungen eine Chance sein, Kante zu zeigen. Merz hatte im "Spiegel" angekündigt, mit ihm werde es "eine Brandmauer zur AfD geben".

Von der erzkonservativen Werte-Union ist die CDU-Führung seit Jahren genervt. Im Bundestagswahlkampf musste sich Kanzlerkandidat Laschet wegen der Bundestagskandidatur des früheren Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen, bisher Mitglied der Werte-Union, immer wieder vorhalten lassen, sich nicht ausreichend gegen Rechtsaußen abzugrenzen. Maaßen verkündete am Dienstag seinen Austritt aus der Gruppierung. "Es ist nicht akzeptabel, dass sich ein Unionsmitglied als Bundespräsidentenkandidat von der AfD aufstellen lässt", sagte er der Deutschen Presse-Agentur zur Begründung.

Die Reaktionen von CDU-Größen auf Ottes Kandidatur waren einhellig. Laschet schrieb bei Twitter: "Von der AfD als Präsidentschaftskandidat nominiert zu werden, ist keine Ehre, sondern eine Schande." Wer dies als Christdemokrat überhaupt erwäge, schädige das Ansehen der Union, verletze ihre Werte und habe in der CDU nichts verloren.

Sofortiger Entzug aller Mitgliederrechte

Am Dienstagabend setzte die CDU schließlich erste Schritte. Nach einer Sitzung des Bundesvorstands erklärte der scheidende Generalsekretär Paul Ziemiak, dass es sich bei Ottes Kandidatur um "einen dringenden und schwerwiegenden Fall schwer parteischädigenden Verhaltens" handelt, "der ein sofortiges Eingreifen erforderlich macht".

Er habe nicht nur die Beschlusslage der Union zur angestrebten Wiederwahl von Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsident missachtet, so Ziemiak. "Er hat insbesondere gegen den Grundsatz der CDU verstoßen, in keiner Weise mit der AfD zusammenzuarbeiten." Ziemiak wies ausdrücklich auf den gemeinsamen Auftritt von Otte mit den AfD Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla am Nachmittag im Reichstagsgebäude hin. "Er hat damit zugleich seine Loyalitäts- und Solidaritätsverpflichtung gegenüber der CDU verletzt", betonte er.

Otte werde deshalb "von der Ausübung seiner Rechte als Parteimitglied bis zur rechtskräftigen Entscheidung des zuständigen Parteigerichts mit sofortiger Wirkung und bis auf weiteres vorläufig ausgeschlossen." Er könne dazu bis zum 29. Januar Stellung nehmen.

Nach Angaben aus Ottes Kölner Kreisverband wurde die Einleitung eines Ausschlussverfahrens in Absprache mit dem nordrhein-westfälischen Landesverband und der Bundespartei bereits vereinbart.

Zähes Verfahren

Parteiausschlussverfahren können zäh sein. Das hatte die SPD zuletzt bei Thilo Sarrazin erlebt, mit dem sie sich jahrelang über dessen Bücher unter anderem über Migration herumgestritten hatte. Es dauerte lange bis die Partei ihn schließlich rauswerfen durfte. Otte sagte dem "Spiegel": "Freiwillig werde ich aus der CDU nicht austreten." Er sehe die AfD klar auf dem Boden des Grundgesetzes. Deswegen "wäre ein CDU-Ausschlussverfahren gegen mich nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern auch unvereinbar mit den demokratischen Grundsätzen."

Chancen auf das Amt des deutschen Bundespräsidenten hat er praktisch nicht. Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier kandidiert mit Unterstützung der Regierungsparteien und der Union für weitere fünf Jahre. Vor gut zwei Wochen hatte die Linke den Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert als weiteren Kandidaten nominiert. Die Bundesversammlung tritt am 13. Februar zur Wahl des Bundespräsidenten zusammen.

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