Türkei: Der saudi-arabische Journalist Khashoggi wird vermisst

Nach einem Besuch im Konsulat seines Heimatlandes in Istanbul fehlt jede Spur.

Am Dienstag hat Jamal Khashoggi das saudi-arabische Konsulat in Istanbul betreten. Der im Exil lebende Journalist wollte Dokumente besorgen, um in der Türkei heiraten zu können. Seine türkische Verlobte wartete vor dem Konsulat auf ihn - vergebens. Auch nach Schließung des Konsulats am Abend, fehlte jede Spur von dem 60-Jährigen. Als er auch am Morgen danach noch nicht aufgetaucht war, kontaktierte Khashoggis Verlobte die türkische Polizei.

In Khashoggis Umfeld wird befürchtet, dass die saudischen Behörden ihn im Konsulat festhalten oder ihn bereits zurück nach Saudi-Arabien gebracht haben. Ein Vorwurf, den die Regierung in Riad kategorisch ablehnt: Khashoggi habe das Konsulat nach seinem Besuch dort wieder verlassen und könne erst später verschwunden sein.

Die türkischen Behörden behaupten hingegen, der saudische Journalist befinde sich immer noch im Konsulat. Das habe die Auswertung der Videokameras im Umfeld des Gebäudes ergeben. Freunde vom Verschwundenen äußerten den Verdacht, dass Jamal Khashoggi bereits in einem Auto aus dem Konsulat gebracht wurde.

Angespanntes Verhältnis

Der Vorfall ist diplomatisch sehr heikel. Zwischen Saudi-Arabien und der Türkei herrscht ein angespanntes Verhältnis. In einem Streit zwischen Saudi-Arabien und seinem Nachbarstaat Katar, hatte sich der türkische Präsident Erdoğan vergangenes Jahr hinter Katar gestellt. Saudi-Arabien und seine Verbündeten werfen dem Emirat Katar vor, terroristische Gruppen in der Region zu unterstützen.

Wegen des Verschwindens von Khashoggi hat das türkische Außenministerium am Donnerstag den saudischen Botschafter einbestellt.

Jamal Khashoggi war jahrelang ein sehr angesehener Journalist in seiner Heimat Saudi-Arabien - vor rund einem Jahr überwarf er sich allerdings mit der Führung in Riad und begab sich ins selbstgewählte Exil in die USA und die Türkei. Er lebte den Großteil der Zeit in Washington, wo er unter anderem für die Washington Post über Saudi-Arabien schrieb.

Der aktuelle de facto Staatschef und Kronprinz von Saudi-Arabien, Mohamed Bin-Salman, fährt in seinem Land einerseits einen Reformkurs, geht aber andererseits stark gegen Kritiker seines Regimes vor.

- Stephan Polet

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