Wie die neue Rechtsregierung auf die Migrationstragödie vor Sizilien reagiert

Das Drama der Migranten, das sich seit Tagen vor Italiens Küsten abspielt, hat auch den Papst veranlasst, sich zu Wort zu melden. Auf seinem Rückflug aus Bahrain mahnte er: „Das Menschenleben muss immer gerettet werden. Die EU darf aber Zypern, Griechenland, Italien und Spanien mit der Verantwortung für die Migranten nicht alleine lassen.“
Was sich gerade abspielt, ist ein Kräftemessen zwischen der neuen Rechts-Mitte-Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni und Brüssel. Italien weigere sich, das europäische Auffanglager für Migranten zu werden, heißt es aus Rom. Und wenn es nicht anders gehe, dann eben auf die harte Tour.
Als erstes wurde ein Dekret erlassen, das ausländischen NGO-Schiffen mit Migranten verbietet, in italienische Häfen einzulaufen. Nur bei Notsituationen an Bord werde dies, jedoch nur zeitbedingt, gewährt.
Sizilien, im Hafen von Catania: Zunächst durften 144 Migranten, davon 100 Minderjährige ohne Begleitung, nach zwei Wochen auf See das Notrettungsschiff der deutschen Hilfsorganisation „SOS Humanity“ verlassen und an Land gehen, 35 mussten auf dem Schiff bleiben. Dann wurden vom Rettungsschiff „Geo Barents“ der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen 357 Migranten an Land gelassen. 215 sind noch an Bord, drei haben sich aus Protest in die Fluten gestürzt, wurden aber gerettet. Den NGO-Eignern dieser beiden Schiffe droht jetzt jeweils eine Strafe von 50.000 Euro, sollten sie nicht sofort den Hafen verlassen. Zwei weitere Schiffe mit Migranten kreuzen noch vor Sizilien.
"Selektive Aussortierung"
„Die an Bord gekommenen italienischen Funktionäre haben keine Fragen gestellt“, sagt Camilla Kranzusch von der „Humanity 1“. „Sie haben nur die einen nach links und die anderen nach rechts verwiesen. Die einen blieben, die anderen durften gehen.“ Ein Mann brach während dieser Kontrolle zusammen und wurde von Bord gebracht. NGOs sprechen von einer „selektiven Aussortierung“.
Die italienische Regierung widerspricht dem. Der neue parteilose Innenminister Matteo Piantedosi erklärt: „Wir respektieren die humanitären Bedürfnisse.“ Jene Migranten, die wohlauf seien, müssten aber an Bord bleiben und einen Asylantrag an den Flaggenstaat des Seenotrettungsschiffs stellen, oder das Schiff müsse mit ihnen wieder den italienischen Hafen verlassen.
Orbán bedankt sich
Höchst erfreut über diesen neuen Kurs zeigte sich der ungarische Premier Viktor Orbán, der sich bei der Premierministerin bedankte, „endlich die europäischen Grenzen zu beschützen“. Meloni selber hat ihren Standpunkt schon mehrmals klargestellt: „Menschen in Seenot zu retten, ist eine Pflicht. Menschen über das Mittelmeer zu schleusen eine Straftat. Wenn es sich um ein Seenotrettungsschiff einer NGO handelt mit zum Beispiel deutscher Flagge, gibt es zwei Optionen: Entweder Deutschland übernimmt die Flüchtlinge, oder es wird zum Piratenschiff.“ Meloni fordert, dass die 2015 gestartete und 2020 abgebrochene EU-Militäroperation „Sophia“ zur Bekämpfung des Menschenhandels wieder aufgenommen wird.
Suche nach EU-Lösung
Außenminister Antonio Tajani von der Forza Italia versucht sich diplomatischer: Es dürfe nicht zu Konfrontationen zwischen EU-Kanzleien kommen, man müsse gemeinsame Lösungen finden.
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