Vor 100 Jahren: Wie Hitler die Inflation nützen wollte, um an die Macht zu kommen

Vor 100 Jahren: Wie Hitler die Inflation nützen wollte, um an die Macht zu kommen
Hitlers Putschversuch 1923. Der Griff nach der Macht in München endete nach Minuten, er selbst landete im Gefängnis

Elend habe er ausgesehen, noch blasser als sonst und über Zahnschmerzen habe er geklagt: Die Redakteure des damals noch recht amateurhaft betriebenen Propagandablättchens „Völkischer Beobachter“ sollten sich später an einen Adolf Hitler in mieser Verfassung erinnern.

Sichtlich nervös stürmte der am Vormittag des 8. November 1923 in die Redaktion in München und erklärte dort brüllend seine Pläne. Die Zeit zum Handeln sei gekommen. Die Regierung in Berlin müsse gestürzt werden – und zwar von München aus, mit Unterstützung der rechtsextremen bayerischen Landesregierung. Einen Marsch auf Rom, wie Hitlers Vorbild Mussolini, werde man veranstalten und so die Macht an sich reißen.

Monarchist an der Macht

Tatsächlich hatte in Bayern zu diesem Zeitpunkt ein diktatorisches Führungstrio das Sagen, dass sich als Gegenpol zur verhassten Regierung in Berlin verstand. Da gab es den Monarchisten Gustav von Kahr, der Bayern als „Ordnungszelle“ Deutschlands verstand – und Berlin als demokratisches Übel, das man rasch aus der Welt schaffen sollte. Mit diesem Hitler wollte man allerdings nicht gemeinsame Sache machen. Schließlich galt der Weltkriegs-Veteran zwar als brillanter Redner, aber als politisch höchst unzuverlässig. Mit ihm, seinen damals schon bewaffneten Schlägertrupps – aus ihnen sollte später die SA werden – und auch seinen Gönnern und Förderern wollte die bayerische Führung sicher nichts zu tun haben.

Industrielle als Förderer

Zu diesen Förderern gehörten einige mächtige Großindustrielle, die bereit waren, einen Putsch zu finanzieren, vor allem aber der deutsche Generalstabschef des Ersten Weltkriegs, Erich Ludendorff. Der preußische Adelige war ein fanatischer Antidemokrat und war seit dem Ende des Weltkriegs mit Umsturzplänen beschäftigt. So hatte er schon den rechtsradikalen Kapp-Putsch 1920 unterstützt. Der aber war schließlich doch in sich zusammengebrochen, der Militär zog sich aus der Affäre.

Randfiguren

An diesem 8. November also wollte man es wieder versuchen. Nicht weil die Gelegenheit so günstig erschien, sondern weil Ludendorff und auch Hitler die Felle davonzuschwimmen drohten. Man war zu Randfiguren des Rechtsextremismus verkommen. Also beschloss man zu handeln – und tat das quasi Hals über Kopf.

Pistole im Anschlag

Mit der Pistole im Anschlag stürmte Hitler am Abend einen gut besuchten Auftritt des bayerischen Generalstaatskommissars Kahr im Münchner Bürgerbräukeller. Dort schoss er an die Decke, erklärte die nationale Revolution und schaffte es schließlich, Kahr zu überreden, mit ihm gemeinsame Sache zu machen.Massenmobilisierung, Besetzung von Behörden und Regierungsämtern in München und danach in Berlin. Hitlers Pläne waren hochtrabend – und sie scheiterten kläglich. Schon nach dem ersten Schusswechsel mit der Polizei am 9. November brach das Ganze in sich zusammen.

Vor 100 Jahren: Wie Hitler die Inflation nützen wollte, um an die Macht zu kommen

Hitlers  bewaffnete Milizen, aus ihnen wurde später die SA

 

Hitler landete im Gefängnis, mit einer betont milden Haftstrafe von acht Monaten. 

Die Nationalsozialisten sollten aus dem, was Historiker eine „dilettantische Angelegenheit“ nennen, einen Mythos schaffen. Man inszenierte Massenaufmärsche am 9. November, schuf Heldenlegenden von Hitler, der ein Kind aus dem Feuergefecht gerettet haben sollte. Die aber war so dreist erfunden, dass Hitler selbst sie bald nicht mehr erzählte.

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