Weitere Details zu Trumps 28-Punkte-Friedenplan für Ukraine

Trump zeigt auf etwas, während links von ihm Selenskyj steht.
Kein Nato-Beitritt der Ukraine, ein kleineres Heer und dauerhafte Gebietsabtretungen. In der Nacht wurden neue Details aus dem US-Friedensplan bekannt. Für die Ukraine dürften sie nur schwer zu akzeptieren sein.

Kein Nato-Beitritt der Ukraine, ein kleineres Heer und dauerhafte Gebietsabtretungen - der neue Plan der US-Regierung für ein Ende des russischen Angriffskriegs enthält zahlreiche Vorschläge, die für Kiew nur schwer zu akzeptieren sein dürften. Mehrere Medien veröffentlichten den Entwurf des 28 Punkte umfassenden Abkommens, das einen dauerhaften Waffenstillstand nach mehr als dreieinhalb Jahren Krieg absichern soll.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij machte sich den Vorschlag der USA ausdrücklich nicht zu eigen, zeigte sich aber zumindest gesprächsbereit. Eine Delegation unter Leitung von Daniel Driscoll, einem Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium, hatte die neuesten Vorstellungen der Regierung von Präsident Donald Trump bei Gesprächen in Kiew präsentiert. Selenskii erklärte danach in einer Videobotschaft: „Die amerikanische Seite hat Punkte eines Plans vorgestellt, um den Krieg zu beenden - ihre Sichtweise. Ich habe unsere Grundsätze vorgestellt.“ Nun müsse an den einzelnen Punkten gearbeitet werden, sagte Selenskij. „Wir sind bereit zu klarer und ehrlicher Arbeit - die Ukraine, die USA, unsere Partner in Europa und weltweit.“ 

Telefonat mit Trump geplant

Nach Angaben seines Büros will Selenskij bald mit Trump telefonieren. „Es ist ein guter Plan für Russland und für die Ukraine“, sagte US-Regierungssprecherin Karoline Leavitt bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus. „Und wir glauben, dass er für beide Seiten akzeptabel sein sollte.“ Allerdings wurden die europäischen Unterstützer der Ukraine, die an Verhandlungen stets beteiligt werden wollen, von dem US-Vorstoß eher überrascht.

Das sind die wichtigsten Punkte aus dem Plan 

Laut übereinstimmenden Berichten des US-Nachrichtenportals Axios und anderer Medien sieht der Entwurf aus Washington territoriale Zugeständnisse der Ukraine und noch vieles mehr vor: 

  • Donbass an Russland: Die Krim und die ebenfalls besetzten ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk werden als faktisch russisch anerkannt.
  • Die Ukraine soll qua Verfassung auf einen Beitritt zur Nato verzichten.
  • Heer halbieren: Die Größe des ukrainischen Heers soll auf 600.000 Mann beschränken werden.
  • Ukraine soll atomwaffenfrei bleiben.
  • EU-Beitritt: Zwar darf sie - zumindest theoretisch - der EU beitreten, angesichts der komplizierten Gemengelage dürfte es dazu in absehbarer Zukunft aber ohnehin kaum kommen.
  • Sicherheitsgarantien: Im Gegenzug werden der Ukraine „zuverlässige Sicherheitsgarantien“ der USA in Aussicht gestellt, wobei völlig offen bleibt, was das in der Praxis bedeuten soll.
  • Russland, das den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg im Februar 2022 begann, soll auf weitere Gebietsansprüche verzichten.
  • Verpflichtung, keine weiteren Angriffe: Russland soll sich per Gesetz dazu verpflichten, Aggressionen gegenüber Europa und der Ukraine abzuschwören.
  • Beschlagnahmtes russisches Staatsvermögen in Milliardenhöhe soll dazu genutzt werden, Wiederaufbau und Investitionen in der Ukraine zu fördern - eine Bedingung, die für Moskau nicht leicht zu akzeptieren sein dürfte.
  • Sicherheits- und Friedensrat: Eine amerikanisch-russische Arbeitsgruppe zu Sicherheitsfragen soll darüber wachen, dass die Abmachungen eingehalten werden - und ein „Friedensrat“ unter Trumps Vorsitz die Einhaltung des Abkommens garantieren.
  • Waffenstillstand: Wenn alle Seiten dem Friedensplan zugestimmt haben und der militärische Rückzug auf vereinbarte Positionen abgeschlossen ist, beginnt - so das Ziel - der Waffenstillstand. 
  • Neuwahlen in der Ukraine: Zudem sollen 100 Tage nach Abschluss des Abkommens Wahlen in der Ukraine abgehalten werden.
  • USA will Entlohnung: Laut US-Regierungssprecherin Leavitt wurde der Plan von Außenminister Marco Rubio und Trumps Sondergesandtem Steve Witkoff über Wochen hinweg ausgearbeitet. Beide hätten sich mit Vertretern Russlands und der Ukraine ausgetauscht, um zu verstehen, wozu die Länder jeweils bereit seien, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen. Für ihre nicht näher definierten Sicherheitsgarantien würden die USA gemäß dem Friedensplan entlohnt. So sollen sie von diversen Wirtschaftsprojekten profitieren, etwa im Energiesektor und bei der Ausbeutung seltener Erden.
  • Russland wieder G8: Russland wiederum würde nach all den Sanktionen der vergangenen Jahre wieder in die Weltwirtschaft integriert und eingeladen, der Gruppe führender Industrienationen nach seinem zeitweisen Ausschluss erneut beizutreten. Aus den G7 würden damit wieder die G8

