Unterstützung statt Strafen: EU-Parlament stärkt Schutz von Whistleblowern

Symbolbild
"Mutige Menschen, die unsere volle Unterstützung verdienen", äußerte sich der ÖVP-Europaabgeordnete Heinz Becker zur neuen EU-Norm.

Das EU-Parlament stärkt den Schutz von Whistleblowern. Die neuen Regeln, die am Dienstag in Straßburg mit 591 Stimmen bei 29 Gegenstimmen und 33 Enthaltungen angenommen wurden und bereits mit den EU-Ministern vereinbart worden waren, legen EU-weite Normen zum Schutz von Informanten fest, die Verstöße gegen das EU-Recht in einer Vielzahl von Bereichen aufdecken.

Dabei geht es um öffentliches Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Geldwäsche, Produkt- und Verkehrssicherheit, nukleare Sicherheit, öffentliche Gesundheit, Verbraucher- und Datenschutz. Die neuen Vorschriften sehen den Schutz und die Förderung der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor. Ferner können Hinweisgeber zwischen interner und externer Berichterstattung wählen. Außerdem gebe es Schutz vor Repressalien durch Arbeitgeber.

Keine Strafen für öffentliche Kritik

Nicht bestraft werden künftig Whistleblower, die ihre Kritik öffentlich machen, wenn auf ihren ursprünglichen internen Hinweis keine Reaktion erfolgte. Ohne vorhergehende interne Meldung sind öffentliche Hinweise straffrei möglich, wenn eine unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit oder Vergeltungsmaßnahmen gegen die Hinweisgeber drohen.

Repressalien sind ausdrücklich verboten. Eingeführt wurden Schutzmaßnahmen, damit ein Hinweisgeber nicht entlassen, degradiert, eingeschüchtert oder in anderer Weise angegriffen wird. Auch geschützt wird, wer Hinweisgeber unterstützt, wie zum Beispiel Mittelsmänner, Kollegen oder Verwandte.

Aufklärung über Berichtswege

Die Mitgliedstaaten müssen den Hinweisgebern umfassende und unabhängige Informationen über Berichtswege und alternative Verfahren, kostenlose Beratung sowie Rechtsbeistand während des Verfahrens zur Verfügung stellen. Während eines Gerichtsverfahrens können die Meldenden auch finanzielle und psychologische Unterstützung erhalten.

Das Gesetz muss nun noch von den EU-Ministern verabschiedet werden. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, um die Vorschriften umzusetzen. Der ÖVP-Europaabgeordnete Heinz Becker bezeichnete Whistleblower als "mutige Menschen, die unsere volle Unterstützung verdienen". Es sei gleichzeitig klargestellt worden, der Weg an die Öffentlichkeit nur dann legitim gegangen werden könne, wenn alle internen Beschwere- und Korrekturmöglichkeiten zuvor ausgeschöpft wurden.

Die SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner sieht in Whistleblower "mutige Aufdecker, die Missstände aufzeigen". Solche Menschen müssten geschützt werden.

Die jüngsten Skandale wie der Finanzskandal Luxemburg-Leaks bis hin zu den "Panama Papers" (Panama-Papiere) haben gezeigt, dass Hinweisgeber eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung von Verstößen gegen das EU-Recht spielen können, die das öffentliche Interesse und das Wohlergehen der Bürger und der Gesellschaft schädigen. Mangelhafter Schutz von Hinweisgebern auf EU-Ebene kann sich auch negativ auf das Funktionieren von EU-Programmen in einem Mitgliedstaat auswirken, und auch auf andere Länder und die EU insgesamt übergreifen, betont das EU-Parlament.

Unzureichender Hinweisgeberschutz

Derzeit bieten nur 10 EU-Länder (Frankreich, Ungarn, Irland, Italien, Litauen, Malta, Niederlande, Slowakei, Schweden und Großbritannien) einen umfassenden Schutz von Hinweisgebern. In den übrigen Ländern ist der Schutz nur teilweise oder gilt für bestimmte Sektoren oder Kategorien von Arbeitnehmern.

In einer im Jahr 2017 für die EU-Kommission durchgeführten Studie wurden die potenziellen, durch einen unzureichenden Hinweisgeberschutz bedingten Ertragsausfälle allein für den Bereich des öffentlichen Auftragswesens auf EU-weit jährlich 5,8 bis 9,6 Mrd. EUR geschätzt.

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