USA warnen Russland vor Invasion
Die USA haben Russland davor gewarnt, in die Ukraine einzumarschieren. Humanitäre Hilfen für den Osten der Ukraine dabei als Vorwand zu nutzen, wäre "vollkommen inakzeptabel", erklärte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, am Freitag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York.
"Jede weitere einseitige Intervention Russlands auf ukrainischem Territorium, darunter eine unter dem Deckmantel humanitärer Hilfe wäre (...) zutiefst alarmierend", sagte Power. Zuvor hatte die russische Regierung die Einrichtung humanitärer Korridore im Osten der Ukraine vorgeschlagen, damit Zivilisten vor den Kämpfen fliehen könnten. Zudem könne das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Hilfskonvois organisieren.
Power erklärte, internationale Hilfsorganisationen seien bereits an Ort und Stelle und würden den Zivilisten helfen, die in die Schusslinie zwischen ukrainischen Truppen und prorussischen Separatisten geraten sind. "Dringende humanitäre Hilfe sollte von internationalen Organisationen gestellt werden, die die Expertise, Erfahrung und Unabhängigkeit dafür mitbringen. Sie sollte nicht von Russland gegeben werden", fügte die Diplomatin hinzu.
UN überlegt Einsatz-Ausweitung
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte, die Vereinten Nationen seien bereit, ihre Unterstützung zu verstärken, sollte sich die humanitäre Lage weiter verschlechtern oder sollten die Bemühungen Kiews nicht ausreichen. Derzeit werde die Situation aber noch angemessen von der ukrainischen Regierung und internationalen Partnern beherrscht.
Ban sagte, er sei tief besorgt über die Situation der Zivilisten in der Ostukraine, die sich ständig verschlechtere. "Weiter verlieren unschuldige Menschen, die im Kampfgebiet gefangen sind, ihr Leben. Auch die Anzahl der Flüchtlinge wächst." Der Wiederaufbau der Infrastruktur, nicht zuletzt der Wasserversorgung, sei besonders wichtig bei der Rückkehr zu einem normalen Leben. Ban rief erneut die Konfliktparteien auf, alles zum Schutz der Zivilisten zu tun.
Gegenseitige Vorwürfe
Wegen der "russischen Aggression" habe der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die militärische Führung zu Beratungen einberufen. "Die Gefahr scheint aber vorerst gebannt", sagte Tschaly. Die Ukraine werde seit Wochen von russischem Gebiet aus beschossen. "Wir lassen uns jedoch nicht provozieren", sagte er.
Moskau hat seinerseits mehrfach beklagt, dass sein Staatsgebiet wiederholt von ukrainischer Seite aus beschossen worden sei. Dabei starb mindestens ein Zivilist, mehrere Häuser wurden beschädigt. Erst am Freitagabend hatte Russland das vom Westen kritisierte Großmanöver unweit der ukrainischen Grenze planmäßig beendet.
Granaten auf Wohnhäuser
Nahe den Separatistenhochburgen Donezk und Luhansk gingen die Gefechte zwischen Regierungseinheiten und Aufständischen mit unverminderter Härte weiter. Binnen 24 Stunden seien 13 ukrainische Soldaten getötet worden, so der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine. Die Armee hatte am Freitag 15 Todesopfer in den eigenen Reihen beklagt. Über Opfer seitens der Separatisten gab es vorerst keine Informationen.
Das Militär versucht, die Rebellenhochburgen von der Grenze zu Russland abzuschneiden und wichtige Lieferwege zu kappen, über die nach Überzeugung Kiews Waffen und Kämpfer ins Konfliktgebiet geschleust werden. In Donezk hätten Granaten Wohnhäuser beschädigt, zudem seien die Oberleitungen vieler Buslinien zerstört, teilte die Stadtverwaltung mit. Im benachbarten Luhansk waren Hunderttausende weiter ohne Strom und Wasser. "Die Lage bleibt kritisch", sagte ein Stadtsprecher.
Die Bären im Moskauer Zoo bangen um ihre Äpfel: Bisher stammt das Obst und Gemüse für die Tiere aus Polen und den Niederlanden, sagte eine Zoo-Sprecherin – "weil es gut und günstig ist". Nach dem von Moskau verhängten Importstopp für EU-Lebensmittel ist damit Schluss. Auch anderes Importfutter wie Fische oder Sellerie zu ersetzen werde "nicht einfach".
Existenziell könnte Russlands Retourkutsche für den einen oder anderen Exporteur werden. Michael Blass, Chef der Agrarmarkt Austria Marketing, befürchtet Firmenpleiten: "Für einzelne Betriebe kann das den Unterschied zwischen Sein oder Nichtsein ausmachen." Schon jetzt seien die Lebensmittelproduzenten in einer "sehr sensiblen Phase". Die Erlöse sind am Limit. "In der Obst- und Gemüseverarbeitung ist es kaum noch möglich, kostendeckend zu arbeiten", sagt Blass zum KURIER: "Es herrscht großer Importdruck, weil um den letzten halben Cent gefeilscht wird."
Aufruf zu Patriotismus
Jetzt wird dieser Druck noch steigen, weil viele EU-Produzenten gleichzeitig auf andere Exportmärkte drängen. Die Auswirkungen bekämen hunderte heimische Betriebe zu spüren – die Kosten zu beziffern sei unseriös: "Das kann im Moment nur jedes Unternehmen für sich selbst tun." Blass hält die Forderung nach EU-Ausgleichszahlungen für berechtigt. Ein Kommissionssprecher hatte 400 Mio. Euro erwähnt, die in einem EU-Krisentopf verfügbar seien. Das werde aber sicher nicht ausreichen, sagt Blass – "sonst haben wir ein echtes Problem".
Bei Österreichs Bauern herrscht Angst vor Chaos: Was passiert mit den schon verpackten Produkten, die für Russland gedacht waren? Was mit Lagerware? Landwirtschaftskammer-Präsident Hermann Schultes fordert einen Krisenstab der Bundesregierung. Die Konsumenten ruft er auf, "sich durch ihre Kaufentscheidung mit den österreichischen Produzenten solidarisch zu erklären". Der Handel möge sich ebenfalls beteiligen.
Kiew plant Gas-Stopp
Zu allem Überdruss drohen Engpässe bei Gaslieferungen nach Westeuropa – und zwar wegen der Ukraine. Man habe eine Liste mit 65 Unternehmen für Sanktionen erstellt, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk am Freitag in Kiew. Sollte das Parlament zustimmen, könnte das einen kompletten Transitstopp zur Folge haben – das betreffe "sowohl den Überflug als auch den Transit der Ressourcen", so Jazenjuk. Die Ukraine ist das wichtigste Land für den Transport von russischen Rohstoffen nach Westeuropa. Bei früheren Gaskonflikten zwischen Moskau und Kiew war es 2006 und 2009 zu erheblichen Engpässen in der EU gekommen. Russland kritisierte die Ankündigung scharf. "Die Sanktionsliste ist eine PR-Maßnahme, um zu beweisen, dass die Ukraine an der Seite des Westens ist", hieß es aus dem Außenministerium.
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