"Noch nicht reif": Warum Frauen im Vatikan weiter keinen Platz haben

Von Franziska Trautmann
"50 Prozent der Gläubigen sind Frauen, und die brauchen einen gebührenden Platz", bringt es Helena Jeppesen-Spuhler, eine Teilnehmerin an der Weltsynode aus der Schweiz, auf den Punkt. Doch der Zugang für Frauen zu geistlichen Ämtern ist für Papst Franziskus erstmal vom Tisch.
Frauendiakonat "sei noch nicht reif"
Eigentlich hätte die mögliche Frauenweihe in der katholischen Kirche in der Weltsynode diskutiert und darüber abgestimmt werden sollen. Im Rahmen der Weltsynode, die noch bis 27. Oktober tagt, äußerten unzählige Teilnehmer ihren Zuspruch, wurden aber bei jeder Gelegenheit auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet.
Kardinal Victor Fernandez, der oberste Glaubenshüter der katholischen Kirche, verkündete die Meinung vom Papst dazu: Die Frage sei "noch nicht reif", weshalb man sich mit dieser Möglichkeit "jetzt nicht aufhalten solle". Es bleibt dabei, zurzeit gibt es keine Zukunft für ein "Frauendiakonat" – sprich, Frauen dürfen weiterhin keine Gottesdienste leiten und besitzen innerhalb der Kirche weniger Entscheidungsmacht. Die Stimmung vor Ort war teilweise angespannt, auch Protest hat es gegeben.
Das Diakonat ist ein geistliches Amt innerhalb der Kirche und die erste Stufe des Weihesakraments (die zweite Stufe ist das Priester-, die dritte das Bischofsamt). Das Frauendiakonat ist nur in den römisch-katholischen und orthodoxen Kirchen nicht gebilligt – andere Religion sind bereits auf den Zug aufgesprungen. Einige biblische Quellen legen nahe, dass das Amt nur für Männer vorgesehen war. Ursprünglich war es ein eigenständiger Dienst und nicht wie heute eine Vorstufe zum Priesteramt. Trotzdem gab es im frühen Christentum Diakoninnen. Erst im 11. Jahrhundert sah man von dieser Praxis ab und schloss Frauen von geistlichen Ämtern aus.
Auslagerung in Studiengruppen
Papst Franziskus hat diese Versammlung 2021 unter dem Thema "Für eine synodale Kirche – Gemeinschaft, Teilhabe und Mission“ eingeleitet. Sie ist als vierjähriger, weltweiter Prozess angelegt und soll die Meinung in der gesamten Weltkirche von allen Mitgliedern berücksichtigen. Ihren Höhepunkt findet sie an diesem Sonntag.
Obwohl das "Frauenthema" ursprünglich Teil vom inhaltlichen Programm war, entschied sich Papst Franziskus am Anfang des Jahres, es auszulagern. Er beauftragte zehn Studiengruppen, sich jeweils mit einem "kontroverseren" Thema intensiv auseinanderzusetzen und über ihren Fortschritt zu berichten – darunter die Frauenweihe, das Zölibat und LGBTQIA+. Themen, die dem Vatikan zu unangenehm sind.
Der Papst rechtfertigte seine Entscheidung: "Diese Fragen erfordern naturgemäß eine eingehende Untersuchung." Er ordnete an, sie speziellen Studiengruppen zuzuweisen, damit sie angemessen untersucht werden können. Die sollen weiter bis über das Ende der Weltsynode hinaus arbeiten, nämlich bis Juni 2025.
Die Weltsynode ist eine Bischofssynode und dauerte von Anfang Oktober 2021 bis Ende Oktober 2024. Sie endet mit der 16. ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode der römisch-katholischen Kirche in Rom am 27. Oktober. Die Höhepunkte der Weltsynode waren eine Sitzung im Oktober 2023, die zweite fand nun von 2. bis 27. Oktober 2024 statt. Insgesamt gibt es 375 Mitglieder, davon 275 Bischöfe, 50 Priester und Ordensleute sowie rund 45 Laien. Unter ihnen befinden sich 56 Frauen.
Frauenthema schlug hohe Wogen
Nicht nur diese Vertagung sorgte für Ärger. Bei der Weltsynode kam es zu einem zusätzlichen Eklat: Bei der Präsentation des Studienstandes zum Thema Frauenweihe fehlte der eigentlich erwartete Kardinal Fernandez. Stattdessen kamen zwei Angestellte des Dikasteriums, die selbst nicht in der Studiengruppe 5 sind, und zeigten sich unkooperativ, wollten keine Ergebnisse preisgeben und auf keine Fragen antworten.
Auch die Identitäten und Geschlechter der Mitglieder aus Studiengruppe 5 blieben, im Gegensetz zu anderen Gruppen, geheim. Zwar sprach Fernandez am Montag von einem Missverständnis und entschuldigte sich für seine Abwesenheit, die allgemeine Verärgerung konnte er damit jedoch nicht besänftigen.
Kein päpstliches "no basta"
Einige Synodalen forderten vatikanische Rechenschaftspflicht, etwa Jeppesen-Spuhler. "Wenn Papst Franziskus sagt, die Frage sei nicht reif, dann soll er sagen, aus welchen Gründen", äußerte sie dem Pfarrblatt Bern und kommentierte: "Ein päpstliches ,no basta‘ wird von vielen nicht mehr akzeptiert." Für viele Synodalen ist es wichtig, Frauen die gleiche Teilnahme und Entscheidungsmacht wie Männern zu ermöglichen. Denn mittlerweile gäbe es unzählige Frauen, die sich berufen fühlen, den Pfad des Weihesakraments zu bestreiten.
Andreas Kowatsch, Professor für Kirchenrecht und Religionsrecht an der Universität Wien, äußerte sich gegenüber dem KURIER: "Man kann aus jetziger Sicht sagen, dass selbst der Papst von sich nicht glaubt, die Möglichkeit zu haben, es anders zu entscheiden. Obwohl er ja in vielen Fragen sehr offen und liberal agiert hat."
Kowatsch ortet auch einen anderen Grund hinter der Vertagung: Nämlich die Gefahr einer Ablehnung bei einer Abstimmung darüber. "Denn die Frage ist noch nicht so eindeutig, wie man sie sich vielleicht aus österreichischer bzw. westlicher Perspektive vorstellt zu sein. Mit einem negativen Abstimmungsergebnis hätte man sich in dieser Frage einzementiert und dann wäre die Sache endgültig vom Tisch."
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