Putin hält an Kriegszielen fest

Auch US-Außenminister Rubio habe gesagt, dass es um eine Auflistung von Themen und Optionen gehe, die noch abzuwägen und zu besprechen seien. Putin hält an Kriegszielen fest.

Eine offizielle Reaktion aus Moskau gab es nach Bekanntwerden der 28 Punkte zunächst nicht. Präsident Wladimir Putin besuchte indes demonstrativ einen Kommandoposten der russischen Armee und bekräftigte bei einem Auftritt in Tarnuniform das Festhalten an seinen Kriegszielen. „Wir haben unsere gemeinsamen Aufgaben, unsere Ziele. Das Wichtigste ist, unbedingt die Ziele der speziellen Militäroperation zu erreichen“, wurde Putin vom Kreml zitiert.

Der Staatschef ließ sich demnach von Generälen über den Vormarsch seiner Truppen in der Ukraine unterrichten. 

Fünf Tote bei Luftangriff auf Saporischschja

In der südostukrainischen Großstadt Saporischschja wurden nachts mindestens fünf Menschen durch einen russischen Luftangriff getötet. Drei weitere seien verletzt worden, teilte der Gouverneur des Gebiets, Iwan Fedorow, bei Telegram mit. Zur eingesetzten Waffe machte er keine Angaben, allerdings gab es vorher Warnungen vor einem Gleitbombenangriff. Die Industriestadt liegt nur etwas mehr als 20 Kilometer von der Frontlinie entfernt. Dort steht auch das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja - eines der größten Europas. In Trumps Friedensplan ist vorgesehen, dass das AKW der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA unterstellt wird. Der dort produzierte Strom würde dann künftig zu gleichen Teilen zwischen der Ukraine und Russland aufgeteilt. 

USA wollen Freitag EU-Botschafter in Kiew informieren

US-Vertreter unterrichten am Freitag die Botschafter der Europäischen Union in Kiew über einen Entwurf für einen Friedensplan. Dies sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters. Die Europäische Union knüpft ihre Unterstützung für den Friedensplan an Bedingungen.

Ein solcher Plan müsse einen dauerhaften und gerechten Frieden bringen und sowohl die Ukraine als auch die EU einbeziehen, sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in Brüssel. Jeder Plan könne nur funktionieren, wenn die Ukraine und die Europäer an Bord seien, erklärte sie. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul zeigte sich ebenfalls erneut zurückhaltend zum US-Vorstoß. "Ich bewerte den nach wie vor so, dass es eine Auflistung der Themen ist, die dringend besprochen werden müssen zwischen der Ukraine und Russland", sagte Wadephul in Brüssel. Es sei aber kein abschließender Plan, fügte er hinzu. Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) hatte sich bereits am Donnerstag geäußert: "Ohne die Ukraine und Europa wird es keinen Friedensplan geben", unterstrich die Ministerin. Meinl-Reisinger erkannte in den durchgesickerten Punkten eine "Imbalance" (Ungleichgewicht) zugunsten Russlands.

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