Strandtag für 110 Euro
In Italien ist das für viele nämlich nicht erschwinglich. Laut Konsumentenverband Assoutenti wird der Urlaub der Italiener in ihrem Land dieses Jahr nicht nur kürzer, sondern um insgesamt 1,2 Milliarden Euro teurer. Preisantreiber sind Inlandsflüge, die sich um 28,9 Prozent verteuert haben, während im Ausland der Anstieg bei 15,8 Prozent lag. Rom hat deswegen Maßnahmen gegen angekündigt. Auch das Übernachten kostet zwischen 12,8 bis 14,7 Prozent mehr. Ganz zu schweigen von Peinlichkeiten wie zwei Euro Aufpreis für das Auseinanderschneiden eines Toasts. Der Verbraucherschutzverband Codacons hat ausgerechnet, dass ein Tag am Strand eine vierköpfige Familie heuer samt Liegestühle und Sonnenschirm 110 Euro kostet.
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Dabei hatte das Jahr für die Tourismusbranche vielversprechend begonnen. Tourismusministerin Daniela Santanchè von der rechten Partei Fratelli d’Italia war sich sicher, dass der Tourismus – er macht sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus – heuer wieder Rekordergebnisse erzielen würde. Immerhin hatte es schon 2022 einen Aufschwung gegeben, wie eine Studie von Italiens Notenbank belegt: 2022 wuchs Italiens Anteil am globalen Tourismusmarkt von 3,9 Prozent im Jahr davor auf 4,5 Prozent. Die Ausgaben von Besuchern aus dem Ausland hatten mit 44,3 Milliarden Euro schon 2022 das Vor-Pandemie-Level erreicht.
Nur Luxus boomt
Allerdings: Exklusive Ressorts können über Gästemangel nicht klagen, vor allem finanziell gut situierte Ausländer kommen. Es sind vielmehr die adriatische Riviera, von Jesolo bis nach Rimini bis Francavilla al Mare in den Abruzzen sowie die Badeorte in Ligurien, wo vor allem italienische Familien den Urlaub verbringen, die sogar Mitte August noch freie Zimmer hatten. Kein Wunder – laut einer Umfrage des Hoteldachverbandes Federalberghi verzichten heuer 41 Prozent der Italiener auf den Urlaub.
Auf die Berichte der Medien, die von einem grandiosen Urlaubsflop schrieben, antwortete Santanchè: „Uns Italiener fehlt der Stolz der Franzosen, wir neigen dazu an uns zu zweifeln.“ Wie zur Bestätigung veröffentlichte man dazu, dass für die dritte Augustwoche immerhin 20 Prozent mehr Flüge in Italien gebucht wurden als 2022. Angeschoben wird das Plus aber nur durch wohlhabende Auslandsgäste – Italiener fahren doch lieber nach Albanien.
Und in Österreich?
„Ein Sommerurlaub ist für viele kein Luxus mehr, sondern gehört zum ganz normalen Konsumverhalten“, ist Oliver Fritz, Tourismusexperte vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo), überzeugt. Was nicht heißt, dass das Reiseverhalten in Zeiten sinkender Kaufkraft gleich bleibt. Das Geldbörsel sitzt nicht mehr so locker, beobachten sowohl Hoteliers als auch Gastronomen in Österreich.
Statt im 4-Stern-Hotel checken einige heuer vielleicht in einer Ferienwohnung ein oder bleiben zwei Tage kürzer im Ferienort. Die Tourismusbranche rechnet unter dem Strich „mit einer guten, aber nicht sensationellen Saison“, fasst der Tourismusexperte zusammen.
Valide Zahlen für die Hochsommer-Monate Juli und August stehen noch aus, der Mai und der Juni sind aber sehr gut gelaufen. Vielleicht auch eine Folge der Krise, mutmaßt Fritz: „Viele weichen jetzt in die günstigere Nebensaison aus, das werden wir auch im September sehen können.“ Von der weiter hohen Reisefreude profitieren aber nicht nur heimische Vermieter. Viele fahren nach der Pandemie heuer wieder ins Ausland, zeigen Umfragen.
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