Ukraine sagt längeren weltweiten Weizenmangel voraus

Ukraine sagt längeren weltweiten Weizenmangel voraus
Für mindestens drei Ernten. Bauern können wegen russischer Blockaden nicht mehr so viel anbauen.

Die russische Invasion wird der Ukraine zufolge für mindestens drei Ernten zu einem weltweiten Weizenmangel führen. "Die Ukraine wird für eine lange Zeit vom Markt verschwinden", sagte Landwirtschaftsminister Mykola Solskji der Nachrichtenagentur Reuters. Es gehe um drei Weizenernten gleichzeitig.

"Wir können die Ernte des vergangenen Jahres nicht exportieren, wir können die gegenwärtige Ernte nicht einholen, um sie zu exportieren, und wir wollen die nächste eigentlich nicht aussäen." Dies sei schlecht für den Rest der Welt. "Was passiert, wenn sie im Juli oder August ankommen und Getreide kaufen wollen, aber abgewiesen werden, oder wenn der Preis bei 600 Dollar je Tonne liegt?"

Verschärft wird das Problem nach Darstellung des Ministers dadurch, dass die ukrainischen Bauern angesichts der russischen Blockaden nicht mehr so viel Weizen anbauen. In der Ukraine ist Winterweizen beliebt, der ab dem Ende des Sommers ausgesät wird. Solskji wies darauf hin, dass die Landwirte im Frühjahr bereits von Mais auf Sonnenblumen umgestiegen sein. Zwar falle die Ernte vom Gewicht her pro Hektar kleiner aus. Jedoch könne sie für einen höheren Preis verkauft werden. Ein ähnlicher Effekt könne nun auch bei Weizen auftreten, sagte Solskji. Es gebe in Europa eine starke Nachfrage nach Sonnenblumen und Raps, die alles andere verdrängen dürften - auch Weizen und Mais. Er gehe davon aus, dass im Herbst die für Winterweizen ausgeschriebene Fläche um einen "bedeutenden Prozentsatz" kleiner sein dürfte.

Vor dem Krieg exportierte die Ukraine bis zu sechs Millionen Tonnen Getreide pro Monat. Die russische Blockade reduzierte die Menge im März auf 300.000 Tonnen, seitdem erholt sie sich etwas. Solskji zeigte sich zuversichtlich, dass durch Ausfuhren über die Westgrenze und kleinere Donau–Häfen das Volumen im Juni zwei Millionen Tonnen übertreffen könnte. Trotzdem sieht sich die Ukraine mit riesigen Überschüssen konfrontiert von bis zu 60 Millionen Tonnen Getreide und Öl-Samen, für die es keine Lagerungsmöglichkeiten gibt. Die europäischen Staaten prüften, ob sie der Ukraine Silos für Getreide zur Verfügung stellen, sagte Solskji nun. Einzelheiten gab der Minister nicht bekannt.

US-Präsident Joe Biden unterstützt den Vorstoß europäischer Länder, mit dem Bau von Silos entlang der ukrainischen Grenze den Getreide-Export zur Eindämmung der weltweiten Nahrungsmittelkrise zu ermöglichen. Die Regierung in Washington entwickle in Abstimmung mit den europäischen Partnern einen Plan für den Abtransport von Getreide auf dem Schienenweg, sagt Biden auf einem Gewerkschaftstag in Philadelphia. Ukrainische Gleise hätten eine andere Spurweite als in der EU. "Deshalb werden wir an den Grenzen der Ukraine, auch in Polen, Silos bauen, vorläufige Silos." Das Getreide könne somit von ukrainischen Eisenbahnwaggons in die neuen Silos und dann auf europäische Güterwaggons verladen werden, um es "auf dem Seeweg in die ganze Welt zu bringen." Ein Abtransport über das Schwarze Meer sei wegen der russischen Seeminen nicht möglich. Die Ukraine begrüßt den Schritt. "Dies ist nur einer der möglicherweise nützlichen Wege zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit", sagt Stabschef Andrij Yermak. Aber es brauche auch einen sicheren Korridor aus den ukrainischen Häfen.

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