Russland und Ukraine einigen sich auf neuen Gefangenenaustausch

Russia's President Putin meets with government officials in Moscow
Russland und die Ukraine haben bei ihren Verhandlungen in der Türkei nach russischen Angaben einen weiteren Gefangenenaustausch vereinbart.

Es sollen jeweils 1.200 Gefangene beider Seiten übergeben werden, wie der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski nach den Gesprächen vor Journalisten in Istanbul sagte. Auch sollten entlang der Front weiter Schwerverletzte ausgetauscht werden. Kiew bestätigte die Fortsetzung der Austausche, nannte aber keine konkreten Zahlen.

Russland habe zudem die Rückgabe von 3.000 weiteren ukrainischen Gefallenen angeboten, sagte Medinski. Seinen Angaben nach hat Moskau bisher bereits rund 7.000 Leichen übergeben. Die Umsetzung der bisherigen Abmachungen lobte der russische Präsidentenberater und Ex-Kulturminister: "Alle Vereinbarungen vom letzten Mal wurden eingehalten", sagte er. Aktuell finde der letzte vereinbarte Austausch von jeweils 250 Personen an der belarussisch-ukrainischen Grenze statt.

Keine Einigung auf Feuerpausen und Gipfeltreffen

Medinski sagte weiter, dass auch die Möglichkeit von "kurzen Feuerpausen" erörtert worden sei. Ein Sprecher des ukrainischen Außenministeriums betonte umgehend, dass es sich dabei nicht um eine wirkliche Waffenruhe handle. Der russische Unterhändler äußerte sich neuerlich ablehnend zu einem Gipfeltreffen, wie dies von der ukrainischen Seite verlangt wird. Ein Treffen der Staatschefs solle nur der Unterzeichnung von Dokumenten dienen, nicht Gesprächen, so Medinski.

Der ukrainische Verhandlungsleiter Rustem Umjerow teilte bei seiner Pressekonferenz mit, seine Delegation habe den Russen vorgeschlagen, bis Ende August einen Gipfel zwischen Selenskij, Putin, Trump und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan abzuhalten. Zum russischen Feuerpausen-Vorschlag meinte er, eine Waffenruhe müsse ehrlich sein und einen Stopp der Angriffe auf Infrastruktur und Zivilisten beinhalten.

Kurzes und knappes Treffen

Knapp dreieinhalb Jahre nach der russischen Invasion in die Ukraine hatten Vertreter beider Länder in der Stadt am Bosporus ihre zuletzt stockenden direkten Gespräche fortgesetzt. Delegationen beider Seiten kamen im Ciragan-Palast am Bosporus unter türkischer Führung zusammen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war.

Die für 19.00 Uhr Ortszeit (18.00 Uhr MESZ) angesetzten Gespräche begannen mit knapp eineinhalb Stunden Verspätung. Zuvor hatten sich die beiden Chefunterhändler zu einem kurzen Vieraugengespräch getroffen. Die Unterredung in großer Runde dauerte lediglich 40 Minuten.

Erwartungen gering

Der türkische Außenminister Hakan Fidan sagte vor Beginn der Verhandlungen, das ultimative Ziel sei ein Waffenstillstand, der den Weg zum Frieden ebne. Ein Durchbruch dafür bei dieser dritten Verhandlungsrunde galt jedoch bereits vorher als unwahrscheinlich.

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hatte die Erwartungen gebremst. Für Kiew sei die Ausweitung des Gefangenenaustausches und die Rückholung von Kindern vorrangig, die Russland aus den besetzten Gebieten verschleppt habe, sagte er bereits am Dienstag. Am Verhandlungstag selbst erklärte er in einer Videobotschaft, die Ukraine werde auch eine "sofortige und vollständige Waffenruhe" fordern.

Diese Forderung weist die russische Führung seit Monaten zurück. US-Präsident Donald Trump hatte einen entsprechenden Vorschlag im März gemacht. Kremlchef Wladimir Putin lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Ukrainer die Feuerpause für eine Wiederaufrüstung und Neuaufstellung ihrer Truppen nutzen würden.

Der Kreml hatte gleichwohl erklärt, von dem Treffen eine Annäherung der bisher gegensätzlichen Positionen Moskaus und Kiews zu den Bedingungen für eine Waffenruhe zu erwarten. Dazu sei aber "große diplomatische Arbeit" nötig, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Unterhändler kennen sich

Chefunterhändler des ukrainischen Teams war erneut der Ex-Verteidigungsminister und neu ernannte Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Rustem Umjerow. Medinski, der die russische Seite führte, trug bei seiner Ankunft in der Türkei ein T-Shirt mit der Aufschrift "Putin Team". Angaben aus Ankara zufolge nahmen zudem der Chef des türkischen Geheimdienstes MIT, Ibrahim Kalin, sowie der Generalstabschef Metin Gürak an den Gesprächen teil.

Kommentare