Trump-Hinterbänkler ist in USA die neue Nr. 3 im Staat

Trump-Hinterbänkler ist in USA die neue Nr. 3 im Staat
Der Republikaner Mike Johnson wurde zum neuen Sprecher des Repräsentantenhauses gewählt.

Am Tag nach der bizarrsten Wahl im US-Kongress seit Jahrzehnten macht eine Frage die Runde: Wie konnte ein Hinterbänkler ohne Führungserfahrung namens Mike Johnson plötzlich zur Nummer 3 im Staatsgefüge aufsteigen und neuer Sprecher des Repräsentantenhauses werden? Die Antwort des konservativen Abgeordneten Ken Buck trifft es nach Ansicht von Analysten am besten: „Niemand hat in der republikanischen Partei so wenige Feinde wie er.” 

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Anders als bei den nach dem Rauswurf von Kevin McCarthy zuvor verkorksten Kandidaturen von Steve Scalise, Jim Jordan und Tom Emmer, musste der 51-jährige Ex-Verfassungsrechtler nicht befürchten, dass ihm die untereinander zerstrittenen Fraktionskollegen ein Bein stellen würde. Johnson ist kein „Flammenwerfer” wie sein Mentor Jim Jordan, aber darum nicht weniger radikal und ultrarechtsaußen.

Der Sohn eines Feuerwehrmannes und einer italienischstämmigen Mutter aus Shreveport trägt seinen Glauben als evangelikaler Christ demonstrativ vor sich her. Mit seiner Frau Kelly ist der vierfache Vater eine religiös gesondert abgesicherte Ehe eingegangen, die nach den Gesetzen seines Heimatbundesstaates Louisiana nur unter extremen Bedingungen geschieden werden kann.

Abtreibungsgegner

Johnson hat sich über die Jahre als Abtreibungsgegner, selbst im Fall von Inzest oder Vergewaltigung, hervorgetan. Gegen die vom Obersten Gericht abgesegnete gleichgeschlechtliche Ehe agitiert er bis heute. Schwule und Lesben führen aus seiner Sicht ein „grundsätzlich unnatürliches” Leben, das für die Gesellschaft „gefährlich” sei. 

Johnsons Wahl unterstreicht, was heutzutage das dominierende Kriterium für eine Führungsrolle bei den Republikanern ist: unbedingte Loyalität zu Donald Trump und dessen dutzendfach juristisch widerlegter Behauptung, die Präsidentschaftswahl 2020 sei gefälscht gewesen und habe mit Joe Biden einen illegitimen Präsidenten ins Weiße Haus gebracht.
Mike Johnson hat sich hier besonders engagiert. 2020 initiierte er eine Aktion, die von 120 seiner Fraktionskollegen unterstützt wurde: Per Klage sollten im Bundesstaat Texas die Wahlmännerstimmen für Joe Biden nachträglich für ungültig erklärt werden; ein illegales Unterfangen, das scheiterte.

"Berechtigter Protest"

Folgerichtig erkannte Johnson im gewalttätigen Aufstand am Kapitol in Washington im Januar 2021 einen „berechtigten Protest”. Als Trump für seine Bemühungen, das Wahlergebnis zu kippen, mit einem Amtsenthebungsverfahren belegt wurde, war Johnson einer seiner parlamentarischen Verteidiger. Der Ex-Präsident lobte die Wahl seines Fans: „Er wird ein großartiger Sprecher.”  

Johnsons erste Bewährungsprobe ist der 17. November. Bis dahin muss ein genehmigter Staatshaushalt durchs Parlament. Andernfalls droht Regierungsstillstand. Präsident Biden will ein Paket von weit über 100 Milliarden Dollar schnüren, in dem Militärhilfen für die Ukraine, für Israel, für Taiwan und Geld für die Befestigung der Grenze zu Mexiko gebündelt werden soll. Johnson und mit ihm eine um die 30 Leute zählende Gruppe der Republikaner sind strikt gegen eine Fortsetzung der US-Hilfen für Kiew.

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Für die Demokraten ist die Wahl Johnsons ein Schlag ins Kontor. Mit Kevin McCarthy, dessen politisches Überleben sie mit ihren Stimmen hätten sichern können, war überparteiliche Verständigung möglich. „Johnson”, sagen Parteifreunde, „ist kompromisslos - und lächelt dabei.”

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